SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2923 18. Wahlperiode 05.05.2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Christopher Vogt (FDP) und Antwort der Landesregierung - Ministerpräsident Ausweisung neuer Flächen für Gewerbe in Barmstedt 1. Der LEP fordert und kündigt an: „In den Ordnungsräumen sollen Flächen für Gewerbe- und Industriebetriebe in ausreichendem Umfang vorgehalten werden .“ (LEP, S.26) „Wir wollen […] gute siedlungsstrukturelle Rahmenbedingungen für die Wirtschaft , […] [i]ndem wir […] an geeigneten Standorten in ausreichendem Umfang die Ausweisung von Flächen für Wohnen, Gewerbe und Industrie ermöglichen “. (LEP, S.34) Ist die Ausweisung neuer Flächen für Gewerbe zur Sicherstellung von Unternehmenserweiterungen und zur möglichen Neuansiedlung von Unternehmen auch aus Sicht der Landesregierung ein geeignetes Mittel, um die Einnahmesituation einer Stadt wie Barmstedt zu verbessern und mehr Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen? Antwort: Ja 2. Unternehmen am Standort Barmstedt verfolgen Pläne zur Erweiterung. Für die vorgesehenen Erweiterungen sind die aktuell vorhandenen Gewerbeflächen nicht ausreichend. Wo könnten nach Einschätzung der Landesregierung neue Gewerbegebiete in Barmstedt ausgewiesen werden, um der Forderung des LEP zu entsprechen und welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, der Stadt Barmstedt die Ausweisung neuer Flächen für Gewerbe zu genehmigen und diese ggf. auch dabei zu unterstützen? Drucksache 18/2923 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Antwort: Bauleitpläne zur Ausweisung von Flächen für gewerbliche Nutzungen sind von den Gemeinden im Rahmen ihrer durch Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz garantierten Planungshoheit in eigener Verantwortung aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dieser garantierte substantielle Gestaltungsspielraum für die Ortsplanung ermächtigt Gemeinden auf der Grundlage von Bauleitplänen festzulegen, welche Flächen im Gemeindegebiet gewerblich genutzt werden sollen. Allerdings ist die gemeindliche Planungshoheit nur im Rahmen der Gesetze gewährleistet. Bauleitpläne müssen geltende Rechtsvorschriften einhalten. So ist die Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung anzupassen und Grundsätze der Raumordnung sind im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für die Ausweisung von Gewerbegebieten auf dem Gebiet der Stadt Barmstedt relevante Grundsätze und Ziele der Raumordnung gibt der Landesentwicklungsplan (LEP 2010) und der Regionalplan für den Planungsraum I (RPlan 1998) vor. Als zentraler Ort wird von dem Unterzentrum Barmstedt eine Bereitstellung von Flächen für Gewerbe in einem bedarfsgerechten Umfang erwartet (LEP 2010, Ziffer 2.2 Abs.6 Grundsatz, S. 35). Die Ausweisung von Gewerbeflächen im Norden der Stadt Barmstedt sieht der Regionalplan vor. „In Ergänzung zum gemeinsamen Gewerbegebiet mit der Nachbargemeinde Heede ist eine weitere gewerbliche Nutzung nach Schaffung der erforderlichen Infrastruktur im Norden möglich“ (R-Plan für den Planungsraum I, Fortschreibung 1998, Ziffer 5.6, Ziel der Raumordnung, S. 23). Allerdings muss die Stadt Barmstedt bei der Gewerbegebietsentwicklung eine Zersiedelung der Landschaft vermeiden. Neue Bauflächen sollen deshalb nur in guter räumlicher und verkehrsmäßiger Anbindung an vorhandene, im baulichen Zusammenhang bebaute, tragfähige Ortsteile ausgewiesen werden (LEP 2010, Ziffer 2.7 Abs.2 Grundsatz, S. 50). Die Planungsabsicht der Stadt Barmstedt, neue Gewerbegebiete zu entwickeln , steht grundsätzlich in Übereinstimmung mit geltenden Zielen der Raumordnung. Die Stadt hat zur Prüfung geeigneter Gewerbestandorte eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Nach dem Kurzfazit der Studie liegen drei „besonders geeignete“ Standorte im Norden des Stadtgebietes, während zwei isoliert im Außenbereich gelegene Flächen sich für ein interkommunales Gewerbegebiet mit der Gemeinde Lutzhorn eignen würden. Die Landesregierung unterstützt die Stadt Barmstedt bei der Entwicklung von Gewerbeflächen durch Beratungsgespräche. Im Ergebnis wird die Beurteilung der gemeindlichen Machbarkeitsstudie hinsichtlich der drei am nördlichen Stadtrand gelegenen Flächen vom Grundsatz geteilt und der Stadt weitere Verfahrensschritte empfohlen. Von einer gewerblichen Entwicklung der weit vom Stadtgebiet entfernt, isoliert im Außenbereich gelegen Flächen ohne Anbindung an vorhandene, im baulichen Zusammenhang bebaute Ortsteile wurde mit Blick auf negativ berührte Grundsätze der Raumordnung, städtebaurechtliche Planungsleitlinien sowie Prinzipien einer nachhaltigen Stadtentwicklung abgeraten. Ob und in welchem Umfang diese Beratungsergebnisse Berücksichtigung finden und ob eine rechtlich belastbare Abwägungsentschei- Drucksache 18/2923 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 3 dung zu entwickeln ist, unterliegt der bauleitplanerischen Selbstverantwortung der Stadt Barmstedt. 3. Der LEP stellt fest und empfiehlt: „Die Ordnungsräume sind Schwerpunkträume der wirtschaftlichen Entwicklung im Land.“ Abweichend von der Funktion der Oberzentren müssen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Standortattraktivität alle Landesteile und insbesondere im Verflechtungsraum um Hamburg über eine ausreichende Zahl verkehrlich hervorragend angebundener und hochwertiger Gewerbestandorte verfügen. (LEP, S.27 und 33). Unter Berücksichtigung der Einordnung Barmstedts als Unterzentrum im Verdichtungsraum Hamburg/Ordnungsraum Hamburg: Ist - vor dem Hintergrund der Nähe zur A23 sowie der schnellen Erreichbarkeit der A7 und der zukünftigen A20 - die Ausweisung von Flächen für Gewerbe am nördlichen Stadtrand von Barmstedt (an der Kreisstraße 18) nach Einschätzung der Landesregierung geeignet, um die Empfehlungen und Vorgaben des LEP zu erfüllen? Antwort: Im Rahmen einer regionalen Kooperation an der Landesentwicklungsachse A 23/B5 (REK A23/B5) haben die Projektpartner (Kreise Dithmarschen, Nordfriesland , Pinneberg und Steinburg, die Wirtschaftsförderungsgesellschaften dieser Kreise sowie die Industrie- und Handelskammern zu Flensburg und zu Kiel) die Erstellung eines kreisübergreifenden Gewerbeflächenentwicklungskonzeptes in Auftrag gegeben. Das zwischenzeitlich als Entwurf vorliegende Konzept bewertet auf der Grundlage einer Prognose der betrieblichen Flächennachfrage in den betroffenen Kreisen der Westküste und der Unterelberegion bis zum Jahr 2030 potentielle Gewerbestandorte im Einzugsbereich dieser Landesentwicklungsachse und damit auch im Bereich Barmstedt. Zusammenfassend ist das Ergebnis für die Stadt Barmstedt, dass hier keine Flächen für die Entwicklung eines regional bedeutsamen Gewerbestandortes im Kontext der Landesentwicklungsachse geeignet sind. Eine sehr gute Lagegunst zur Autobahn konnte mit Blick auf alternative Potentialflächen im Untersuchungsraum hier nicht bestätigt werden. Aus landesplanerischer Sicht kann insoweit festgestellt werden, dass mögliche Gewerbeflächen im Bereich Barmstedt (auch an der Kreisstraße K18) die o.g. Zielsetzungen des LEP nicht bzw. nur bedingt erfüllen. 4. Unterstützt die Landesregierung das Ziel der Stadt Barmstedt, neue Flächen für Gewerbe im Norden der Stadt auszuweisen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie bewertet sie die entsprechenden Pläne der Stadt und schlägt die Landesregierung der Stadt ggf. auch Alternativen vor? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 2. 5. Der LEP formuliert: „In den Regionalplänen kann sie in den Ordnungsräumen (⇒ 1.3) und in den Stadt- und Umlandbereichen in ländlichen Räumen (⇒ 1.5) Drucksache 18/2923 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Gemeinden oder Ortsteile von Flächengemeinden benennen, die sich in Ergänzung zu den Zentralen Orten besonders für eine Wohn- und / oder Gewerbeentwicklung eignen, die bei Bedarf über den Rahmen nach Ziffer 2.5.2 Absatz 3 und 4 oder die Vorgaben nach Ziffer 2.6 Absatz 1 hinausgehen kann.“ (LEP, S.41) Sieht die Landesregierung vor dem Hintergrund dieser Regelung die Möglichkeit , zusätzliche Flächen für Gewerbe in Barmstedt auszuweisen, damit die Stadt die Erweiterung ortsansässiger Betriebe sowie die Ansiedlung ortsangemessener Betriebe sicherstellen kann? Antwort: Die Formulierung des LEP trifft für Barmstedt nicht zu. Die Stadt Barmstedt ist Unterzentrum (s. Ziffer 5.1., Abs. 2 Regionalplan f. d. Planungsraum I, 1998) und somit im Rahmen dieser Funktion auch ein Schwerpunkt bei der Entwicklung von Gewerbe und Industriegebieten (s. Ziffer 2.6., Abs. 2 LEP 2010). Insoweit bedarf es keiner weiteren landesplanerischen Regelung um der o.g. Zielsetzung der Stadt Rechnung zu tragen.