SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2789 18. Wahlperiode 2015-03-17 Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Jensen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Entschädigung von Gänsefraßschäden Vorbemerkung des Fragestellers: Der Landtag hat in seiner 77. Sitzung am 12. Dezember 2014 auf einstimmige Empfehlung des Umwelt- und Agrarausschusses folgenden Beschluss gefasst: „... Ferner wird die Landesregierung aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass ausreichend Landesmittel für die Entschädigung von Gänsefraßschäden auf den Inseln , Halligen und dem Festland bereit stehen.“ 1. Wie viele Gänse welcher Arten rasten zweimal im Jahr an der Westküste Schleswig-Holsteins? Das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume hat im Dezember 2012 eine Broschüre zum Thema „Gänse und Schwäne in SchleswigHolstein “ herausgebracht. In der Broschüre werden die Lebensraumansprüche , die Bestände und die Verbreitung der Gänse in Schleswig-Holstein dargestellt . In der Tabelle 1 sind die aktuellsten Zahlen des Rastvogelmonitorings im schleswig-holsteinischen Wattenmeer sowie der Gänsesynchronzählung Unterelbe 2013 mit den Angaben der o.g. Broschüre abgeglichen worden. Die Angaben zu den Brutbestandszahlen ergeben sich aus der Roten Liste der Brutvögel in Schleswig-Holstein. Die Trenddarstellung der letzten 10 Jahre Drucksache 18/2789 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 ergibt sich aus dem Vergleich mit Zahlen der Vogelschutzwarte SchleswigHolstein aus dem Jahr 2005. Bei den Zahlen muss berücksichtigt werden, dass es sich um Gesamtzahlen für Schleswig-Holstein handelt. Die Bedeutung für die Westküste wurde aufgrund der Verbreitung in Schleswig-Holstein bewertet. Tab. 1: Gänse (in Schleswig-Holstein) – Brut- und Rastbestände; Bestandsentwicklung; Art/Unterart/Populatio n* Brutbestand (Bp.) Maximaler Rastbestand (Ex.) (2005 ff.)** 2010*** (lt. RL SH) Trend (2011) Bedeutung Westküste (2005 ff.)** Trend 2010-13 Bedeutung Westküste Gattung Anser („Graue Gänse“) Graugans 4.500 6.300 + hoch 27.000 **** + 35.000 1 hoch Blässgans 15.000 + 30.000 1 hoch Taiga-Saatgans 100 - < 30 1 gering Tundra-Saatgans 4.000 = 4-5.000 1 gering Kurzschnabelgans wenige hundert + < 1000 1 hoch Zwerggans einzelne - Einzel- vögel 1 Gattung Branta („Mee- resgänse“) Nonnengans 200 231 + hoch 100.000 +/- 135.000 1,2 hoch Dunkelbäuchige Rin- gelgans 60.000 +/- 63.000 2 Sehr hoch Rothalsgans einzelne +/? < 20 Neozoen Kanadagans 450 700 + gering 1.600 + 2.000 1 gering Nilgans 100 250 + gering < 500 + 1.000 1 gering * Hinweis: Artname fettgedruckt und unterstrichen: Anhang I EG-Vogelschutzrichtlinie; Artname fettgedruckt: Anhang II EG-Vogelschutzrichtlinie. ** lt. Vortrag Dr. W. Knief (LLUR) am 26.02.2008 (Gesprächskreis „Wildgänse in der Landwirtschaft “). *** Begriff „RL“ = Rote Liste Brutvögel. **** Hinweis: Zum Zeitpunkt der Großgefiedermauser liegt der Graugans-Bestand (incl. Mausergäste) bei ca. 30.000 Ex. Quellen 2010-13 (zu Tab. 2): 1: OAG, Graugans-Mauserbestand Juni 2013, Rundschreiben 2/2013 2: Rastvogelmonitoring schleswig-holsteinisches Wattenmeer: Klaus Günther (Schutzstation Wattenmeer ) für NPV, Mittelwert 2010-2012 sowie Gänsesynchronzählung Unterelbe 2013 3 2. Wie haben sich die Bestände in den vergangenen 10 Jahren jeweils entwickelt ? Die Entwicklung der Bestände ist der Tabelle 1 zu entnehmen. 3. Wie groß ist inzwischen die Population welcher Arten, die zu Standvögeln geworden ist? Als Standvogel oder Jahresvogel werden Vogelarten bezeichnet, die ganzjährig in einem Gebiet bleiben. Im Bereich der Westküste sind dies die Graugans, der Brutbestand der Nonnengans sowie die Kanadagans und die Nilgans. Die Bestände können der Tabelle 1 entnommen werden. 4. Wie gedenkt die Landesregierung, den o.g. Landtagsbeschluss umzusetzen? Die Landesregierung stellt sicher, dass ausreichend Landesmittel für die mit dem ELER kofinanzierten Gänsemanagement-Maßnahmen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus verzichtet die Landesregierung auf Pachteinnahmen für besonders stark vom Gänsefraß betroffene Deich- und Vorlandflächen an der Westküste. Neben der unentgeltlichen Bereitstellung von Ausweichflächen fördert die Landesregierung auch die Mineraldüngung und den Grunderwerb für die Bereitstellung von so genannten Poolflächen für vom Gänsefraß betroffene Landwirte und Schäfer. 5. Welche Landes- und EU-Mittel stehen für Ausgleichszahlungen im Rahmen des angebotenen Vertragsmuster „Rastplätze für wandernde Arten“ zur Verfügung ? In welchem Umfang werden diese Mittel in Anspruch genommen? Für den Vertragsnaturschutz, der auch das Vertragsmuster „Rastplätze für wandernde Vogelarten“ umfasst, stehen in der Förderperiode 2014 – 2020 41,22 Mio. € ELER-Mittel und 13,74 Mio. € Landesmittel, d. h. insgesamt 54,96 Mio. € zur Verfügung. Für die fünfjährigen Verträge im Rahmen des Vertragsmusters „Rastplätze für wandernde Vogelarten“ werden 2015 für ca. 1.680 ha rund 505.000 € verwendet. 6. In welchem Umfang stehen darüber hinaus reine Landesmittel für Entschädigungen von Gänsefraßschäden zur Verfügung? Der Landeshaushalt enthält keine Haushaltstitel, die spezifisch auf die „Entschädigung von Gänsefraßschäden“ ausgerichtet sind; der Umfang der Landesmittel kann daher nicht näher beziffert werden. Die Pachtpreisminderungen für landeseigene Deich- und Vorlandflächen werden bei den entsprechenden Einnahmetiteln berücksichtigt; die unentgeltliche Poolflächenbereitstellung wird haushalterisch nicht erfasst. Der Erwerb weiterer Poolflächen, die Herrichtung dieser Flächen und die laufende Unterhaltung (unter anderem Mineraldüngung) werden ausschließlich mit Naturschutzhaushaltsmitteln des Drucksache 18/2789 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Landes finanziert. 7. Durch wen erfolgt eine qualifizierte Aufnahme der Schäden? Die Fraßschäden auf den Deich- und Vorlandflächen sowie auf den Halligen werden jährlich erfasst und anhand einer dreistufigen Bewertungsskala eingestuft . Auf dem Festland erfolgt die Schadenserfassung durch eine Kommission unter Leitung des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein; auf den Halligen ist ein externes Gutachterbüro mit diesen Arbeiten beauftragt. 8. Können mit den zur Verfügung stehenden Mitteln alle entstandenen Schäden abgedeckt werden? Die verschiedenen Maßnahmen des Gänsemanagements dienen der Linderung gänsefraßbedingter Konflikte mit der Landwirtschaft. In Anbetracht der Ausstattung mit EU-Mitteln ist davon auszugehen, dass, sofern die fachlichen Voraussetzungen erfüllt sind, alle Antragstellungen berücksichtigt werden können.