SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3040 18. Wahlperiode 11. Juni 2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Heiner Garg (FDP) und Antwort der Landesregierung - Ministerpräsident Ausgaben des Landes für die Behandlung psychischer Erkrankungen von Beamtinnen und Beamten Vorbemerkung der Landesregierung: Die Antwort auf die Kleine Anfrage bezieht sich nur auf Personen, die im Beamtenverhältnis zum Land Schleswig-Holstein stehen. 1. Wie hat sich der Krankenstand unter den a) Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten, b) Lehrerinnen und Lehrern, c) Beamtinnen und Beamten im Einsatzdienst der Feuerwehr in den Jahren 2010 bis 2014 entwickelt? Ich bitte, den durchschnittlichen Krankenstand pro Jahr und Gruppe prozentual und in absoluten Zahlen anzugeben. Antwort: zu 1.a) Die Daten liegen ab dem Kalenderjahr 2014 vor, für die Jahre 2010 bis 2013 sind keine validen Daten verfügbar. Die Landespolizei Schleswig-Holstein hat im März 2014 ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) eingeführt. In der dazu abgeschlossenen Dienstvereinbarung hat der Hauptpersonalrat der Landespolizei sein Einverständnis gegeben, Krankendaten aus der Arbeitszeiterfassungssoftware SP-Expert im Rahmen des BGM auszuwerten. Drucksache 18/3040 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 2014 betrug die Abwesenheitsquote im Polizeivollzugsdienst für die ca. 6.900 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten (PVB - einschließlich der in der Ausbildung befindlichen PVB) infolge Krankheit 8,8 %. Insgesamt waren für das Jahr 2014 1.069.456,78 Krankheitsstunden zu verzeichnen, umgerechnet auf einen durchschnittlich 8,2 Stunden Arbeitstag sind es rechnerisch ca. 130.421 Tage. Zu beachten ist, dass die Landespolizei Schleswig-Holstein die Krankheitszeiten stundengenau erfasst und auswertet. Die Krankenquote ergibt sich aus den mit Krankheit erfassten Stunden in Relation zu den um Urlaub und AZV bereinigten Sollstunden im Betrachtungszeitraum. Die Berechnungsgrundlage unterscheidet sich von anderen Krankenstatistiken, die bspw. die Arbeitstage einschließlich der Urlaubstage zur Berechnungsgrundlage machen oder sogar die Quote auf alle Tage des Kalenderjahres beziehen. Anders als in vielen Krankenstatistiken (bspw. der Krankenkassen) werden außerdem somit nicht nur die Krankheitstage erfasst, für die eine Krankschreibung mit ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgt ist. zu 1.b) Zur Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage im Lehrkräftebereich werden derzeit keine statistischen Erhebungen angestellt. Die statistische Erfassung und Aufbereitung der erforderlichen Daten ist mit der Einführung der neuen Personalverwaltungssoftware - KoPers - vorgesehen, die ursprünglich für das Jahr 2014 geplant war. Vor diesem Hintergrund ist es auch unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit nicht sinnvoll, ein anderes Erfassungssystem als Zwischenlösung aufzubauen. zu 1.c) Das Land beschäftigt keine Beamtinnen und Beamten im Einsatzdienst der Feuerwehr . Daher wurden keine Ausgaben für die Behandlung psychischer Erkrankungen getätigt, die weitere Beantwortung der Fragen für diese Personengruppe entfällt. 2. Wie hoch waren im Jahr 2014 die krankheitsbedingten Fehltage in den unter 1. genannten Gruppen absolut? Wie hoch im Jahr 2015 (Stichtag 31.04.2015)? Antwort: Der Stichtag 31.04.2015 existiert nicht, daher wurde für die Beantwortung auf den 30.04.2015 abgestellt. Für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten vgl. Antwort zu 1.a); im Zeitraum Januar bis einschließlich April 2015 betrug die Quote im Polizeivollzug 9,3 %. Sie ergibt sich aus 382.539,50 Krankheitsstunden bzw. bezogen auf 8,2 Std durchschnittliche Arbeitszeit am Tag rechnerisch 46.651 Krankheitstage. Für Lehrerinnen und Lehrern vgl. Antwort zu 1.b). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3040 3 3. Wie hoch ist der Anteil der erkrankten Beschäftigten in den jeweiligen Gruppen, die an psychischen Krankheiten erkrankt sind? Wie hat sich dieser Anteil in den Jahren 2010 bis 2014 entwickelt? Antwort: Die Frage wird so verstanden, dass nur nach Erkrankungen gefragt wird, die zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben. Die Frage, welche psychischen und/oder physischen Leiden der Arbeitsunfähigkeit zugrunde lagen, kann nicht beantwortet werden, weil die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die dem Dienstherrn vorzulegen ist, aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Angaben zur Art der Erkrankung enthält. Es ist aber anzunehmen, dass die Entwicklung bei den schleswig-holsteinischen Beamtinnen und Beamten der allgemeinen Entwicklung bei den gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entspricht. Diese ist durch eine deutlich überproportionale Steigerung der Zahl der psychischen Erkrankungen gekennzeichnet (vgl. bspw. BKK-Gesundheitsreport 2014, siehe http://www.bkkdachver - band.de/fileadmin/publikationen/gesundheitsreport_2014/BKK_Gesundheitsreport.pd f). Einige aktuelle Berichte lassen fraglich erscheinen, ob sich diese Entwicklung ungebrochen fortsetzt (vgl. bspw. BPTK Studie 2015, http://www.bptk.de/uploads/media/20150305_bptk_au-studie_2015_psychischeerkrankungen _und_krankengeldmanagement.pdf). 4. Wie viele der erkrankten Beschäftigten aus genannten Gruppen sind aufgrund psychischer Krankheiten dauerhaft dienstunfähig? Wie hat sich dieser Anteil in den Jahren 2010 bis 2014 entwickelt? Antwort: Der Begriff „dauerhaft dienstunfähig“ wird so verstanden, dass nach der Zahl der wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzten Beamtinnen und Beamten gefragt wird. Danach stellt sich die Entwicklung in der Zeit von 2010 bis 2014 wie folgt dar (für 2010 bis 2013 Berichte über die Entwicklung der Frühpensionierungen an den Finanzausschuss des schleswig- holsteinischen Landtages - Umdrucke 17/2496, 18/14, 18/1349 und 18/3037): Drucksache 18/3040 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte: Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit Jahr Anzahl Anteil an allen Versetzungen in den Ruhestand 2010 11 7,4 % 2011 12 7,4 % 2012 11 12,5 % 2013 13 11,5 % 2014*1 12 7,9 % Lehrerinnen und Lehrer: Versetzungen in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit Jahr Anzahl Anteil an allen Versetzungen in den Ruhestand 2010 199 24,9 % 2011 187 22,9 % 2012 179 19,7 % 2013 132 14,0 % 2014* 151 15,0 % Aufgrund der relativ geringen Fallzahlen sind die Ergebnisse für den Bereich des Polizeivollzugs im längerfristigen Vergleich Schwankungen unterworfen, so dass eine statistisch abgesicherte Trendaussage nicht abgeleitet werden kann. Die geringen Fallzahlen stehen außerdem aus statistischen und datenschutzrechtlichen Gründen einer Aufschlüsselung nach möglichen Krankheitsursachen entgegen. Wie sich im Schulbereich psychische Erkrankungen im Verhältnis zu den Versetzungen in den Ruhestand entwickelt haben, ist nicht bekannt. Insgesamt ist der Anteil der wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzten Lehrkräfte an allen in den Ruhestand getretenen Lehrkräften deutlich zurückgegangen. 5. Wie hoch sind die pro-Kopf-Ausgaben des Landes für die Behandlung von beihilfeberechtigten Beschäftigten, die an psychischen Krankheiten erkrankt sind? Wie haben sich die Ausgaben den Jahren 2010 bis 2014 entwickelt? Welche Gründe gibt es für diese Entwicklung? Antwort Die nachfolgende Übersicht stellt die Aufwendungen für ambulante psychotherapeutische Behandlungen aller Beihilfeempfängerinnen und Beihilfeempfänger sowie der berücksichtigungsfähigen Angehörigen (Ehegatten, eingetragene Lebenspartnerin- *vorläufiges Ergebnis für das Jahr 2014. Die Gesamtdaten werden dem Finanzausschuss mit dem Bericht über die Entwicklung der Frühpensionierungen im Jahr 2014 termingerecht zum 1.7.2015 zugeleitet werden. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3040 5 nen und Lebenspartner sowie berücksichtigungsfähige Kinder) dar. Die als beihilfefähig anerkannten Aufwendungen für stationäre psychotherapeutische Behandlungen können nicht ermittelt werden. Die Zahlen umfassen nicht die Aufwendungen der Heilfürsorge für den Polizeivollzugsbereich , diese Leistungen sind in der untenstehenden Tabelle gesondert genannt . Übersicht der Aufwendungen für ambulante (= nicht stationäre) psychotherapeutische Behandlungen (ohne Heilfürsorge der Landespolizei) Haus halts- jahr Betrag der eingereich- ten Rech- nungen Betrag der beihilfefähig anerkannten Kosten errechnete Beihilfe Beam- tinnen und Beam- te Versor- gungs- empfänger Beihilfe- empfän- ger ge- samt Pro- Kopf- Ausga- ben 2010 5.024.698 € 4.751.036 € 2.997.042 € 45.010 28.624 73.634 40,70 € 2011 4.673.879 € 4.393.624 € 2.751.375 € 45.022 29.361 74.383 36,99 € 2012 4.813.212 € 4.530.930 € 2.828.864 € 44.546 30.154 74.700 37,87 € 2013 4.448.033 € 4.208.548 € 2.624.525 € 44.207 30.948 75.155 34,92 € 2014 4.248.647 € 4.001.568 € 2.520.859 € 44.008 32.008 76.016 33,16 € Quelle: Zahlen des Finanzverwaltungsamtes Schleswig-Holstein über die Entwicklung der Aufwendungen für ambulante psychotherapeutische Behandlungen Die Verminderung der Pro-Kopf-Ausgaben von 40,70 € im Jahr 2010 auf 33,16 € im Jahr 2014 ist • mit dem Rückgang des Betrages der eingereichten Rechnungen von 5.024.697,99 € im Jahr 2010 auf 4.248.646,76 € im Jahr 2014 und • dem Anstieg der Beihilfeempfänger von 73.634 im Jahr 2010 auf 76.016 im Jahr 2014 zu erklären, wobei die Zahl der aktiven Beschäftigten zurückgegangen ist. Der prozentuale Anteil der von den eingereichten Rechnungen als beihilfefähig anerkannten Aufwendungen lag in dem Betrachtungszeitraum konstant bei 94 bis 94,6 %. Übersicht der Aufwendungen für ambulante (= nicht stationäre) psychotherapeutische Behandlungen in der Heilfürsorge der Landespolizei SH Haushaltsjahr Anzahl der bewilligten Therapiestunden Heilfürsorgeberechtigte gesamt Pro-Kopf-Ausgaben 2010 4.336 7.204 48,77 € 2011 5.378 7.261 60,02 € 2012 5.654 7.455 61,54 € 2013 4.631 7.322 51,32 € 2014 3.378 7.484 37,45 € Dargestellt sind die in dem jeweiligen Haushaltsjahr genehmigten Therapiestunden. Drucksache 18/3040 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 Zur Verminderung der Pro-Kopf-Ausgaben sind die nachfolgend möglichen Erklärungen genannt. Zu berücksichtigen ist, dass nach Auskunft der Heilfürsorgestelle der Landespolizei grundsätzlich kein Antrag auf Psychotherapie abgelehnt wird. Es ist festzustellen, dass die Kriseninterventionsgespräche nach belastenden Einsätzen gut angenommen werden, so dass hierdurch häufig keine längerfristige Therapie mehr benötigt wird. Außerdem ist die Hemmschwelle, eine psychotherapeutische Behandlung zu beginnen, kleiner geworden ist. Auf diese Weise reichen häufig die fünf probatorischen Sitzungen aus und es muss kein Antrag auf eine weitergehende Kurzzeittherapie mehr gestellt werden. Dadurch reduzieren sich Fallkosten. 6. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, wie lang die Wartezeiten in den Kliniken öffentlicher Trägerschaft im Land zur Behandlung psychischer Krankheiten für die genannten Gruppen sind? Wenn nein, warum nicht? Antwort Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Schon aus datenschutzrechtlichen Gründen werden Wartelisten in Kliniken immer anonymisiert. Die Wartezeit einzelner Berufsgruppen lässt sich daher nicht ermitteln. Zudem werden Wartelisten bisher in der Krankenhausplanung nicht berücksichtigt, weil sich Patienten oft bei mehreren Kliniken anmelden und daher einen tatsächlichen Versorgungsbedarf nicht abbilden. Aus der Erfahrung der Landesregierung heraus werden Wartelisten in den Psychiatrischen Kliniken nach der Schwere der Krankheit abgearbeitet. Notfälle und Menschen mit hoher Krankheitslast werden bevorzugt aufgenommen - ohne Berücksichtigung einer etwaigen Warteliste. 7. Wird die Landesregierung Maßnahmen ergreifen, um die Wartezeiten für die Behandlung psychischer Krankheiten für die genannten Gruppen zu verkürzen? Antwort Die Landesregierung bietet über ihre Leitstelle für Suchtgefahren am Arbeitsplatz ausgebildeten betrieblichen Suchthelfenden zusätzlich die Qualifizierung zur betrieblichen Ansprechperson bei psychischen Störungen am Arbeitsplatz (BAP) an. Seit 2009 werden diese Ausbildungsgänge kontinuierlich durchgeführt. Bisher sind mehr als 60 Personen ausgebildet worden. Schwerpunkt der Tätigkeit der BAP ist die Beratung von betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Dazu gehören insbesondere die Motivation zur Annahme professioneller Hilfe und die Unterstützung bei der Vermittlung entsprechender Angebote. Darüber hinaus beraten sie betriebliche Funktionstragende wie z.B. Führungskräfte oder Personalräte. Die Tätigkeit der BAP ist beratend und unterstützend, sie hat keinen therapeutischen Charakter. Bei Bedarf beteiligt die Dienststelle die BAP im Rahmen des betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements (BEM). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3040 7 Die Landespolizei Schleswig-Holstein hält ein System zur Betreuung von Beschäftigten nach besonders belastenden Einsätzen vor. Die Zuständigkeit obliegt im Rahmen der Fürsorgepflicht den Vorgesetzten. Sie haben mit den eingesetzten Beschäftigten nach besonders belastenden Einsätzen Gespräche zu führen bzw. die Möglichkeit anzubieten, Gespräche mit speziell geschulten Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern der Landespolizei zu führen. Für diese Gespräche und die weitere Betreuung stehen Betroffenen und Vorgesetzten als Unterstützung zur Verfügung: • Betreuerinnen / Betreuer nach besonders belastenden Einsätzen • der Psychologische Dienst sowie • der Ärztliche Dienst der Landespolizei. Somit ist sichergestellt, dass dringende Fälle auch unverzüglich in Betreuung oder Behandlung gebracht werden können. Das Ministerium für Schule und Berufsbildung (MSB) sieht es als eine zentrale Aufgabe an, die Gesundheit der Lehrkräfte durch eine Reihe von Maßnahmen zu erhalten und zu fördern. Als Beispiele dafür sind insbesondere die Angebote des Instituts für Qualitätsentwicklung Schleswig Holstein (IQSH) in dessen Zentrum für Prävention (Gesunde Schule, Sucht- und Gewaltprävention) sowie in der Personalentwicklung und Führungskräftequalifizierung zu nennen (vgl. dazu Internetportal: http://www.schleswigholstein .de/DE/Landesregierung/IQSH/Organisation/ZfP/ZfP.html). Der Schulpsychologische Dienst setzt einen seiner Arbeitsschwerpunkte bei der Beratung und Supervision von Lehrkräften, um so zur Erhaltung ihrer Gesundheit beizutragen. Die verbesserte personelle Situation im schulpsychologischen Dienst - die Anzahl der Planstellen und Stellen für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen sind von 17 auf 32 erhöht und damit fast verdoppelt worden - unterstützen diese Bemühungen. Darüber hinaus hat das MSB zur Umsetzung der Vereinbarung nach § 59 MBG Schl-H. zur Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements in der schleswigholsteinischen Landesverwaltung (Amtsbl. SH 2015, S. 363) eine Projektgruppe gebildet , in der Schulaufsicht, Schulleitung, Personalvertretung, Schwerbehindertenvertretung , IQSH und Arbeitsmedizinischer Dienst vertreten sind. Die Projektgruppe hat den Auftrag, Ansatzpunkte für weitere Verbesserungen bei der Gesundheitsförderung von Lehrkräften zu identifizieren und daraus entsprechende Handlungsstrategien abzuleiten.