SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3307 18. Wahlperiode 15-09-03 Kleine Anfrage des Abgeordneten Johannes Callsen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Breitbandversorgung in Schleswig-Holstein IV 1. Welche Breitband-Förderprogramme halten das Land, und nach ihrer Kenntnis , der Bund und die Europäische Union aktuell vor (spezifische Breitbandförderung sowie Förderprogramme, die u. a. auch den Breitbandausbau abdecken , unter Angabe der Förderperiode und des Fördervolumens)? Antwort: Für die jetzt laufende Förderperiode 2014 - 2020 gibt es folgende Breitbandförderprogramme des Landes, des Bundes und der Europäischen Union: - Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes " (GAK), - Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), - Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GRW), - Landesprogramm Wirtschaft (LPW), - Sondervermögen Breitband (Landesmittel). Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kann in dieser Förderperiode aufgrund der Vorgaben der EU nicht mehr für investive Breitbandmaßnahmen eingesetzt werden. Die Landesregierung beabsichtigt nach derzeitigem Stand, aus den oben genannten Programmen rund 50 Mio. € an Fördermitteln für den Breitbandausbau bereitzustellen. Hinzu kommen aktuell rund 21 Mio. € aus den Erlösen aus der Versteigerung der Digitalen Dividende II (Landesanteil). Der Bund beabsichtigt , seinen Anteil an diesen Erlösen (rund 665 Mio. €) ebenfalls für den Breitbandausbau nach noch festzulegenden Förderrichtlinien einzusetzen; wie viele Mittel davon nach Schleswig-Holstein fließen werden, ist offen, da der Drucksache 18/3307 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Bund nach derzeitigem Stand keine Länderquoten festlegen wird. Zudem hat die Landesregierung durch Änderung des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) nach § 15 Absatz 4 i.V.m. § 4 Absatz 2 Satz 1 zusätzlich 11,5 Mio. € jährlich bereitgestellt, die die Kreise und kreisfreien Städte nach eigener Entscheidung für Straßenbau, ÖPNV einschließlich Barrierefreiheit und auch für Breitband einsetzen können. Des Weiteren könnte der Europäische Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) Möglichkeiten für die Breitbandförderung bieten; Details hierzu sind aber noch nicht bekannt (siehe auch Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Johannes Callsen "Breitbandversorgung in Schleswig-Holstein III - EFSI", Drucksache 18/3306). 2. Wie beurteilt die Landesregierung den derzeitigen Ausbaustand mit schnellem Breitband in Schleswig-Holstein (bitte alle Techniken mit einbeziehen)? Antwort: Der Breitbandatlas des Bundes (www.zukunft-breitband.de) zeigt auf, dass Schleswig-Holstein bei der dort ausgewiesenen höchsten Bandbreitenkategorie von mehr als 50 Mbit/s (alle Technologien) Ende 2014 mit 69,9% Abdeckung der Bevölkerung unter den Flächenländern den zweitbesten Wert nach Nordrhein-Westfalen (73,4%) aufwies. Der Bundesdurchschnitt (einschließlich Stadtstaaten) liegt bei 66,4%. Darüber hinaus hat das Breitband-Kompetenzzentrum Schleswig-Holstein (BKZSH) eine eigene Analyse der Versorgung mit Glasfaseranschlüssen vorgenommen (FTTB = Fiber to the Building sowie FTTH = Fiber to the Home), und zwar die realisierten sowie die konkret in Bau befindlichen Maßnahmen: Danach können 23% der Haushalte in Schleswig-Holstein bereits einen Glasfaseranschluss erhalten; auf Bundesebene hat das WIK (Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste, Bad Honnef) einen Wert von 2,6% ermittelt. 14% der Haushalte in Schleswig-Holstein haben einen solchen Glasfaseranschluss auch bereits gebucht. Im Mobilfunkbereich hat Schleswig-Holstein bei dem derzeit leistungsfähigsten Mobilfunkstandard LTE (Long Term Evolution) mit 96,5 % die beste LTEVerfügbarkeit aller Flächenländer. Durch die in diesem Jahr erfolgte Vergabe unter anderem der Frequenzen im Bereich 700 MHz ("Digitale Dividende II") ist aufgrund der den Mobilfunkanbietern auferlegten Versorgungsauflagen von einer weiteren quantitativen und qualitativen Verbesserung der Mobilfunkversorgung auszugehen. 3. Welche Maßnahmen wurden von der Landesregierung in den vergangen drei Jahren unternommen, um die Breitbandversorgung in Schleswig-Holstein auszubauen und den Zustand zu verbessern (bitte nach Jahren gegliedert, Antragsteller, Ausbaugebiet, Kreis, Projektkosten, Fördersatz, Bewilligungsdatum , gesamte Förderung)? Antwort: Fördermittel wurden in den Jahren 2012, 2013 und 2014 wie folgt bewilligt: GAK: 1.017 T€/ 2.500 T€/ 1.500 T€, ELER: 250 T€/ 250 T€/ -, 3 EFRE: 181 T€/ -/ -, Landesmittel: -/ 1.904 T€/ 1.904 T€. Eine Auflistung nach Antragsteller, Ausbaugebiet, Kreis, Projektkosten, Fördersatz , Bewilligungsdatum, gesamte Förderung kann in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht geliefert werden. Die Breitbandpolitik der Landesregierung besteht allerdings nicht nur aus direkten Fördermaßnahmen. Mindestens genauso wichtig sind darüber hinaus die weiteren Unterstützungsmaßnahmen, die die Projektträger in die Lage versetzen sollen, ihre Projekte erfolgreich durchzuführen. Zu nennen sind vor allem: - Schaffung, Förderung und Erweiterung des BKZSH als zentraler Beratungs - und Koordinierungseinrichtung, - Unterstützung durch die Investitionsbank Schleswig-Holstein IB.SH (zinsgünstige Darlehen, Beratung der Projektträger und der Hausbanken etc.), - Zinssubventionierungsprogramm des Landes (Abwicklung über die IB.SH) - Landesbürgschaften für Breitbandprojekte, - Realisierung von Synergiepotenzialen beim Breitbandausbau (Kostensenkungsmaßnahmen ), - Beratung in beihilferechtlichen Fragen, Begleitung bei genehmigungsrechtlichen und anderen projektbezogenen Problemen, - Einsetzung eines Lenkungsausschusses Breitbandstrategie, - Begleitung der Anbieter, - Akquisition von Investoren und Betreibern, - Information und Koordination der Marktakteure (vor allem Breitbandforum sowie Runder Tisch Breitband). 4. Wie hoch waren die privaten Investitionen, die durch staatliche Förderung ausgelöst worden sind? Antwort: Eine Beantwortung dieser Frage ist in der gestellten Form nicht möglich. Die Systematik der Breitbandförderung besteht aufgrund der beihilferechtlichen Vorgaben der EU-Kommission darin, dass Förderung nur dort eingesetzt wird, wo eine marktgetriebene Breitbandversorgung nicht erfolgt. Damit soll eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs und der grundsätzlich durch die Anbieter selbst zu leistenden Investitionen vermieden werden. Dazu fördert die öffentliche Hand entweder die beim Ausbau in unwirtschaftlichen Gebieten entstehende Wirtschaftlichkeitslücke (Deckungslückenmodell) oder sie baut selbst eine passive Infrastruktur auf, für dann ein privater Betreiber gewonnen wird (Betreibermodell). Durch Ausschreibungsverfahren soll in beiden Fällen gewährleistet werden, dass die öffentliche Hand nur die unrentierlichen Kosten übernimmt. 5. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung zum Auf- und Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen und wo sieht sie ggf. Optimierungsbedarf? Antwort: Drucksache 18/3307 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Die Landesregierung hat sich mit ihrer von einem breiten Konsens aller Akteure getragenen Breitbandstrategie aus dem Jahre 2013 als erstes und bisher einziges Bundesland für ein Infrastrukturziel entschieden, nämlich eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaser bis in die Gebäude bzw. Haushalte bis 2030 (bis 2025 mindestens 90%). Die Landesregierung hat diese Entscheidung einerseits vor dem Hintergrund der ständig steigenden Bandbreitenbedarfe getroffen; andererseits war entscheidend, dass Glasfaser nach Auffassung aller maßgeblichen Experten die zukunftssicherste und nachhaltigste Breitbandtechnologie ist. Um den Regionen, die zunächst nicht mit Glasfaser versorgt werden können, Perspektiven zu bieten, sind aus Sicht der Landesregierung Zwischenlösungen mit allen geeigneten Technologien sinnvoll ; diese müssen aber kompatibel zum Langfristziel sein. Die Landesregierung hält das Ziel der Breitbandstrategie angesichts des bereits erreichten Ausbaustandes, des hohen Engagements aller Akteure (vor allem der regionalen Akteure wie Stadtwerke, Breitbandnetzgesellschaften oder kommunale Breitbandzweckverbände) sowie der Wirksamkeit der Breitbandpolitik (siehe Antwort zu Frage 3) für erreichbar. Voraussetzung hierfür ist aber ein weiterhin hohes und gleichgerichtetes Engagement aller Anbieter und Verbände sowie der Kommunen und des Landes, ergänzt um eine ausreichende finanzielle Unterstützung durch den Bund und die EU. Die Landesregierung wird die Umsetzung und Wirksamkeit der Breitbandstrategie in regelmäßigen Abständen überprüfen und bei Bedarf Anpassungen vornehmen. 6. a) Wie viele Landes-, Bundes- und Europamittel standen für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur in Schleswig-Holstein in den vergangenen drei Jahren generell zur Verfügung und welche konnten tatsächlich abgerufen werden (bitte nach Jahren gegliedert)? b) Wie erklärt sich ggf. die Lücke zwischen zur Verfügung gestellten Mitteln und tatsächlich abgerufenen Mitteln (Land, Bund, EU)? Antwort: Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. Die Mittel sind jeweils durch vorliegende Anträge ausgeschöpft worden. 7. Wie viele Landesmittel beabsichtigt die Landesregierung in den kommenden Jahren für den Breitbandausbau in Schleswig-Holstein zur Verfügung zu stellen und wie viele Mittel erwartet sie bisher sicher vom Bund und der EU? Antwort: Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. 8. Welche Maßnahmen und Förderprogramme wird die Landesregierung in den kommenden Jahren ergreifen bzw. auflegen, um den Zustand (in privaten Haushalten und Gewerbebetrieben) zu verbessern; insbesondere unter Berücksichtigung des ländlichen Raums und der Größe der Gemeinden? Antwort: 5 Ergänzend zu den Antworten zu den Fragen 1, 3 und 5 arbeitet die Landesregierung derzeit an folgenden neuen oder zusätzlichen Maßnahmen: - Landesbackbone-Konzept: Die Landesregierung prüft, inwieweit Synergieeffekte zwischen dem Ausbau von öffentlichen Netzen (Anschluss von Verwaltungen auf Landes- und kommunaler Ebene, von Polizeidienststellen , von Schulen etc. an Hochgeschwindigkeitsnetze) sowie dem Breitbandausbau realisiert werden können. Die Idee besteht darin, eine Art Backbone-Netz für nicht hinlänglich erschlossene öffentliche Dienststellen zu schaffen, das dann auch für den Breitbandausbau in den weißen Flecken mitgenutzt werden kann. Dabei sollen vorhandene Breitbandinfrastrukturen genutzt werden, um Doppelinvestitionen zu vermeiden. Dieses Konzept stellt bundesweites Neuland dar und muss unter rechtlichen (vor allem beihilferechtlichen), wirtschaftlichen und technischen Aspekten noch sorgfältig geprüft werden. - Förderung des Breitbandanschlusses von Gewerbegebieten: Dieser neue Förderbereich, mit dem der Bedarf der gewerblichen Wirtschaft stärker Rechnung getragen werden soll, wird derzeit erarbeitet. - Nutzung der Erlöse aus der Versteigerung der Digitalen Dividende II: Die Landesregierung erstellt derzeit ein Konzept zur Nutzung dieser Erlöse. Zudem drängt die Landesregierung gemeinsam mit allen Ländern (Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz vom Juni 2015 auf Vorschlag von Schleswig-Holstein) den Bund dazu, sein Breitbandförderprogramm aus den Erlösen der Digitalen Dividende II eng mit den Ländern abzustimmen , um Probleme bei der Umsetzung zu vermeiden.