SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3176 18. Wahlperiode 17.07.15 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Ministerin für Justiz, Kultur und Europa Hungerstreiks in Gefängnissen 1. Wie viele Inhaftierte haben in den vergangenen fünf Jahren die Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme verweigert? Wie viele solcher Vorfälle gab es? Bitte aufschlüsseln nach Kalenderjahr. Antwort Als Hungerstreik werden solche Fälle erfasst, bei denen die oder der Gefangene ausdrücklich mitteilt, dass sie oder er die Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme verweigert. Fälle, in denen Nahrung beispielsweise aufgrund von Appetitlosigkeit abgelehnt wird, werden nicht erfasst. 2010 - 1 Fall in der JVA Lübeck 1 Fall in der JVA Neumünster 1 Fall in der Abschiebungshafteinrichtung Rendsburg 2011 - kein Fall 2012 - 1 Fall in der JVA Lübeck 3 Fälle in der Abschiebungshafteinrichtung Rendsburg 2013 - 1 Fall in der JVA Lübeck 3 Fälle in der Abschiebungshafteinrichtung Rendsburg Drucksache 18/3176 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 2014 - 1 Fall in der JVA Neumünster 2. Ab welcher Dauer werden solche Vorfälle als "besonderes Vorkommnis" angesehen und wie viele solcher Vorkommnisse gab es in den letzten fünf Jahren jeweils ? Antwort Bei einer ernsthaften Verweigerung einer Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme wird ein solcher Vorfall als besonderes Vorkommnis bezeichnet. Auf die Dauer kommt es nicht an. Die Anzahl dieser Vorkommnisse in den letzten fünf Jahren ergibt sich aus der Antwort zu der Frage 1. 3. Was ist die höchste Dauer der verweigerten Nahrungs- oder Getränkeaufnahme im letzten Jahr und aus welchen Gründen kam es dazu? Antwort 2014 hat ein Untersuchungsgefangener der JVA Neumünster die Nahrungsaufnahme über einen Zeitraum von drei Tagen verweigert. Der Untersuchungsgefangene befand sich wegen des Strafverfahrens in einem psychischen Ausnahmezustand . 4. Wie wird vorgegangen, wenn Gefangene die Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme verweigern? Wo ist dies niedergelegt? Antwort Sobald ein Inhaftierter mitteilt, dass er die Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme verweigert, versuchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung, häufig unter Einbeziehung eines Psychologen und des Anstaltsseelsorgers, die Hintergründe zu erfragen und eine Nahrungs- oder Flüssigkeitsannahme bei dem Gefangenen zu erreichen. Gleichzeitig legt die Anstalt einen Kontrollbogen an, in dem die Verweigerung der Nahrungs- oder Flüssigkeitsangebote zu den Zeitpunkten der Essensausgabe dokumentiert wird. Darüber hinaus wird der Gefangene ärztlich beobachtet. Der Anstaltsarzt überprüft die Veränderung des Gewichtes und des Gesundheitszustandes. Eine Verweigerung einer Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme ist als besonderes Vorkommnis der Aufsichtsbehörde mitzuteilen. Die Anlage von Kontrollbögen ist seit Jahren die Praxis in den Anstalten, ebenso die intensiven Gesprächsangebote durch die Abteilungsbediensteten oder weitere Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3176 3 Personen. Die Beteiligung des Anstaltsarztes ergibt sich aus der Nr. 3 VV zu § 101 StVollzG („Ein Gefangener, der beharrlich die Aufnahme von Nahrung verweigert , wird ärztlich beobachtet“). Die Behandlung besonderer Vorkommnisse ist durch Erlass vom 25. Oktober 2007, ergänzt durch Erlass vom 20. Januar 2015, geregelt. 5. Wie häufig kam es in den letzten fünf Jahren zur zwangsweisen Nahrungs- oder Flüssigkeitszuführung? Antwort In dem Zeitraum 2010 – 2014 kam es in keinem Fall zu einer zwangsweisen Ernährung . 6. Ist es in den letzten fünf Jahren zu Gesundheitsschäden infolge verweigerter Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme gekommen? Antwort Nein.