SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3263 18. Wahlperiode 05.08.2015 Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Glyphosat – Verbote und Genehmigungen Vorbemerkung der Landesregierung: Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat gehören zu den am häufigsten verwendeten Unkrautbekämpfungsmitteln (Herbizide) in Deutschland und können auch im Haus- und Kleingartenbereich benutzt werden. Dabei werden diese Mittel häufig in Unkenntnis angewendet, um Unkrautbewuchs etwa auf Terrassen und Garagenauffahrten, gepflasterten Plätzen und Gehwegen zu beseitigen. Rückstände dieser Mittel können mit dem nächsten Regenschauer über den Gully in die Kanalisation und damit auf direktem Wege in den Wasserkreislauf gelangen. So erklärt sich, dass es insbesondere in Siedlungsbereichen wiederholt zu unerwünschten, punktuellen Einträgen von Glyphosat in die Oberflächengewässer kommen kann. Schleswig-Holstein hat den Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz im Mai diesen Jahres begrüßt, nach dem die Anwendung von Glyphosat in Privat- und Kleingärten sowie im Bereich kommunaler Grünflächen oder Bahngleise vorläufig verboten werden soll. Vorbemerkung der Fragestellerin: Während der 50. Sitzung des Umwelt- und Agrarausschusses am 8. Juli 2015 habe ich die Landesregierung im Rahmen des Tagesordnungspunktes „Bericht des MELUR über Pflanzenschutzmittelbefunde im Grundwasser“ Fragen zu Problemen gestellt, die in Zusammenhang mit dem Breitbandherbizid Glyphosat stehen. Diese Fragen konnten während der Sitzung nicht in Gänze beantwortet werden. 1. Am 14. November 2013 berichteten die Kieler Nachrichten, dass Umweltminister Dr. Robert Habeck den Einsatz von Glyphosat verbieten lassen wolle. Unter anderem deshalb, weil Glyphosat im Grundwasser und im Urin der Menschen Drucksache 18/3263 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 nachgewiesen würde und im Verdacht stehe, Missbildungen hervorzurufen. In wie weit ist das angekündigte Verbot in Schleswig-Holstein bereits umgesetzt worden? Auf Initiative Schleswig-Holsteins wurde am 8. November 2013 im Bundesrat eine Entschließung zum Verbot der Anwendung glyphosathaltiger Herbizide im Bereich des Haus- und Kleingartens verabschiedet. Hintergrund waren die häufigen Verstöße gegen den verbotenen Einsatz dieser Mittel auf befestigten Wegen und Plätzen innerhalb und außerhalb der Gärten, von denen mittel- oder unmittelbar die Gefahr einer Abschwemmung in Gewässer besteht. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, aus vorsorglichen Gründen die rechtlichen Voraussetzungen für ein Verbot solcher Anwendungen zu schaffen. Dem stehen jedoch grundsätzliche zulassungs- und pflanzenschutzrechtliche Gründe entgegen (siehe hierzu die Stellungnahme der Bundesregierung zu BR-Drs. 704/13). Zwischenzeitlich werden von der Zulassungsbehörde, dem Bundesamt für Verbraucherschutz- und Lebensmittelsicherheit (BVL), generell keine neuen Zulassungen für Herbizide im Anwendungsgebiet von Wegen und Plätzen im Hausund Kleingartenbereich mehr erteilt. Auch wurden im letzten Jahr vom BVL Anwendungs-beschränkungen für glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel in den ackerbaulichen Anwendungsgebieten festgesetzt. Der Wirkstoffaufwand pro Hektar und Jahr sowie die Häufigkeit der Behandlungen wurden begrenzt. Des Weiteren sind Spätanwendungen in Getreide nur noch auf Teilflächen erlaubt, auf denen aufgrund von Unkrautdurchwuchs in lagernden oder stehenden Beständen eine Beerntung sonst nicht möglich wäre. Korrekturanmerkung: Der von der Fragestellerin zitierte Artikel erschien am 14. Dezember 2013 unter der Überschrift Das Boom-Gift in den Kieler Nachrichten. 2. a) Ist es korrekt, dass Glyphosat bundesweit nur noch gegen Rezept abgegeben werden darf? b) Wo sind diese Rezepte in Schleswig-Holstein erhältlich? c) Unter welchen Voraussetzungen werden die Rezepte an welche Personengruppen herausgegeben? d) Das Pflanzenschutzamt Berlin teilt mit, dass Geschäfte in Berlin Glyphosat nur unter Vorlage einer Ausnahmegenehmigung des Pflanzenschutzamtes verkaufen dürfen. Gibt es in Schleswig-Holstein eine vergleichbare Regelung und falls ja, wie sieht diese konkret aus? e) Drohen Händlern in Schleswig-Holstein, die glyphosathaltige Produkte ohne Vorlage eines Rezeptes herausgeben, Konsequenzen, und falls ja, welche? Die Fragen der Ziffern a bis e werden im Zusammenhang beantwortet. Für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf so genanntem Nichtkulturland, d.h. außerhalb von landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Flächen, ist gemäß § 12 Abs. 2 PflSchG eine Ausnahmegenehmigung erforderlich. Diese Regelung gilt bereits seit langem und für alle Bundesländer gleichermaßen. Die hierfür zuständige Behörde ist in Schleswig-Holstein die Landwirtschaftskammer. 3 Solche Genehmigungen, für die häufig der Begriff „Rezept“ verwendet wird, können nur erteilt werden, wenn „der angestrebte Zweck vordinglich ist und mit zumutbarem Aufwand auf andere Weise nicht erzielt werden kann und überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier oder des Naturhaushaltes, nicht entgegenstehen“ (§ 12 Abs. 2 S. 3 PflSchG Entsprechende Anträge können von natürlichen und juristischen Personen gestellt werden. In der Regel sind es die Besitzer oder Nutzungsberechtigten der zu behandelnden Flächen, die solche Anträge stellen. Für glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel gelten überdies seit 2003 im Handel besondere Bedingungen (§ 3 a PflSchAnwV). So muss die abgebende Person sich vorab die behördliche Ausnahmegenehmigung für den Einsatz glyphosathaltiger Herbizide vorlegen lassen, wenn die Anwendung auf einer Freilandfläche vorgesehen ist, die nicht landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt wird. Diese Rechtsvorschrift gilt bundesweit. Ihre Nichtbeachtung stellt einen Verstoß dar, der nach § 68 PflSchG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann. Für den Abgebenden besteht darüber hinaus grundsätzlich die Pflicht, beim Verkauf über die bestimmungsgemäße und sachgerechte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, insbesondere über Verbote und Beschränkungen, zu unterrichten. Bei Nichtbeachtung kann dies ordnungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Bei wiederholtem Verstoß des Abgebenden gegen die pflanzenschutzrechtlichen Vorschriften soll die Abgabe von Pflanzenschutzmitteln im Handel ganz oder teilweise für eine Dauer von bis zu fünf Jahren untersagt und der Sachkundenachweis entzogen werden (§ 23 Abs. 5 PflSchG). Zuständig für die Überwachung der Einhaltung der pflanzenschutzrechtlichen Vorschriften einschließlich der ordnungsrechtlichen Verfolgung und Ahndung von Verstößen ist die Landwirtschaftskammer. 3. a) Ist es korrekt, dass Glyphosat von manchen Händlern mit dem Hinweis verkauft wird, dass der Gebrauch des Mittels ohne Rezept nicht zulässig ist? Mit dem Hinweis, dass der Gebrauch eines glyphosathaltigen Mittels „ohne Rezept“, d. h. ohne Vorlage einer behördlichen Ausnahmegenehmigung, nicht zulässig sei, käme der Abgebende seiner pflichtgemäßen Unterrichtungspflicht nach. Dies könnte insbesondere dann vorsorglich angebracht sein, wenn das Mittel an Personen ohne Sachkundenachweis im Pflanzenschutz abgegeben wird und die Besorgnis besteht, dass das Mittel nicht ordnungsgemäß eingesetzt wird. b) Ist eine solche Veräußerung zulässig und falls nein, welche Möglichkeiten hat die Landesregierung dagegen vorzugehen? Der Verkauf wäre zulässig, sofern das glyphosathaltige Mittel nur auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Flächen gemäß dem in der Gebrauchsanleitung ausgewiesenen Anwendungsgebiet z. B. auch zur Drucksache 18/3263 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Kulturvorbereitung der Nutzflächen zum Einsatz kommt. Anderenfalls wäre für die Behandlung von Nicht-kulturlandflächen die Vorlage einer Ausnahmegenehmigung erforderlich (vergl. Beantwortung der Frage 2). 4. In der Verordnung über Anwendungsverbote für Pflanzenschutzmittel (Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung) in der Fassung vom 10.11.1992, zuletzt geändert durch Art. 1 V v. 25.11.2013 heißt es unter § 3 „Anwendungsbeschränkungen“ (Zitat): „(1) Pflanzenschutzmittel, die aus einem in Anlage 3 Abschnitt A aufgeführten Stoff bestehen oder einen solchen Stoff enthalten, dürfen nicht angewandt werden, soweit dies nach Spalte 3 verboten ist.“ In der entsprechenden Anlage heißt es dann unter „Glyphosat“ (Zitat): „Die Anwendung ist verboten“ Wie ist dieses in der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung erwähnte Verbot zu verstehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Informationen zu den Voraussetzungen veröffentlicht, unter denen der Einsatz von Glyphosat in der EU bis zum 31.12.2015 zulässig ist? Gemäß Anlage 3 Abschnitt A i. V. m. Spalte 3 der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung betrifft das Anwendungsverbot glyphosathaltiger Mittel nur folgende Flächen (Zitat): 1. auf nicht versiegelten Flächen, die mit Schlacken, Split, Kies und ähnlichen Materialien befestigt sind (Wege, Plätze und sonstiges Nichtkulturland), von denen die Gefahr einer unmittelbaren oder mittelbaren Abschwemmung in Gewässer oder Kanalisation, Drainagen, Straßenabläufe sowie Regen- und Schmutzwasserkanäle besteht, es sei denn, die zuständige Behörde schreibt mit der Genehmigung ein Anwendungsverfahren vor, mit dem sichergestellt ist, dass die Gefahr der Abschwemmung nicht besteht, 2. auf oder unmittelbar an Flächen, die mit Beton, Bitumen, Pflaster, Platten und ähnlichen Materialien versiegelt sind (Wege, Plätze und sonstiges Nichtkulturland), von denen die Gefahr einer unmittelbaren oder mittelbaren Abschwemmung in Gewässer oder Kanalisation, Drainagen, Straßenabläufe sowie Regen- und Schmutzwasserkanäle besteht, es sei denn, die zuständige Behörde schreibt mit der Genehmigung ein Anwendungsverfahren vor, mit dem sichergestellt ist, dass die Gefahr der Abschwemmung nicht besteht. Bei diesem Anwendungsverbot handelt sich demnach um eine Einschränkung des Glyphosat-Einsatzes auf befestigten oder versiegelten Flächen, bei denen die Gefahr einer Abschwemmung besteht, nicht aber um ein grundsätzliches Verbot des Wirkstoffes. Die Voraussetzung für die nationalen Zulassungen glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel beruht auf der Registrierung des Wirkstoffes, die auf der Grundlage eines EU-gemeinschaftlichen Prüfverfahrens erfolgt. Die EU-weite Wirkstoffgenehmigung als Voraussetzung für die nationale Zulassung vollzieht sich für bereits registrierte Wirkstoffe in einem Turnus von jeweils zehn Jahren. Somit erfolgt in regelmäßigen Abständen eine neue Bewertung der Wirkstoffe im Hinblick auf die Risiken für Gesundheit und Umwelt und auch der Wirksamkeit. Für den Wirkstoff Glyphosat ist der Abschluss des Re-Registrierungs-Verfahrens von der 5 EU-Kommission nach derzeitigem Stand bis zum Ende des Jahres 2015 vorgesehen. 5. Die Zulassung von Glyphosat in der EU läuft Ende 2015 aus, müsste – sofern Glyphosat in der EU weiterhin zugelassen sein soll – also zum 1. Januar 2016 erneuert werden. a) Ist der Landesregierung bekannt, wie sich die Bundesregierung in der Frage der erneuten Zulassung positioniert und falls ja, wie? Der Landesregierung ist eine eigene inhaltliche Positionierung oder Haltung der Bundesregierung zur Frage der erneuten Zulassung von Glyphosat nicht bekannt. Die Entscheidung zur erneuten Registrierung des Wirkstoffes Glyphosat wird letztendlich die EU-Kommission auf der Grundlage der Schlussfolgerungen der EFSA und des Bewertungsberichtes treffen. Eine Abstimmung über einen entsprechenden Verordnungsentwurf erfolgt dann im Ständigen Ausschuss in Brüssel, bei dem die Mitgliedstaaten, so auch Deutschland, ihre Positionen in die Diskussion einbringen können. Eine Position der Bundesregierung und ggf. der Länder wird somit erst möglich und zu erwarten sein, wenn die Schlussfolgerungen der Gesamtbewertung durch die EFSA vorliegen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft informiert die Öffentlichkeit derweil laufend auf seiner Homepage über den Ablauf und aktuellen Stand des Prüfverfahrens, die Aufgaben und Zuständigkeiten der beteiligten Bundesoberbehörden sowie deren Bewertungsergebnisse und Empfehlungen an die EU-Kommission. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse der erneuten Wirkstoffbewertung am 2. Juli 2015 auch in einem öffentlichen Fachgespräch im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages von den Experten des BVL als Zulassungsbehörde und den beteiligten Bewertungsbehörden erläutert. Die Ziffern b und c werden gemeinsam beantwortet. b) Wie beurteilt die Landesregierung aktuell die erneute Zulassung? c) Begleitet die Landesregierung das aktuelle Verfahren zur Neuzulassung von Glyphosat und falls ja, was unternimmt die Landesregierung? Die Landesregierung steht einer erneuten Registrierung des Wirkstoffes Glyphosat sehr kritisch gegenüber und verfolgt das Wiedergenehmigungsverfahren mit hoher Aufmerksamkeit. Eine aktive Begleitung bzw. Beteiligung im Prüfverfahren ist für die Bundesländer allerdings nicht vorgesehen. 6. Prof. Monika Krüger von der Universität Leipzig untersucht derzeit, ob zwischen glyphosathaltigen Futtermitteln und Missbildungen bei Schweinen ein Zusammenhang besteht. Aus Südamerika sind Studien bekannt, die einen Zusammenhang zwischen Missbildungen bei Menschen und dem Einsatz von Glyphosat feststellen. Teilt die Landesregierung die Auffassung, Drucksache 18/3263 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 a) dass diese Zusammenhänge wissenschaftlich besser untersucht werden müssen? b) dass eine erneute Zulassung von Glyphosat nur unter der Maßgabe erfolgen darf, dass die vermuteten Zusammenhänge (Missbildungen) zweifelsfrei ausgeschlossen werden können? Die Ziffern a und b werden zusammen beantwortet. Die Landesregierung teilt die Auffassung, dass bei einer erneuten Genehmigung des Wirkstoffes Glyphosat eine frucht- oder entwicklungsschädigende Wirkung zweifelsfrei ausgeschlossen sein muss. Anderenfalls müsste umgehend geprüft werden, welche wissenschaftlichen Untersuchungen ggf. auch mit öffentlichen Mitteln zur weiteren Abklärung notwendig sind. Das für die gesundheitliche Bewertung zuständige Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stellte im Rahmen der neuerlichen Risikobewertung für Glyphosat fest, dass Hinweise auf entwicklungstoxische Wirkungen – unter vorrangiger Berücksichtigung zahlreicher neuer richtlinienkonformer Studien an Ratten und Kaninchen – nicht vorliegen (siehe aktualisierte FAQ des BfR vom 24. Juli 2015). 7. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) untersucht für die Bundesregierung die Risiken von Glyphosat. Kritiker werfen dem BfR vor, sich bei der Bewertung maßgeblich auf solche Studien zu beziehen, die von der Chemie- und Agrarindustrie finanziert worden sind. Zudem sollen in der vom BfR eingesetzten Expertengruppe Vertreter der Chemie- und Agrarindustrie sitzen. Vorbemerkung: Die Landesregierung geht davon aus, dass mit der genannten Expertengruppe die „BfR-Kommission für Pflanzenschutzmittel und ihre Rückstände“ gemeint ist. Die Fragen der Ziffern a und b werden zusammen beantwortet. a) Kann die Landesregierung diese Kritikpunkte bestätigen bzw. widerlegen? b) Ist es der Landesregierung möglich, Einblick in die Zusammensetzung und Arbeitsweise der Glyphosat-Expertengruppe des BfR zu nehmen? Die Landesregierung kann zurzeit weder bestätigen noch widerlegen, ob das BfR sich bei seiner Bewertung maßgeblich auf industriefinanzierte Studien bezieht, da sie bislang keinen Einblick in den gesundheitlichen Bewertungsbericht genommen hat. Die Zusammensetzung der BfR-Kommissionen sowie die Sitzungsprotokolle sind auf der Homepage des BfR einsehbar. Diese Expertengruppen fungieren als externe ehrenamtlich arbeitende Beratungsgremien. Der Arbeitsweise liegen entsprechende Geschäfts-ordnungen zugrunde. Jedes Mitglied ist verpflichtet, eine 7 Erklärung über eventuelle Interessenkonflikte abzugeben, die auf der BfRHomepage veröffentlicht werden. Die BfR-Kommissionen, darunter auch die BfR-Kommission für Pflanzenschutzmittel und ihre Rückstände, sind an der Erstellung des gesundheitlichen Bewertungsberichtes für Glyphosat nicht beteiligt, d. h. sie nehmen grundsätzlich keine hoheitlichen Aufgaben wahr. Im Hinblick auf weitere Informationen zu den Aufgaben und der Zusammensetzung der BfR-Kommissionen wird auf die Bundestagsdrucksache 17/10373 verwiesen. c) Sofern angenommen werden muss, dass die Kritik am BfR sachlich nicht zu begründen ist: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, dass dem BfR entgegengebrachte Misstrauen abzubauen? Vertrauen kann durch mehr Transparenz und Information geschaffen werden. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass das BfR sich in dieser Hinsicht in durchaus anerkennenswerter Weise bemüht, siehe zum Beispiel die aktuell veröffentlichte umfassende FAQ zur gesundheitlichen Bewertung von Glyphosat. Weitere Bemühungen um Aufklärung und Veröffentlichung zeitnaher Information für die VerbraucherInnen sowie für die allgemeine Öffentlichkeit und Politik sollten insbesondere bei neu aufkommenden Themen jedoch stetig folgen. 8. a) Teilt die Landesregierung die Auffassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wonach Glyphosat „wahrscheinlich krebserzeugend“ ist? b) Falls nicht, wie begründet die Landesregierung ihre Einschätzung? Die Fragen der Ziffern a und b werden gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung kann sich hierzu nicht abschließend äußern. Die von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) bei der WHO vorgenommene Einstufung von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ wurde im März 2015 nur in Form eines Kurzberichtes veröffentlicht. Das BfR hat zu dieser Veröffentlichung Stellung genommen und mitgeteilt, dass die vorgenommene Einstufung wissenschaftlich nicht nachvollzogen werden könne (s. Mitteilung 007/2015 des BfR vom 23. März 2015). Ein anderes Gremien, das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der WHO/FAO das für die Bewertung von Rückständen und der damit verbundenen Risiken für die Gesundheit des Menschen zuständig ist, hat den Wirkstoff Glyphosat bislang als nicht krebserregend eingestuft. Die divergierenden Auffassungen der beiden Gremien zum Krebsrisiko von Glyphosat sollen im nächsten Schritt WHOintern geklärt werden. Die Ende Juli 2015 veröffentlichte vollständige Monografie der IARC kommt erwartungsgemäß zu demselben im März bekanntgegebenen Ergebnis, gleichwohl bleibt zunächst der Widerspruch zum JMPR bestehen. Die Landesregierung ist nicht in der Lage und es ist nicht ihre Aufgabe, zu den komplexen wissenschaftlichen Zusammenhängen kurzfristig eine eigene wissenschaftliche Bewertung zu erarbeiten. Eine Beurteilung der Belastbarkeit der einzelnen zitierten Drucksache 18/3263 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 8 Untersuchungen ist ausgesprochen schwierig und sollte den dafür kompetenten Institutionen überlassen werden. Die vollständige IARC-Monographie wird sowohl vom BfR als auch von den europäischen Bewertungsbehörden wie Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der Europäischen Agentur für chemische Stoffe (ECHA) gründlich zu prüfen sein. Das Ergebnis wird in die Gesamtbewertung von Glyphosat einfließen. Ggf. werden weitere Untersuchungen erforderlich sein. Grundsätzlich ist die Landesregierung allerdings der Auffassung, dass bei derartig schwieriger Datenlage eine Zulassung über Ende 2015 hinaus im Sinne des Vorsorgeprinzips kritisch zu bewerten ist.