SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2784 18. Wahlperiode 2015-03-18 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Axel Bernstein (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten “Bürgerwehren“ in Schleswig Holstein Vorbemerkung der Landesregierung: Der Duden definiert eine „Bürgerwehr“ als "Gesamtheit der von Bürgern einer Ge- meinde gebildeten bewaffneten Einheiten". Solche Bürgerwehren oder vergleichbare Zusammenschlüsse sind der Landesregierung nicht bekannt. 1. Welche „Bürgerwehren“ oder vergleichbaren Zusammenschlüsse von Bürgern in Schleswig-Holstein sind der Landesregierung bekannt und aus welchen Gründen wurde diese nach Kenntnis der Landesregierung gegründet? Antwort: Der Landesregierung sind lediglich folgende Initiativen bekannt: Kreis Schleswig-Flensburg - Die Facebook-Gruppe "Nachbarschaftswache Satrup und Umgebung" wur- de der Polizei im Juni 2014 bekannt. Die Verantwortlichen sollen dazu auf- gefordert haben, sogenannte „Gaunerzinken“ und verdächtige Personen zu melden. Es gab bislang weder Hinweismeldungen noch Anzeigen an die Polizei. Weitergehende Aktivitäten sind nicht bekannt. Drucksache 18/2784 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 - In der Ortschaft Jagel mit Nähe zur BAB 7 und der B 77 ist im Jahr 2014 die „Aktion wachsamer Bürger“ gegründet worden. Hintergrund sollen einige aktuelle, aber auch etwas länger zurückliegende Wohnungseinbrüche in der Gemeinde sein. Mit Unterstützung der Kommunalpolitik wurden ca. 25 gel- be Schilder mit der Aufschrift „Vorsicht wachsamer Bürger“ an Straßenla- ternen, Zäunen, teilweise auch auf Privatgrundstücken angebracht. Bestrei- fungen im Sinne einer Bürgerwehr erfolgten nach hiesiger Kenntnis bislang nicht. Stadt Kiel - Im Kieler Stadtteil Gaarden hat sich erstmalig am 01.03.2015 eine kleine Personengruppe unter dem Namen „Bürgerwehr Kiel“ getroffen. Hintergrund dieses Treffens soll die aktuelle Häufung von Bränden im Stadtteil gewesen sein. Organisierte Bestreifungen erfolgen nach hiesiger Kenntnis bislang nicht. Landkreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg - Bürgerinitiative „Mehr Sicherheit für Großhansdorf e.V.“, - Bürgerinitiative „Sicherheit für Ahrensburg e.V.“, - Bürgerinitiative „Sicherheit für Oststeinbek“, - „Nachbarschaftswache Güster“ und - „Bürgerwehr Linau“. Die drei erstgenannten Initiativen existieren zum Teil seit rund 25 Jahren. Die Zusammenarbeit mit den örtlichen Polizeidienststellen wird überwie- gend als sehr gut bewertet. Sogenannte Streifenpläne werden der Polizei mitgeteilt. Die „Nachbarschaftswache Güster“ und die „Bürgerwehr Linau“ sollen sich in den vergangenen Wochen konstituiert haben. Die „Bürgerwehr Linau“ ist bislang eher medial existent. Der Zusammenschluss in Güster ist als im Aufbau begriffen einzuordnen. Ob sich bei diesen Gruppen eine Versteti- gung zeigen wird, ist abzuwarten. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2784 3 Bei allen Zusammenschlüssen soll eine negative Einschätzung der subjek- tiven Sicherheit, überwiegend wegen der Häufung von Eigentumsdelikten, ausschlaggebend für ihre Gründung gewesen sein, obwohl nach den Er- kenntnissen der Polizei zum Teil kein Kriminalitätsschwerpunkt vorhanden ist. Die örtlich zuständigen Polizeidienststellen stehen in Kontakt zu den Orga- nisatoren bzw. Verantwortlichen. 2. Wie bewertet die Landesregierung das Vorhandensein und die Aktivitäten von „Bürgerwehren“ oder vergleichbaren Zusammenschlüssen? Antwort: Die Landespolizei ist unverändert in der Lage, die Sicherheit der Menschen in Schleswig-Holstein zu gewährleisten – gerade auch mit Unterstützung durch interne zielgerichtete strukturelle Veränderungen. Präsenz schützt nur dort, wo auch eine professionelle Handlungs- und Sicher- heitskompetenz vorhanden ist. Das setzt eine entsprechende Aus- und Fort- bildung in rechtlicher und taktischer Beurteilung der Lage voraus. Über diese Fähigkeit verfügt nur die Polizei, nicht aber „Bürgerwehren“. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die von der Abgeordneten Simone Lange in den Kieler Nachrichten vom 26.02.2015 geäußerte Auffassung, dass „Bürger- wehren unkritisch“ seien und teilt die Landesregierung diese Auffassung? Antwort: Durch die Presse veröffentlichte Äußerungen einzelner Mitglieder des Schleswig-Holsteinischen Landtages bewertet die Landesregierung nicht. Die Geschäftsführungen der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) sowie des Rates für Kriminalitätsverhütung Schleswig- Holstein (RfK) sehen die „Bürgerwehren“ kritisch, da diese keinen Schutz vor Drucksache 18/2784 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Einbrechern bieten und die beteiligten Personen sich nur selbst in Gefahr be- geben. Die beste Methode sich zu schützen, ist demzufolge die Kombination aus richtigem Verhalten, adäquater Sicherheitstechnik und aufmerksamer Nachbarschaft (Nachbarschaftshilfe) - aber keine Bürgerwehr.