SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2921 18. Wahlperiode 06.05.15 Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Kubicki (FDP) und Antwort der Landesregierung – Ministerin für Justiz, Kultur und Europa Muslimische Seelsorge in Gefängnissen Radikale Islamisten werben in deutschen Justizvollzugsanstalten für ihre Ideologie. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschland (BSBD) setzt sich deshalb dafür ein, mehr muslimische Seelsorger anzuwerben. Im Dezember 2014 forderten auch die Innenminister der Länder geeignete Programme innerhalb des Strafvollzugs, um eine Radikalisierung von Häftlingen im Gefängnis zu verhindern. 1. Wie hoch ist der Anteil muslimischer Gefangener in den Justizvollzugsanstalten des Landes? Antwort: Der genaue Anteil muslimischer Gefangener in den Justizvollzugsanstalten wird statistisch nicht erfasst. Schätzungsweise haben 10% der Gefangenen einen muslimischen Glauben. 2. Wie viele muslimische Seelsorger sind in den Justizvollzugsanstalten des Landes tätig? Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über die Ausbildung der muslimischen Gefängnisseelsorger vor? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2921 2 Antwort: Es gibt zwei Imame, die in der Justizvollzugsanstalt Kiel und Lübeck tätig sind. In der Justizvollzugsanstalt Neumünster gibt es einen muslimischen Religionslehrer. Die Imame werden von der Islamischen Gemeinde e.V. oder vom DITIB Landesverband gestellt. Über die Ausbildung der Seelsorger liegen keine Erkenntnisse vor. 3. Wie viele Mittel stellt das Land Schleswig-Holstein dieses Jahr für muslimische Seelsorge in Gefängnissen zur Verfügung? Wie haben sich die Ausgaben für muslimische Seelsorge in den Jahren 2010 bis 2014 entwickelt? Antwort: Im laufenden Haushaltsjahr stehen ca. 1.000 € für den muslimischen Religionsunterricht zur Verfügung. Die Ausgaben für den muslimischen Religionsunterricht haben sich von 2010 – 2014 wie folgt entwickelt: Jahr Summe 2010 0,00 € 2011 880,00 € 2012 746,66 € 2013 1.040,00 € 2014 960,00 € 4. Wie werden die muslimischen Seelsorger vergütet? Antwort: Die in den Justizvollzugsanstalten Kiel und Lübeck tätigen Imame werden nicht vom Justizvollzug vergütet. Der muslimische Religionsunterricht in der Justizvollzugsanstalt Neumünster wird mit 80 € / pro geleisteter Doppelstunde vergütet. 5. Wie viele Mittel stellt das Land dieses Jahr für christliche Gefängnisseelsorger zur Verfügung? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2921 3 Antwort: Zwei evangelische Seelsorger der Nordkirche werden von der Justiz bezahlt, eine weitere Pastorenstelle wird von der Nordkirche getragen. Die katholischen Seelsorger werden von der katholischen Kirche (Erzbistum Hamburg) freigestellt und erhalten von dort eine Vergütung. Die Justiz entrichtet jährlich einen Personalkostenzuschuss in Höhe von 51.130 € an das Erzbistum Hamburg. In den kleineren Anstalten des Landes werden der Gottesdienst und die Seelsorge von den Pastoren der örtlichen Gemeinde durchgeführt. 6. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, ob radikale Islamisten in Justizvollzugsanstalten des Landes versuchen, neue Anhänger zu rekrutieren? Wenn ja: Welche Bemühungen unternimmt das Land, um gegen die Rekrutierung und Radikalisierung von Gefängnisinsassen vorzugehen? Antwort: Belastbare Erkenntnisse darüber, dass dem Islamismus zuzurechnende Personen während ihrer Haftzeit Versuche unternommen haben, andere Inhaftierte islamistisch zu radikalisieren oder zu rekrutieren, liegen nicht vor. Auch ist nicht bekannt, dass islamistische Seelsorger in schleswig-holsteinischen Justizvollzugsanstalten für ihre Ideologien werben. 7. Gibt es auf diesem Gebiet eine Zusammenarbeit zwischen den Justizvollzugsanstalten und dem Verfassungsschutz? Wenn nein: Warum nicht? Ist eine solche Zusammenarbeit geplant? Antwort: Die Justizvollzugsanstalten und die Verfassungsschutzbehörde des Landes Schleswig-Holstein arbeiten im Bereich von Sensibilisierungs- und Fortbildungsveranstaltungen zusammen. So bietet das Justizministerium SchleswigHolstein einmal jährlich eine Fortbildungsveranstaltung im Themenfeld Islamismus und Salafismus für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Justizvollzugsanstalten an. Diese Fortbildungen werden von einem Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörde durchgeführt. Gegenstand dieser Fortbildung sind u. a. das Erkennen von islamistischen Sachverhalten sowie der Umgang mit religiös motiviertem Extremismus und Radikalisierung. Anlassbezogen werden ergänzend durch die Verfassungsschutzbehörde unter Beteiligung der Abteilung Staatsschutz des Landeskriminalamtes Schleswig-Holstein Sensibilisierungsveranstaltungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalten durchgeführt. Schwerpunkte der Sensibilisierungsveranstaltungen bilden dabei aktuelle Entwicklungen im Phänomenbereich Islamismus und islamistischer Terrorismus. Die Verfassungsschutzbehörde bietet hierzu Fachvorträge an, in denen an praxisnahen Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2921 4 Beispielen mögliche Indikatoren zur Früherkennung islamistisch-terroristischer Sachverhalte vermittelt werden. Auch werden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justizvollzugsanstalten Möglichkeiten aufgezeigt, islamistisch-terroristische Zusammenhänge zu erkennen. So werden neben Hintergrundinformationen für die Praxis wichtige Kenntnisse über Symbole eventuell neuer islamistischer Organisationen vermittelt. Daneben sind im Justizministerium, in den Justizvollzugsanstalten sowie in der Verfassungsschutzbehörde des Landes Schleswig-Holstein feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner benannt. Dadurch wird ein zeitnaher Informationsfluss gewährleistet, der es ermöglicht, etwaige Radikalisierungstendenzen von Gefangenen zu erkennen und diesen möglichst wirksam zu begegnen. So kann beispielsweise auch auf die Hilfe eines in der Verfassungsschutzbehörde tätigen Islamwissenschaftlers zurückgegriffen werden, wenn es um Einschätzung und Bewertung von „religiöser Literatur“ geht, die von Gefangenen nachgefragt wird.