SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3149 18. Wahlperiode 2015-07-13 Kleine Anfrage der Abgeordneten Bernd Voß und Ines Strehlau (Bündnis 90/ Die Grünen) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Befassungs- und Beschlusskompetenzen von Kommunalvertretungen im Hinblick auf internationale Freihandelsabkommen Vorbemerkung der AntragstellerInnen: Die Ergebnisse der Verhandlungen der EU zu Freihandelsabkommen (TTIP, CETA, TiSA etc.) können gravierende Auswirkungen auf die grundgesetzlich verbürgten Kompetenzen und Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen haben. Durch die möglichen Regelungen zum Investitionsschutz und der Liberalisierung des Dienstleistungssektors werden grundlegende Veränderungen unter anderem in der kommunalen Daseinsvorsorge und dem öffentlichen Auftragswesen erwartet. Dies birgt auch wirtschaftliche Risiken für die kommunalen Haushalte. Es gibt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, das sowohl eine Befassung als auch Beschlüsse von Kommunalvertretungen zu diesem Thema für unzulässig hält. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: Wie bewertet die Landesregierung das Ergebnis des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages vor dem Hintergrund des Urteils des BVerwG 87, 228 (NVwZ 1991, S. 682 ff.) und insbesondere auch der beiden Folgeurteile (BVerwG NVwZ 1991, 684f. und 685f.)? Drucksache 18/3149 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Antwort: Die in Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes und Artikel 54 Absatz 1 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein normierte kommunale Selbstverwaltungsgarantie räumt den Gemeinden das Recht ein, im Rahmen der Gesetze alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit gilt dies für Gemeindeverbände entsprechend (Artikel 28 Absatz 2 Satz 2 GG, Artikel 54 Absatz 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein). Zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zählen nur diejenigen Interessen und Bedürfnisse , die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben (vgl. BVerfGE 79, 127; BVerwGE 87, 228-236). Zutreffend stellt der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages in dem betreffenden Gutachten (Infobrief vom 11. Februar 2015; WD 3 - 3000 - 035/15) dar, dass unter Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nicht allgemeinpolitische Fragen fallen. Das Gutachten geht jedoch insoweit fehl, als es davon ausgeht, dass eine Befassungskompetenz kommunaler Gremien allein deshalb ausscheidet, weil TTIP oder andere Freihandelsabkommen nach ihrem Inkrafttreten im ganzen Bundesgebiet gelten und damit alle Kommunen treffen würden. Vielmehr ist es einer Kommune stets gestattet zu Regelungen Stellung zu beziehen, die Auswirkungen auf die kommunalen Aufgaben bzw. deren Erfüllung haben können, sofern solche Folgen nicht nur allgemein, sondern aufgrund der örtlichen Gegebenheiten gerade auch in Bezug auf die jeweiligen Kommune prognostiziert und dargestellt werden. Dass auch andere Gemeinden vergleichbar betroffen sein können, hebt den so zu verstehenden Ortsbezug nicht auf.