SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3000 18. Wahlperiode 04. Juni.2015 Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Franzen (CDU) und Antwort der Landesregierung - Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung Umsetzung eines Hilfsfonds für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie Vorbemerkung der Fragestellerin: In der 31. Sitzung des Sozialausschusses am 12. Juni 2014 hat die Ministerin für Soziales berichtet, dass es noch keinen abschließenden Sachstand zur Umsetzung eines Hilfsfonds für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie gebe. In der 91. ASMK im November des vergangenen Jahres wurde durch die Landesministerinnen und -minister jedoch bekräftigt, dass auch Kinder und Jugendliche in Heimen der Behindertenhilfe und Psychiatrie Leid und Unrecht erfahren haben und es hierfür einen Ausgleich geben müsse. 1. Aus welchen Gründen lehnt die Landesregierung die Einrichtung eines bundes- weiten Fonds für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie ab? Antwort: Die Landesregierung steht ausdrücklich hinter den Beschlüssen der 91. ASMK vom November 2014 und erkennt an, dass auch Kinder und Jugendliche in Heimen der Behindertenhilfe und Psychiatrie in den Jahren 1949-1990 Leid und Unrecht erfahren haben, das dem der Heimkinder vergleichbar ist. Aufgrund der bestehenden Erfahrungen mit dem Heimkinderfond hat die ASMK allerdings erhebliche Zweifel, dass ein vergleichbarer Weg im Rahmen einer Fondlösung geeignet ist, das erfahrene Leid und Unrecht von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Behindertenhilfe/Psychiatrie auszugleichen. Drucksache 18/3000 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Die ASMK hat daher eine länderoffene Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Bundes und der Kirchen darum gebeten, Vorschläge zu Alternativen zu erarbeiten, wie das erlittene Unrecht und Leid anerkannt werden könnte. Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe stehen derzeit noch aus. 2. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung stattdessen, um Opfer entsprechend zu entschädigen? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Welche Maßnahmen hat das Land in Angriff genommen, um eine inhaltliche Aufbereitung voranzubringen? Antwort: Die Landesregierung trägt dazu bei, dass die Situation in Heimen der Behindertenhilfe und stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie für den Zeitraum von 1949 bis 1975 aufgearbeitet wird. Sie konnte Frau Thobaben, ehemalige Landespastorin des Diakonischen Werkes Schleswig-Holstein, im November 2014 gewinnen, einen ersten Schritt in Richtung einer Aufarbeitung zu übernehmen . In der geplanten Aufarbeitung soll es darum gehen, mögliche Orte des Geschehens sowie Personengruppen zu benennen, die von möglichen Übergriffen, Missbrauch, Missachtung und Gewalt als Kinder und Jugendliche in den entsprechenden Einrichtungen betroffen waren. Es sind – soweit möglich gemeinsam mit den Beteiligten - Strategien zu entwickeln, wie Betroffenen Gehör verschafft werden kann, wie aus dem Unrecht der Vergangenheit Lehren gezogen werden können und wie man permanent aus kritischen Ereignissen lernen kann. Da die Datenlage in diesem Bereich sehr schwierig ist, sind Landesregierung und deren Beauftragte Frau Thobaben hierbei auf die Mithilfe der Betroffenen sowie der damaligen Träger der Einrichtungen angewiesen. Deshalb haben sich Landesregierung und Frau Thobaben im Februar 2015 in einem gemeinsamen öffentlichen Aufruf an Betroffene und ehemalige Einrichtungsträger gewendet und diese um Beteiligung am Aufarbeitungsprozess gebeten. Die Landesregierung ist überzeugt, dass eine sinnvolle Aufarbeitung nur möglich sein kann, wenn gemeinsam zwischen den Betroffenen und den Einrichtungsträgern ein entsprechender Strategieprozess angeschoben und Lösungen erarbeitet werden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden den gemeinsamen Aufarbeitungsprozess des Bundes und der Länder ergänzen und unterstützen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3000 3 4. Wie wird die vom Land geschaffene Anlaufstelle für betroffenen Menschen angenommen ? Wie viele Beratungen oder Gespräche haben dort seit Schaffung der Stelle stattgefunden? Antwort: Seit dem 01.01.2012, also dem Beginn der Anmeldefrist für den Fonds Heimerziehung , bis zum Ablauf der Anmeldefrist am 31.12.2014 haben sich insgesamt 1.501 Personen an die Anlauf- und Beratungsstelle Heimerziehung SchleswigHolstein gewandt, die in der Zeit zwischen dem 23.05.1949 und 31.12.1975 in einem Erziehungsheim waren. Für diese Betroffenen sind inzwischen Leistungen aus dem Fonds Heimerziehung in Höhe von insgesamt 11.982.131 Euro gezahlt worden. Vom 01.01.2012 bis zum 30.04.2015 sind insgesamt 3.757 Beratungsfälle /Beratungsgespräche angefallen. Dafür wurden insgesamt 4.686 Beratungsstunden aufgewendet. Die Anlauf- und Beratungsstelle Heimerziehung Schleswig-Holstein richtet sich allerdings primär an Betroffene, die Ansprüche aus dem Fonds Heimerziehung geltend machen wollen. Es handelt sich hierbei also um Personen aus einer weitestgehend anderen Zielgruppe. Aus den hier genannten Daten lassen sich daher auch keinerlei Rückschlüsse ableiten, wie groß die potentielle Zahl von Kindern und Jugendlichen ist, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder Psychiatrie in Schleswig-Holstein Unrecht erfahren haben. 5. Wie weit ist die Bund-Länder-Arbeitsgruppe bei der Erarbeitung konkreter Vorschläge für notwendige Anpassungen im Sozialsystem? Antwort: Siehe Antwort auf Frage 1.