SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/326 18. Wahlperiode 2012-11-27 Kleine Anfrage der Abgeordneten Jens-Christian Magnussen und Klaus Jensen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Fischerei im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 1. Zu welchen Themen der Fischerei plant die Landesregierung Gespräche und Überprüfungen? Im Koalitionsvertrag und im Anhang zum Koalitionsvertrag sind die verschiedenen Themen der Fischerei genannt, zu denen Gespräche und Überprüfungen für eine naturverträgliche Fischerei und Stärkung der regionalen Fischerei stattfinden sollen1. 1 Die relevanten Aussagen in Koalitionsvertrag (1-2) und Anhang (3-6) zum Thema Krabbenfischerei/Nationalpark lauten: 1. Die bestehenden Nutzungen im Nationalpark Wattenmeer werden wir auf Vereinbarkeit mit den Schutzzielen überprüfen und einen Runden Tisch mit Fischern und Naturschützern einrichten, um Lösungen für eine naturverträglichere Fischerei in Natura-2000-Gebieten zu erarbeiten. 2. Unser Ziel ist der Erhalt der regionalen handwerklichen Fischerei. Voraussetzung dafür sind überlebensfähige Fischbestän- de. Im Dialog mit Fischerei, Naturschutz und Wissenschaft wollen wir die Nachhaltigkeit der Fischerei verbessern. 3. Die Anerkennung des Nationalparks Wattenmeer als UNESCO Weltnaturerbe ist Auszeichnung und Aufgabe zugleich. Wir setzen uns für den konsequenten Schutz dieses einzigartigen Lebensraumes und seiner typischen Pflanzen- und Tierarten ein. Jegliche Nutzung muss hier mit den Schutzzielen vereinbar sein. Wir werden uns daher an einem runden Tisch mit Fischern und Naturschützern zusammensetzen, um gemeinsam Lösungen für eine naturverträglichere Fischerei insbesondere in Natura 2000-Gebieten zu erarbeiten. 4. Rechtzeitig sollen die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse im Hinblick darauf diskutiert werden, wo weitere Be- schränkungen der Fischerei oder Nullnutzungszonen erforderlich sind und welche Regelungen erforderlich sind, um sowohl dem Schutz der Natur als auch der Stärkung der regionalen Fischerei zu entsprechen. 5. Im Dialog mit Fischerei, Naturschutz und Wissenschaft wollen wir zu einer nachhaltigen Fischerei mit fairen Erträgen und Einkommensperspektiven kommen. 6. Der derzeitige Einsatz von Stellnetzen und Schleppnetzen hat erhebliche Umweltauswirkungen. Wir setzen uns für die schnellstmögliche Einführung schonender und verträglicher Fischereitechniken ein. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/326 2. In welcher Weise ist die Krabbenfischerei davon betroffen bzw. welche Ertragsausfälle befürchtet die Küstenfischerei? Darüber lassen sich keine Aussagen treffen. Die Gespräche behandelten grundsätzliche Problematiken. 3. Wie viele Krabbenfischer (Fangboote) bzw. Küstenfischer (Fangboote) gibt es in Schleswig-Holstein? In den Nordseeküstengewässern Schleswig-Holsteins sind 87 Krabbenkutter, 17 Frischfischkutter, sieben Muschelkutter und 56 Boote der Erwerbsfischerei registriert. 4. Welchen Anteil am Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer hat die Nullnutzungszone, welche Vergrößerung ist angedacht und welche sachlichen Gründe sprechen dafür? Der Anteil der im Nationalparkgesetz festgelegten Nullnutzungszone am Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer beträgt ca. 3% (12.500 ha von 4410 km²). Tatsächlich werden aber insgesamt rd. 35 % der Nationalparkfläche nicht befischt, z.B. weil es sich um trockenfallendes Watt oder Sandbänke handelt. Die Kriterien für Nationalparke oder das Bundesnaturschutzgesetz sehen demgegenüber mindestens 50% ungenutzter Nationalparkfläche vor. Über die Möglichkeit, ob und ggf. wie die fehlenden 15% erreicht werden können, hat die Landesregierung das Gespräch mit den Fischern aufgenommen. 5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung die Befischung durch große Kutter anderer Nationen zu begrenzen? Es ist der Landesregierung nicht ersichtlich, was die Fragesteller mit „große Kutter“ meinen. Innerhalb der so genannten Schollenbox, unter die die schleswig-holsteinischen Nordseeküstengewässer fallen, gilt bereits EUrechtlich für Baumkurrenfahrzeuge und damit für alle Krabbenkutter eine Größenbegrenzung von unter 24 Meter und maximal 221 kW Motorleistung. Von Teilen der schleswig-holsteinischen Krabbenfischerei wird kritisiert, dass vor allem niederländische Fischer mit sogenannten Eurokuttern (Baumkurrenfahrzeuge mit 221 kW und 23,99 m Länge) auch in den deutschen Küstengewässern zwischen 3 und 12 Seemeilen tätig sein dürfen. Sie sehen darin eine Benachteiligung, da sie in der Regel nur über kleinere Kutter mit einer geringeren Leistungsfähigkeit verfügen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/326 Die Zugangsrechte für andere Nationen in den deutschen und damit auch schleswig-holsteinischen Küstengewässern sind in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik (Grundverordnung) geregelt. Die Zugangsrechte sind nicht mit einer Größenbeschränkung bei den Fahrzeugen versehen. Für eine Regelung, die eine Größenbegrenzung von z.B. 20 Meter nur für Fischereifahrzeuge aus anderen Nationen vorschreibt, sieht die Landesregierung keine rechtliche Möglichkeit. Dies würde gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. 6. Mit welchen Abgängen auf Grund des Alters der Schiffe ist in nächster Zeit zu rechnen? Hierüber liegen den Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Der Zustand und die Lebensdauer eines Schiffes hängen nicht allein vom Alter ab. Regelmäßige Modernisierungen und Instandhaltungen können die Lebensdauer enorm verlängern. Im Schnitt sind die Kutter zwar über 30 Jahre alt, in der Regel aber technisch in einem guten Zustand. Die ältesten Fahrzeuge sind über 70 Jahre alt. 7. Mit welchen Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung den betroffenen Unternehmen finanzielle Unterstützung in der Optimierung der Schiffe zu geben ? Die Förderung von Investitionen an Bord ist nur im Rahmen des Europäischen Fischereifonds (EFF) und den dort festgelegten Regelungen möglich. Danach sind beispielsweise jegliche kapazitätserweiternden/das Fangpotential steigernde Maßnahmen und Neubauten von der Förderung ausgeschlossen. Welche konkreten Maßnahmen derzeit gefördert werden können, ist im Operationellen Programm Europäischer Fischereifonds (EFF) der Bundesrepublik Deutschland (Förderperiode 2007-2013), den Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Investitionen in der Seefischerei (IRSBMELV ) vom 20.10.2010 und den Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Kutter- und Küstenfischerei in Schleswig-Holstein vom 14.12.2009 im Einzelnen nachzulesen. Für die neue Förderperiode hat der Schleswig-Holsteinische Landtag (Drucksache 18/185) der Landesregierung Arbeitsaufträge gegeben. Der EFF läuft noch bis Ende 2013 (passive Phase bis 2015). Über den Nachfolgefonds , den Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF), wird gerade in Brüssel verhandelt. Insbesondere die zukünftigen Regelungen der Flottenförderung sind sehr umstritten, so dass sich noch keine Aussagen treffen lassen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/326 8. Mit welchen Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung – im Hinblick auf die Umsetzung der klimarelevanten EU-Emissionsrichtlinie für die Abgasstufe Tier4 durch die erhebliche Investitionen für eine Umrüstung auf die Unternehmen zukommen – den Unternehmen Kompensationen zu gewähren? Siehe Antwort zu Frage 7. 9. Welche Probleme sieht die Landesregierung ggf. bei der Grundschleppnetzfischerei der Krabbenfischer? Welche Alternativen zur Grundschleppnetzfischerei gibt es und wie werden diese von der Landesregierung bewertet? Anders als in der Plattfischfischerei mit Baumkurren kommen in der Krabbenfischerei keine schweren Kettengeschirre zum Einsatz. Die Auswirkungen auf den Meeresboden sind zwar geringer, dennoch aber kritisch zu sehen. Problematisch – insbesondere vor dem Hintergrund des diskutierten EUweiten Rückwurfverbotes – ist der relativ hohe Anteil an Beifängen, die bislang wieder über Bord gegeben werden. Es gibt in der Krabbenfischerei zu Grundschleppnetzen / Baumkurren keine Alternativen. Allerdings sieht die Landesregierung noch Potential in der Verbesserung dieser Fanggeräte. Aktuell fördert die Landesregierung beispielsweise ein Projekt unter der Federführung des von Thünen Instituts (vTI), das die Wirkung einer so genannten elektrischen Pulskurre in der Krabbenfischerei testet. Ziel ist eine Beifangreduzierung bei gleichzeitiger Minimierung des Bodenkontaktes und Reduzierung des Schleppwiderstandes (Senkung des Treibstoffverbrauchs ). Ein weiteres Projekt mit dem vTI, in dem es um die Verbesserung der NetzSelektivität geht, befindet sich in Vorbereitung. 10. Ist die Krabbenfischerei im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer aus Sicht der Landesregierung nachhaltig? Wenn nein, aus welchen Gründen? Der Landesregierung liegen keine belastbaren Untersuchungen zur Nachhaltigkeit der Krabbenfischerei im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer vor.