SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3089 18. Wahlperiode 2015-06-22 Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Nicolaisen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Tierseuchenübung zur Afrikanischen Schweinepest 1. Welche Erkenntnisse hat die landesweite Tierseuchenübung zur Afrikanischen Schweinepest (ASP) aus dem November 2014 gebracht? Die Durchführung von Tierseuchenübungen ist eine wichtige vorbereitende Maßnahme, um für den Tierseuchenfall die Einsatzbereitschaft und eine effektive und abgestimmte Bearbeitung sicherzustellen. In diesem Rahmen werden Abläufe und das Vorgehen im Seuchenfall erprobt. In einer Übung können anhand fiktiver Szenarien immer nur Ausschnitte eines komplexen Seuchengeschehens geübt werden. Dabei können einerseits die veterinärrechtlichen Aspekte auf Ebene eines Einzelbetriebs (im Seuchenverdacht oder nach Seuchenausbruch ) geübt werden sowie die Maßnahmen in den Restriktionszonen durchgespielt werden. Bei sich ausweitenden Seuchenszenarien können diese nicht mehr im Wesentlichen durch eine einzelne Veterinärbehörde bearbeitet werden. Hier sind diese auf andere Bereiche der Verwaltung, z.B. die Kräfte des Katastrophenschutzes und Polizei, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk oder die Jagdbehörden angewiesen. Auch die Sensibilisierung, Aufklärung und Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen praktizierenden Tierärzten, Verbänden und Behörden sind wichtige vorbereitende Maßnahmen. Bei der im Oktober 2014 auf dem Lehr- und Versuchsgut Futterkamp durchgeführten Tierseuchenübung stand das Szenario eines Seuchenverdachts und der Drucksache 18/3089 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Bestätigung auf einem schweinehaltenden Betrieb im Vordergrund. Es wurden die notwendigen Maßnahmen wie Probenahmen und Sperr- und Schutzmaßnahmen auf dem Seuchengehöft durchgespielt. Für die im Fall der Feststellung erforderlichen Maßnahmen bei der Tötung eines infizierten Schweinebestands stellte eine spezialisierte Firma die technische Ausrüstung vor. Gleichzeitig wurde der Informationsstand zu klinischen Anzeichen einer Infektion mit der ASP sowie möglichen Einschleppungsursachen mit Blick auf die Situation im Baltikum durch Fachvorträge vertieft. Am zweiten Übungstag lag der Schwerpunkt auf der Abstimmung von Maßnahmen beim Auftreten von ASP beim Schwarzwild. Hier wurden das Vorgehen zwischen Veterinärbehörden, der obersten Jagdbehörde, dem Natur- und Artenschutz sowie dem Landesjagdverband besprochen und Strategien zur Prävention und Bekämpfung festgelegt. 2. Aus welchen Gründen wird die Übung nach etwa einem halben Jahr wiederholt ? Die Übung wurde nicht wiederholt, sondern fortgeführt, wobei das Übungsszenario 2015 auf dem Szenario der Übung 2014 aufbaut. In diesem Jahr wurden andere Schwerpunkte gesetzt und dadurch neue Erkenntnisse im Rahmen eines sich ausweitenden Szenarios gewonnen, siehe auch Antwort zu Frage 3. Der Schwerpunkt der diesjährigen Übung lag in der bereits beschriebenen Zusammenarbeit zwischen der Veterinärbehörde und anderen Teilen der Verwaltung im Rahmen eines sich ausweitenden Tierseuchengeschehens. Als so genannte Stabsrahmenübung wurden in den Gemeinsamen Krisenzentren (GKZ) der Kreise Segeberg, Herzogtum Lauenburg und Stormarn in Segeberg und der Kreise Ostholstein und Plön in Eutin Stäbe gebildet und Abläufe insbesondere zu den erforderlichen Maßnahmen in den Restriktionsgebieten (Sperrbezirk, Beobachtungsgebiet und Gefährdeter Bezirk) geübt. Das MELUR hat ebenfalls einen entsprechenden Führungsstab gebildet und seine Aufgaben als Landestierseuchenbekämpfungszentrum geübt. Ein weiterer Aspekt der diesjährigen Übung war die Abstimmung der Pressearbeit zwischen dem Gemeinsamen Krisenzentrum in Segeberg und dem MELUR. 3. Wie hat sich das Gefahrenpotential (Auftreten weiterer Fälle und wo) seither entwickelt? Das Risiko für die Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest nach Deutschland muss weiterhin als „Hoch“ bewertet werden. So hat sich das Ausmaß der Restriktionszonen in den Baltischen Staaten deutlich vergrößert, denn es werden dort im Vergleich zu 2014 deutlich mehr Fälle beim Schwarzwild nachgewiesen. Bei den Hausschweinen haben sich die Fälle dagegen von 40 in 2014 (Polen, Lettland, Litauen) auf einen Fall in Polen in 2015 reduziert. 3 In der Qualitativen Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit) heißt es dazu: „Das Risiko des Eintrags von ASP nach Deutschland durch illegales Verbringen und Entsorgen von kontaminiertem Material wird als hoch eingeschätzt. Das Risiko des Eintrags durch kontaminiertes Schweinefleisch oder daraus hergestellte Erzeugnisse entlang dem Fernstraßennetz durch Fahrzeuge und Personen wird im Sinne eines „worst case scenario“ als hoch eingeschätzt. Das Risiko einer Einschleppung durch den Jagdtourismus und das Mitbringen von Jagdtrophäen aus betroffenen Regionen wird als mäßig bewertet. Das Risiko eines Eintrags der ASP durch direkten Kontakt zwischen infizierten Wildschweinen wird als mäßig beurteilt . In den an die EU angrenzenden Staaten Weißrussland, Ukraine und Russland muss weiterhin von einem aktiven ASP-Infektionsgeschehen bei Haus- und Wildschweinen ausgegangen werden. 4. In welcher Form und Anzahl sind Handel und Transporteure eingebunden? Wenn nein, warum nicht? Tierseuchenübungen dienen vorrangig der Vorbereitung der Veterinärverwaltung auf den Tierseuchenfall. Die Schwerpunkte der diesjährigen Tierseuchenübung lagen auf den Maßnahmen in Schweinepest-Restriktionszonen (Sperrbezirk , Beobachtungsgebiet und Gefährdeter Bezirk) sowie auf der Stabsarbeit in den Krisenzentren Segeberg, Eutin sowie MELUR. Zum diesjährigen Thema ASP wurden am ersten Tag der Tierseuchenübung am 3. Juni 2015 in Hülsenberg neben den Veterinärämtern, welche aktiv an der Übung teilnahmen, auch Verbände und Gäste eingeladen. Dies waren der Bauernverband, der Landesjagdverband , die Tierärztekammer, die Landwirtschaftskammer sowie Vertreter der Veterinärbehörden aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Dänemark und der Bundeswehr. Darüber hinaus wurden keine weiteren Verbände eingeladen, auch weil der Personenkreis im Rahmen einer Tierseuchenübung begrenzt ist. In 2014 gab es mehrere Presse-Informationen und FAQ’s des MELUR zur Afrikanischen Schweinepest, die sich u. a. auch an Handel und Transporteure richteten . Speziell für Transportbetriebe, die lebende Schweine in die russische Föderation handeln, wurde ein Merkblatt zur Reinigung und Desinfektion von Transportfahrzeugen erstellt. An Autobahn-Rastplätzen auf der A1, A7, A 21 und A 24 werden Reisende und Kraftfahrer aus Osteuropa auf die Bedrohung durch mitgebrachte und weggeworfene Lebensmittel aufmerksam gemacht und aufgefordert, diese ordnungsgemäß in geschlossenen Müllbehältern zu entsor- Drucksache 18/3089 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 gen. Diese Plakat-Aktion findet nach 2014 auch in diesem Jahr wieder bundesweit statt. Auch Saison-Arbeitskräfte wurden sensibilisiert und mittels mehrsprachiger Flugblätter informiert. Überdies ist der Handel mit Fleisch und Fleischprodukten aus den von ASP-betroffenen Regionen gemäß Durchführungsbeschluss 2014/709/EU verboten.