1 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2972 18. Wahlperiode 2015-05-19 Kleine Anfrage des Abgeordneten Uli König (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Erfassung von Antibiotika in der Tiermast Vorbemerkung: Am 28.04.2015 berichteten tagesschau.de [1] sowie sueddeutsche.de [2] über bundesweite Erhebungen zum Antibiotikaeinsatz in der Tiermast. 1. Welche Stellen sind in Schleswig-Holstein mit der Erfassung des Antibiotika- einsatzes in der Agrarwirtschaft / in den Tierhaltungsbetrieben beauftragt? Die Erfassung des Antibiotikaeinsatzes erfolgt gemäß § 58b Arzneimittelgesetz (AMG) durch den mitteilungspflichtigen Tierhalter entweder direkt oder schriftlich über die Landwirtschaftliche Kontroll- und Dienstleistungs-GmbH (LKD) in die bundeseinheitliche HIT – TAM - Datenbank (Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere, Bereich Tierarzneimittel). Die LKD ist beauftragte Stelle des für die Überwachung zuständigen Landeslabors. 2. Wie häufig werden die erfassten Daten an den Bund übermittelt? Gemäß § 58c AMG erfolgt die Mitteilung der betrieblichen halbjährlichen Therapie- häufigkeiten zweimal jährlich an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Drucksache 18/2972 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 3. Nach welchen Auswahlkriterien sind die kontrollierten Betriebe in Schleswig- Holstein ausgewählt worden und sind die Auswahlkriterien die gleichen, nach denen in anderen Bundesländern ausgewählt wird? Die Auswahl der mitteilungspflichtigen Tierhaltungsbetriebe basiert bundeseinheitlich auf dem § 58a AMG in Verbindung mit § 2 der Verordnung über die Durchführung von Mitteilungen nach §§ 58a und 58b des Arzneimittelgesetzes (Tierarzneimittel- Mitteilungendurchführungsverordnung – TAMMitDurchfV). 4. Ist es zutreffend, dass in Schleswig-Holstein rund 40 Prozent der tierhaltenden Betriebe erfasst worden sind und falls ja, aus welchem Grund sind rund 60 Prozent der Betriebe in Schleswig-Holstein nicht erfasst worden? Das ist nicht zutreffend. 5. Ist es richtig, dass wenn ein Betrieb keine Daten übermittelt, dieser Betrieb als antibiotikafrei betrachtet wird? Das ist zutreffend. Mitteilungspflichtige Tierhaltungen nach § 58a AMG müssen nur dann Antibiotikaanwendungen nach § 58 b AMG mitteilen, wenn im entsprechenden Erfassungshalbjahr auch Antibiotika eingesetzt wurden. Findet im Erfassungshalbjahr keine Antibiotikaanwendung statt, wird die betriebliche Therapiehäufigkeit durch die Datenbank mit „0“ berechnet. 6. Ist die Vorgehensweise, Betriebe, die keine Daten übermitteln, als antibiotikafrei zu melden, zwischen Bund und Länder so vereinbart worden? Falls ja, in welchem Dokument ist diese Vereinbarung schriftlich festgehalten und wo ist diese Vereinbarung einsehbar? Die entsprechende Regelung ergibt sich aus § 58 b AMG. 7. Wie wird sichergestellt, dass eine Vergleichbarkeit zwischen Daten aus unterschiedlichen Bundesländern gegeben ist und welche Stellen sind für die Sicherstellung dieser Vergleichbarkeit zuständig? Die Vergleichbarkeit der Mitteilungen nach den §§ 58 a und 58b AMG und der errechneten Therapiehäufigkeiten nach § 58 c AMG basiert auf bundeseinheitlichen Berechnungsformeln des BVL, die in der gemeinsamen HIT-TAM-Datenbank hinterlegt sind. Die noch zu verkündende Verordnung mit arzneimittelrechtlichen Vorschriften über 3 die Arzneimittelverwendung in landwirtschaftlichen Betrieben, regelt die mathematischen Einzelheiten zur Berechnung der Therapiehäufigkeiten durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. 8. Wie wird die Tieranzahl in den Betrieben ermittelt und kontrolliert und in wie weit leistet die Landesregierung hier Hilfestellung, etwa über die Bereitstellung von Tierzahlrechnern zur Erfassung von Bestandsuntergrenzen [3] etc.? Für die Mitteilung der im Betrieb im Erfassungshalbjahr durchschnittlich gehaltenen Tieranzahl nach §§ 58a und 58 b AMG ist der Tierhalter verantwortlich. Hierfür sind Mitteilungen zum Anfangsbestand inkl. Zu- und Abgängen erforderlich. Für die Eingabe der Daten steht die LKD, für die Zählung und Berechnung steht dem Tierhalter die bundeseinheitliche HIT-TAM-Datenbank zur Verfügung. Diese informiert den Tierhalter über den durchschnittlichen Tierbestand und weist ggf. auf die Bestandsuntergrenzen hin. 9. Wie viel Kilogramm Antibiotika sind in 2014 in Schleswig-Holstein in der Tiermast bzw. Tierhaltung insgesamt eingesetzt worden und wie viel Kilogramm im Durchschnitt pro kontrolliertem Betrieb und Tier? Die eingesetzten Antibiotikamengen in 2014 in der Tierhaltung bzw. durchschnittliche Mengen pro kontrolliertem Betrieb und Tier in Schleswig-Holstein sind nicht Gegenstand der tierarzneimittelrechtlichen Überwachung. Seit Juli 2014 werden gem. § 58b AMG die angewendeten Mengen von Arzneimitteln, die antibakteriell wirksame Stoffe enthalten, in die HIT-TAM-Datenbank zum Zweck der Berechnung der Therapiehäufigkeiten nach § 58c AMG eingegeben. Die Daten dürfen gemäß § 58f AMG auch nur dafür verwendet werden. Eine Auswertung wie in der Fragestellung formuliert, hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. 10. Plant die Landesregierung Änderungen bei der Erfassung des Antibiotikaeinsatzes und falls ja, welche? Nein, derzeit nicht. Nach der Einführungsphase ist aber zu überprüfen, ob die jetzt geregelte Erfassung des Antibiotikaeinsatzes tatsächlich zu einer Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes führt. 11. Gibt es Schätzungen oder Erhebungen darüber, wie viel Antibiotika in den unkontrollierten Betrieben in Schleswig-Holstein eingesetzt wird? Nein. Drucksache 18/2972 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 12. Wie hat sich die Antibiotikakonzentration im Grund- und Trinkwasser in Schleswig- Holstein in den letzten Jahren entwickelt, in welche Richtung läuft der aktuelle Trend, in welchen Regionen des Landes sind die Konzentrationen besonders hoch und weisen Ortschaften, in denen Intensivtierhaltung betrieben wird besonders hohe Gewässer-/Wasserbelastungen auf? Kontinuierliche und flächendeckende Untersuchungen auf Antibiotika im Grund- oder Trinkwasser werden in Schleswig-Holstein nicht durchgeführt. Im Jahr 2013 wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes des Umweltbundesamtes (UBA) zehn Grundwassermessstellen auf Tierarzneimittel untersucht. Die Auswahl der Messstellen erfolgte als „worst-case“- Ansatz: hohe Viehbesatzdichte, intensive Ausbringung von Wirtschaftsdünger, sorptionsschwache und gut belüftete Böden, hohe Stickstoffgehalte, geringer Flurabstand sowie hohe Neubildungsraten des Grundwassers und kurze Verweilzeiten des Sickerwassers im Untergrund. Untersucht wurden 23 Tierarzneimittel- Wirkstoffe. Bei diesem Untersuchungsumfang wurde in zwei Messstellen Sulfadimidin in Spuren bzw. in sehr geringen Konzentrationen (<3 ng/l und 4,5 ng/l) nachgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass ein Eintrag von Tierarzneimitteln in das oberflächennahe Grundwasser unter den naturräumlichen und hydrogeologischen Bedingungen nicht flächenhaft stattfindet. Bei besonders ungünstigen Standortbedingungen hingegen können in Einzelfällen Wirkstoffe festgestellt werden. Die Untersuchungen im Rahmen des UBA- Projektes werden derzeit fortgesetzt. Die Trinkwasserverordnung schreibt eine regelmäßige Untersuchung des Trinkwassers auf Arzneimittel, einschließlich Antibiotika, nicht vor. Untersuchungen auf Antibiotika erfolgen daher i.d.R. auf freiwilliger Basis. Dem Landesamt für soziale Dienste sind insgesamt 274 Analysen auf die Antibiotika Sulfamethaxazol und Trimethoprim bekannt. Die Untersuchungen fanden in den Jahren 2010 bis 2014 statt und lagen für diese Stoffe alle unterhalb der Bestimmungsgrenze. Die Gründe für diese nichtsystematischen und freiwilligen Untersuchungen sind nicht bekannt. Weitergehende Aussagen wie zum Beispiel zu zeitlichen Trends und regionalen Verteilungen und Konzentrationen sind daher nicht möglich. _________ [1] https://www.tagesschau.de/inland/antibiotika-105.html [2] http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/antibiotika-in-der-tierzucht-amt-fuer-verbraucherschutzpraesentiert -substanzlose-statistik-1.2456411 [3] http://www.amgnovelle.bayern.de/tierzahlrechner/index.htm