SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3122 18. Wahlperiode 7. Juli 2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Johannes Callsen (CDU) und Antwort der Landesregierung - Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes in Schleswig-Holstein Vorbemerkung des Fragestellers: Auf der 92. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2015 haben die Länder Bayern, Baden-Württemberg, Bremen und Thüringen einen Antrag zu längeren täglichen Arbeitszeiten im Schaustellergewerbe, in der Landwirtschaft und in der Hotel- und Gaststättenbranche gestellt. Der Umlaufbeschluss datiert vom 16.04.2015. 1. Warum hat das Land Schleswig-Holstein den Antrag auf längere tägliche Arbeitszeiten in den oben genannten Gewerben nicht mit gestellt und aus welchen Erwägungen ? 2. Wie hat das Land Schleswig-Holstein sich während der 92. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2015 in der Sache eingelassen und wie abgestimmt? Antwort zu den Fragen 1 und 2: Dem Antrag, der im Umlaufverfahren zur Abstimmung gelangte, wurde zugestimmt . Eine Mitantragstellung kam nicht in Frage, da der Beschluss zwar eine Klarstellung der geltenden Rechtslage darstellt, die von der Landesregierung begrüßt wird, allerdings dabei Arbeitsbedingungen beinhaltet, nämlich über 10 Stunden täglich, die aus Sicht der Landesregierung am Rande des arbeitswissenschaftlich Zumutbaren liegen. Drucksache 18/3122 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 3. Wie bewertet die Landesregierung die in dem Beschluss getroffenen Regelungen im Bezug auf die betroffenen Branchen in Schleswig-Holstein und sieht sie gegebenenfalls ihrerseits Regelungsbedarf? Antwort: Die Landesregierung sieht in dem Beschluss eine Klarstellung der geltenden Rechtslage für die dargestellten Branchen. Darüber hinaus gehender Regelungsbedarf wird derzeit nicht gesehen. 4. Welche Kriterien müssen im Einzelnen erfüllt werden, damit betroffene Betriebe in Schleswig-Holstein die Voraussetzungen des Umlaufbeschlusses zu § 15 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG erfüllen? Antwort: Wichtigstes Kriterium ist das Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen wie zum Beispiel der Nachweis eines Saison- bzw. Kampagnebetriebs. Darüber hinaus ist je nach Einzelfall individuell der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor gesundheitlichen Schäden durch die besondere Arbeitszeitbelastung darzustellen und nachzuweisen. 5. Sieht die Landesregierung ggfs. weitere Branchen in Schleswig-Holstein neben den im Umlaufbeschluss genannten, welche zwar nicht unter die Regelungen des § 15 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG fallen, aber ebenfalls durch das neue Mindestlohngesetz bzw. dessen Auswirkungen im Hinblick auf andere gesetzliche Regelungen (z.B. auf das Arbeitszeitgesetz) in ihrem laufenden Betrieb eingeschränkt werden? Antwort: Nein. 6. Stehen dem oben genannten Umlaufbeschluss gegebenenfalls tarifliche Regelungen entgegen? Antwort: Sofern tarifvertraglich andere Regelungen vereinbart sind und diese dem Erfordernis von § 7 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) entsprechen, kommt die Erteilung einer behördlichen Ausnahmegenehmigung im Sinne des Umlaufbeschlusses nicht in Frage. 7. In welchen konkreten Einzelfällen sind aus Sicht der Landesregierung die Voraussetzungen des § 14 ArbZG erfüllt und welche weiteren Ausnahmemöglichkeiten im Bezug auf die betroffenen Branchen könnten gegebenenfalls noch zur Anwendung kommen? Antwort: In § 14 ArbZG sind außergewöhnliche Fälle geregelt, die vom jeweiligen Einzelfall abhängig sind und deshalb nicht konkret dargestellt werden können. Beispielhaft Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3122 3 kann es sich um einen langandauernden Stau handeln, der zu massiven Aufbauverzögerungen führt, einen vom Wasser völlig durchweichten Veranstaltungsplatz , der erst einen erheblich verzögerten Aufbau zulässt oder beispielsweise bei einem besonderen Hochwasserereignis um ein massives Versorgungsbedürfnis, das nur von der örtlichen Gastronomie sicherzustellen ist. Grundsätzlich dürfen Ereignisse, die die Annahme eines Falles nach § 14 ArbZG rechtfertigen, für den Arbeitgeber im Vorwege nicht bekannt oder planbar sein. 8. Wie beurteilt die Landesregierung die Aussagen der Bundesarbeitsministerin, dass die Sozialministerien der Länder den Zeitausgleich auch nach Ende einer kurzfristigen Beschäftigung zulassen könnten und Länderbehörden per Allgemeinverfügung Ausnahmen von der täglichen Höchstarbeitszeit erlassen können? Antwort: Die Landesregierung hält Zeitausgleiche auch nach Ende einer kurzfristigen Beschäftigung im Einzelfall für möglich. Allgemeinverfügungen über Ausnahmen von der täglichen Höchstarbeitszeit sind nach Auffassung der Landesregierung grundsätzlich nicht möglich, da hierbei die Voraussetzungen des Einzelfalles keine Berücksichtigung finden können. 9. Inwieweit können weitere Regelungen im ArbZG oder auch in anderen Gesetzen zu einer Entlastung der betroffenen Branchen auf Landesebene beitragen und inwieweit schöpft diese Landesregierung diese gegebenenfalls aus? Antwort: Das ArbZG enthält eine Vielzahl von Möglichkeiten, Regelungen an die Bedürfnisse einzelner Branchen anzupassen. Beispielsweise sei hier auf die sogenannte Tariföffnungsklausel des § 7 ArbZG hingewiesen, die im Bereich der Krankenhäuser bei einem großen Teil der Arbeitsverhältnisse angewendet wird und von denen selbstverständlich auch von den im ASMK-Beschluss aufgeführten Branchen Gebrauch gemacht werden kann. 10. Unterstützt die Landesregierung die Forderungen aus Gastronomie, Landwirtschaft , Schaustellern etc. nach einer Flexibilisierung der Regelungen im Arbeitszeitgesetz nach einer Verringerung der Dokumentationspflicht und falls nein, aus welchen Gründen nicht? Antwort: Flexibilisierungsmöglichkeiten gibt es über die sogenannte Tariföffnungsklausel von § 7 ArbZG bereits für eine Vielzahl von Regelungen. Bei der Anwendung wird Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Möglichkeit eingeräumt in gegenseitigem Einvernehmen von den gesetzlichen Regelungen abzuweichen. Die Landesregierung sieht keine Notwendigkeit diese auszudehnen. Die Dokumentationspflicht für den Arbeitgeber nach dem ArbZG beginnt mit Überschreitung der gesetzlich zulässigen regelmäßigen Arbeitszeit von 8 Stunden täglich. Dies wird für zumutbar gehalten. Drucksache 18/3122 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 11. Gibt es von Seiten der Landesregierung ein „Muster“ für die Stellung eines Antrages auf Bewilligung der Verlängerung der täglichen Arbeitszeit gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG? Falls ja, bitte anhängen. Falls nein, warum nicht? Antwort: Für den Bereich der Schausteller findet sich das Muster in der Anlage. Für die übrigen Branchen gibt es derzeit in Schleswig-Holstein kein Muster, weil die geringe Anzahl von Anträgen den Aufwand nicht gerechtfertigt hätte.