SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3147 18. Wahlperiode 2015-07-14 Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Haltung der Landesregierung zu den Beschlüssen der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 18. Juni 2015 zur Asyl und Flüchtlingspolitik Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder fassen folgenden gemeinsamen Beschluss1: 1. Wie wird die Landesregierung klar unterscheiden zwischen jenen, die Anspruch auf Schutz haben, und jenen, die diesen Anspruch nicht haben und denen infolgedessen keine Bleibeperspektive zukommt? Antwort: Nach Ziffer 2.1 des Protokolls über die Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 18. Juni 2015 setzen Bundesregierung und Länder einen Aktionsplan um, der in einem befristeten Zeitraum eine weitere Beschleunigung der Asylverfahren sowie eine weitere Verkürzung der Gesamtaufenthaltsdauer in Deutschland von Asylbewerbern aus Herkunftsländern mit einer relativ hohen Anzahl von Asylsuchenden bei zugleich besonders niedriger Schutzquote ermöglichen soll. Bund und Länder haben diese Vereinbarung bislang noch nicht umgesetzt. Entsprechende Gespräche haben am 3. Juli 2015 begonnen. Eine klare Definition und Einordnung unterschiedlicher Verfahrensgruppen besteht daher bislang nicht. 1 Link zum Beschlussprotokoll der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 18. Juni 2015: http://www.frsh.de/uploads/media/Protokoll_Asyl-Gipfel_20150618.pdf Drucksache 18/3147 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 In einer Protokollerklärung zu Ziffer 2.7 des vorstehend genannten Protokolls (junge Asylsuchende und Geduldete in Ausbildung) hat Schleswig-Holstein bereits verdeutlicht, dass Unterscheidungen nach Verfahrensgruppen nach Möglichkeit vermieden werden sollten. 2. Wie bewertet die Landesregierung in diesem Zusammenhang die „Plöner Erklärung “ des Schleswig-Holsteinischen Landkreistags vom 19. Juni 2015, die u.a. die gleiche Forderung erhebt? Antwort: Die Position der Kreise in Schleswig-Holstein zum Asyl- und Zuwanderungsrecht (Plöner Erklärung) aus der Mitgliederversammlung am 19. Juni 2015 wird in die weitere Diskussion der Thematik eingebracht. 3. Inwiefern ist das Land an der Umsetzung eines Aktionsplans beteiligt, der in einem befristeten Zeitraum eine weitere Beschleunigung der Asylverfahren sowie eine weitere Verkürzung der Gesamtaufenthaltsdauer in Deutschland von Asylbewerbern aus Herkunftsländern mit einer relativ hohen Anzahl von Asylsuchenden bei zugleich besonders niedriger Schutzquote ermöglichen soll? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 1. 4. Teilt die Landesregierung das gemeinsame Ziel des Treffens, eine Beendigung des Aufenthalts abgelehnter Asylbewerber aus den Erstaufnahmeeinrichtungen heraus innerhalb von drei Monaten nach der Registrierung im EASY-System? Antwort: Ja. 5. Ist die Zusage des Bundes für seine verstärkte Unterstützung der Länder bei der Durchführung der zwangsweisen Rückführungen mit der Bereitstellung von Abschiebehaftplätzen verbunden? a) Wenn ja, wird die Wiederinbetriebnahme der Abschiebehafteinrichtung in Rendsburg in Erwägung gezogen? b) Wenn nein, wird Schleswig-Holstein Abzuschiebende in anderen Bundesländern mit Abschiebehafteinrichtungen unterbringen? Antwort: Bisher liegen keine Konkretisierungen des Bundes über avisierte Unterstützungsleistungen bei der Durchführung von Aufenthaltsbeendigungen vor. Daher kann die Frage gegenwärtig nicht beantwortet werden. 6. Welche personellen, organisatorischen und finanziellen Maßnahmen sind von der Landesregierung zu treffen, um die Ausländer- und Sozialbehörden sowie Verwaltungsgerichte personell und organisatorisch in die Lage zu versetzen, um Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3147 3 die hohe Zahl der auf das Land zulaufenden - positiven wie negativen - Entscheidungen des BAMF angemessen zu bewältigen? Antwort: Ausländer- und Sozialbehörden: Die personelle, organisatorische und finanzielle Ausstattung der Ausländer- und Sozialbehörden liegt allein in der Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte. Der Landesregierung ist nicht näher bekannt, ob und ggf. welche Maßnahmen durch die Kommunen geplant sind. Verwaltungsgerichte: Die Zunahme der Asylantragszahlen beim BAMF und die entsprechend steigende Zahl der abgelehnten Anträge zeigt schon jetzt einen sichtbaren Anstieg der Verfahrenseingänge am Verwaltungsgericht und lässt für die nahe Zukunft einen weiteren Anstieg erwarten. Die Personalausstattung der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist deshalb bereits im HH-Jahr 2015 von 48 auf 52 richterliche Planstellen und um eine Planstelle der BesGr. A9 für den Servicebereich (Geschäftsstelle ) erhöht worden. Für das HH-Jahr 2016 wurden zur Verstärkung des richterlichen Dienstes weitere vier Planstellen beantragt; dabei handelt es sich um drei R1-Stellen und eine R2-Stelle, um am erstinstanzlich zuständigen Verwaltungsgericht eine weitere Kammer eröffnen zu können. Ergänzend zu den insgesamt acht Richterstellen bedarf es im HH-Jahr 2016 darüber hinaus auch einer Planstelle für eine/n Rechtspfleger/in (BesGr. A13) und zwei weiterer Stellen im Servicebereich (Geschäftsstelle, BesGr. A9). Infolge der steigenden Zahl der Planstellen bedarf es schließlich der Hebung der Präsidentenstelle des Verwaltungsgerichts von R3 nach R4. Da die zu erwartenden Erledigungszahlen des BAMF unter Berücksichtigung der dort angekündigten Personalverstärkung noch ungewiss sind, kann derzeit nicht sicher prognostiziert werden, ob die für das Verwaltungsgericht vorgesehenen personellen Maßnahmen ausreichen werden. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa ist derzeit bemüht, von der Außenstelle des BAMF in Neumünster möglichst konkrete Aussagen über die zu erwartende Entwicklung zu erhalten und wird die Belastung des Verwaltungsgerichts mit Neueingängen und den damit korrespondierenden Personalbedarf laufend überprüfen. Für den Fall, dass ein weiterer Bedarf besteht, wird die Landesregierung entsprechende Vorschläge für die Nachschiebeliste machen. Organisatorische Maßnahmen innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit kann die Landesregierung aus Gründen der Gewaltenteilung nicht treffen. Sowohl das aus der Richterschaft gewählte Präsidium, das die Geschäfte auf die einzelnen Kammern des Gerichts verteilt, als auch die Richterinnen und Richter selbst entscheiden in richterlicher Unabhängigkeit. a) Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die für die Asylstreitigkeiten zuständigen Verwaltungsgerichte in die Lage versetzt werden, die Zeiträume für den Abschluss der Gerichtsverfahren zu verkürzen? b) Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um die Gerichte in die Lage zu versetzen, die Durchschnittsdauer der Verfahren des einstweiligen Drucksache 18/3147 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Rechtsschutzes auf möglichst zwei Wochen zu verkürzen? Antwort zu a) und b): Siehe Antwort zu 6).: durch personelle Verstärkung und laufende Überprüfung der Belastungssituation. Im Übrigen steht die Verwaltungsgerichtsbarkeit selbst in Kontakt zur Außenstelle des BAMF in Neumünster, um künftig eine zügigere Verfahrensabwicklung gewährleisten zu können. Die Durchschnittsdauer der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat seit 2012 und bis zum 2. Quartal 2014 stets zwischen 12 und 18 Tagen gelegen. Der seitdem zu verzeichnende Anstieg ist nicht nur auf die steigenden Eingänge beim Gericht, sondern vor allem auch auf technische Probleme beim BAMF im Zusammenhang mit der elektronischen Übermittlung der Verfahrensakten zurückzuführen . Hinzu kommt, dass der beim BAMF entstandene Rückstau dazu führt, dass auch die sonstige Prozessbegleitung nicht mehr gewährleistet werden kann. Das Problem der verzögerten Aktenübersendung an das Gericht und der fehlenden Prozessbegleitung wurde als kritisch erkannt und soll möglichst bald behoben werden, um das Gericht in die Lage zu versetzen, insbesondere die Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes künftig wieder zeitnah bearbeiten zu können. c) Welche personelle und/oder organisatorische Maßnahmen wird das Land ergreifen , um zu gewährleisten, bei jeder vollziehbaren Ablehnung zügig die Rückführung veranlassen zu können? Antwort: Im Landesamt für Ausländerangelegenheiten ist am 29. Juni 2015 mit dem Projekt „Entwicklung eines strategischen Rückkehr-, Beratungs- und Managementkonzeptes “ begonnen worden. Ziele sind unter anderem die Entwicklung eines Konzeptes zur Beratung, Betreuung und Unterbringung von ausreisepflichtigen Personen, die Erarbeitung einer landesweiten Strategie mit Modellcharakter sowie die Verbesserung der Kommunikation im Rahmen der Erstaufnahme. Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren und wird vom EU-Fonds AMIF (Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds) sowie vom Landesamt für Ausländerangelegenheiten finanziert. Es werden ca. 2,5 Stellen finanziert. d) Wird die Landesregierung den Kommunen diesbezüglich Weisung erteilen? Antwort: Die Erforderlichkeit von Weisungen an die Kommunen kann erst bewertet werden , wenn erforderliche Konzepte abgestimmt und beschlossen worden sind. 7. Ist eine der vom BAMF einzurichtenden vier Entscheidungszentren die das Ziel haben, die Zahl der über 221.000 Bestandsverfahren abzubauen, in SchleswigHolstein ? Antwort: Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3147 5 Nach derzeitigem Stand ist Schleswig-Holstein nicht als Standort für eines der vier Entscheidungszentren des BAMF vorgesehen. 8. Wie will die Landesregierung ihre Aussage, den Zugang zu Sprach- und Integrationskursen nicht auf Asylsuchende und Geduldete mit jeweils guter Bleibeperspektive zu reduzieren, umsetzen? Antwort: Die Willkommenskurse, die ab Herbst 2015 in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes angeboten werden und neben Orientierungs- auch erste Sprachförderelemente enthalten, stehen allen nicht mehr schulpflichtigen Untergebrachten offen. Die vom Land geförderten sog. STAFF-Kurse, die in den Kreisen und kreisfreien Städten angeboten werden und sowohl sprachliche Kommunikationskompetenzen wie Orientierung im Umfeld vermitteln, sind für alle Asylsuchenden geöffnet. Zu der Frage, welche Personengruppen Zugang zu den bundes- bzw. landesfinanzierten Integrationskursmodulen erhalten, stehen noch Abstimmungsgespräche mit dem Bund aus. Erst nach diesen kann eine Aussage getroffen werden.