SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3066 18. Wahlperiode 18.06.15 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Justiz, Kultur und Europa "Rückstau" bei der Verplanung von Richterinnen und Richtern auf Probe? Vorbemerkung der Landesregierung: Die Grundentscheidung über jede Ernennung von Richterinnen und Richtern auf Probe zu Richterinnen und Richtern auf Lebenszeit trifft in Schleswig-Holstein gemäß § 10 LRiG das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa gemeinsam mit dem Richterwahlausschuss , der in der Regel dreimal jährlich tagt. Gesetzliche Voraussetzung der Ernennung auf Lebenszeit ist eine Tätigkeit im richterlichen oder staatsanwaltlichen Dienst von mindestens drei Jahren, §§ 10, 122 DRiG. Seine Auswahlentscheidung trifft der Richterwahlausschuss aufgrund der vorliegenden Bewerbungen unter maßgeblicher Berücksichtigung des Dienstalters. Für dessen Berechnung sind ggf. anrechenbare Vordienstzeiten, Elternzeiten oder Zeiten von Beurlaubungen ohne Dienstbezüge zu berücksichtigen. Wird eine Richterin oder ein Richter auf Probe, die oder der sich um eine Planstelle beworben hat, nicht gewählt, macht der Richterwahlausschuss in aller Regel von der in § 23 Abs. 1 LRiG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, einer Übernahme in das Richterverhältnis auf Lebenszeit – unabhängig von der Zuweisung einer Planstelle – durch entsprechende Beschlussfassung zuzustimmen. Drucksache 18/3066 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Für die letzten 10 Jahre wird jeweils um Mitteilung der folgenden Kennzahlen gebeten : 1. Zahl der Richterinnen und Richtern auf Probe Antwort Die Daten sind dem alle zwei Jahre erscheinenden Handbuch der Justiz, C. F. Müller-Verlag, entnommen und für das Jahr 2014 durch aktuell verfügbare Daten ergänzt. Jahr Stand Proberichter/-innen 2005 01.03.2006 141 2006 01.03.2008 101 2007 01.03.2008 145 2008 01.01.2010 118 2009 01.01.2010 143 2010 01.01.2012 127 2011 01.01.2012 146 2012 01.01.2014 119 2013 01.01.2014 140 2014 08.06.2015 139 2. Zahl und durchschnittliche Dienstzeit der Richterinnen und Richter auf Probe, die im jeweiligen Jahr zu Richterinnen und Richtern auf Lebenszeit ernannt worden sind (bitte auch als Prozentwert angeben) Antwort Jahr der Lebenszeiternennung Proberichter/-innen Anzahl % durchschnittl. Dienstzeit 2005 31 21,99 3,60 2006 14 13,86 3,56 2007 32 22,07 4,64 2008 44 37,29 4,81 2009 25 17,48 4,44 2010 44 34,65 4,24 2011 21 14,38 4,81 Drucksache 18/3066 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 3 2012 29 24,37 4,10 2013 28 20,00 5,05 2014 39 28,06 4,64 Hinsichtlich der bezeichneten Prozentwerte ist darauf hinzuweisen, dass diese im Kontext der Fragestellung ohne Aussagewert sein dürften; denn das rechnerische Verhältnis zwischen den im jeweiligen Jahr verplanten und allen Richterinnen und Richtern auf Probe bringt nicht zum Ausdruck, wie viele Richterinnen und Richter auf Probe bereits die Planreife im Sinne von §§ 10, 122 DRiG erreicht hatten. Daneben ist zu berücksichtigen, dass für das Erreichen der Planreife neben der Dienstzeit auch andere Faktoren wie z. B. anrechnungsfähige Vordienstzeiten und Elternzeiten relevant sein können. 3. Zahl und durchschnittliche Dienstzeit der Richterinnen und Richter auf Probe, die im jeweiligen Jahr nicht zu Richterinnen und Richtern auf Lebenszeit ernannt worden sind (bitte auch als Prozentwert angeben) Antwort Die erfragten Kennzahlen liegen nicht vor und sind auf Grundlage der regelmäßig erhobenen Personaldaten mit vertretbarem Aufwand nicht zu ermitteln. Es bedürfte dafür einer aufwändigen Einzelauswertung aller relevanten Personalvorgänge. Unter Bezugnahme auf das in der Vorbemerkung geschilderte Auswahlverfahren kann gesagt werden, dass die durchschnittliche Dienstzeit der Richterinnen und Richter auf Probe, die aufgrund ihrer Bewerbung (noch) nicht für eine Planstelle berücksichtigt werden, unter der durchschnittlichen Dienstzeit der auf eine Planstelle gewählten Kolleginnen und Kollegen liegt. Die Landesregierung weist in diesem Zusammenhang auf Folgendes hin: - Eine Verzögerung der Lebenszeiternennung nach Erreichen der Planreife ge- mäß § 10 DRiG ist im Regelfall darauf zurückzuführen, dass Richterinnen und Richter auf Probe sich nicht auf die nächste frei werdende Planstelle bewerben , sondern es vorziehen, auf eine bestimmte, von ihnen gewünschte Planstelle zu warten. Möglich ist dies, weil in Schleswig-Holstein - anders als in den meisten anderen Bundesländern - keine Zuweisung einer Planstelle bei Erreichen der Planreife erfolgt. - Eine Verplanung von Richterinnen und Richtern auf Probe erfolgt im Bereich der Staatsanwaltschaft regelmäßig in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erreichen der Planreife gemäß §§ 10, 122 DRiG nach dreijähriger Tätigkeit im richterlichen bzw. staatsanwaltlichen Dienst. Zu ermöglichen ist dies, weil eine Verplanung bei der Staatsanwaltschaft in Schleswig-Holstein nur an vier Standorten erfolgt, woraus eine gegenüber den Gerichtsbarkeiten deutlich geringere örtliche Fluktuation resultiert. Drucksache 18/3066 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 - Ausweislich der Kennzahlen zu 1. und 2. ist eine signifikante Zunahme der Zahl der Richterinnen und Richter auf Probe innerhalb der letzten 10 Jahre nicht festzustellen. Es ist daher davon auszugehen, dass über den betrachteten Gesamtzeitraum die Zahl der neu eingestellten Richterinnen und Richter auf Probe mit der Zahl der Verplanungen korrespondiert. Von einem „Rückstau “ bei den Verplanungen kann nach Auffassung der Landesregierung daher nicht gesprochen werden.