SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/334 18. Wahlperiode 2012-11-29 Kleine Anfrage des Abgeordneten Hans-Jörn Arp (CDU) und Antwort der Landesregierung –Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räu- me Höhe der Ausgleichsforderung für den Fehmarnbelt-Tunnel Vorbemerkung der Landesregierung: Für die schleswig-holsteinische Landesregierung gilt der deutsch-dänische Staats- vertrag über eine Feste Fehmarnbeltquerung. Die Landesregierung sieht ihre Aufga- be darin, die dänische Planungsgesellschaft Femern A/S hinsichtlich rechtssicherer Planfeststellungsunterlagen zu beraten und dabei den fachlich begründeten Schutz von Mensch und Umwelt bei der Realisierung des Projektes zu gewährleisten. In die- sem Sinne führt die Landesregierung mit der Planungsgesellschaft Femern A/S be- reits seit dem Jahr 2009 zu verschiedenen vorhabenrelevanten Themen, so auch hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Eingriffs-Ausgleichsermittlung, Beratungsge- spräche auf Arbeitsebene durch. Dieses Vorgehen ist bei allen Großvorhaben in Schleswig-Holstein, z. B. der Elbvertiefung oder der Verlegung von Offshore-Kabeln gängige Praxis und wird seit vielen Jahren erfolgreich durchgeführt. 1. In welcher Größe plant die Landesregierung Ausgleichsflächen von der Betrei- bergesellschaft einzufordern? 2. In welcher Höhe wird von der Landesregierung ein Ausgleichsbetrag gefordert? Die Fragen 1 und 2 werden zusammenfassend beantwortet. Drucksache 18/334 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Gemäß § 15 Absatz 2 BNatSchG ist der Verursacher eines Eingriffs verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen oder zu ersetzen. Sind Ausgleich- oder Ersatzmaßnahmen nicht möglich, so hat gemäß § 15 Absatz 6 BNatSchG der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten (Ersatzzahlung). Art und Maß der Aus- gleich- und Ersatzmaßnahmen sowie ggf. von Ersatzzahlungen werden gut- achterlich ermittelt und als Bestandteil der Planfeststellungsunterlagen der Zu- lassungsbehörde vorgelegt. Die Landesregierung bezieht sich bei ihren diesbezüglichen Beratungen der Planungsgesellschaft Femern A/S auf einschlägige Kommentierungen der Rechtslage zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, fachliche Konventio- nen der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung sowie fachliche Empfehlungen zur Eingriffs-Ausgleichsermittlung im schleswig-holsteinischen Straßenbau und bei der Verlegung von Offshore- Kabeln in den schleswig-holsteinischen Küstengewässern. Der mit einer prognostizierten Lebensdauer von 120 Jahren zu errichtende Ab- senktunnel wird in einem dafür ausgehobenen Graben in den Meeresboden eingebracht, mit ortsfremden Sanden und Kiesen stabilisiert und letztlich mit ei- ner Steinschüttung abgedeckt. Dadurch erfolgt eine vollständige Veränderung des gewachsenen Meeresbodens, der damit zum Träger eines technischen Bauwerkes wird. Die Regeneration der Meeresumwelt wird auf Basis von Mo- dellrechnungen des Vorhabenträgers mit 15 bis 22 Jahren veranschlagt. Aus Sicht der Landesregierung ist damit unstrittig, dass ein geplanter Ab- senktunnel einen erheblichen und dauerhaften Eingriff in die Meeresumwelt darstellt, der fachlich angemessen zu kompensieren ist. Hinsichtlich der Höhe der Kompensation empfiehlt die Landesregierung der Planungsgesellschaft Femern A/S sich an den fachlichen Empfehlungen für die Kompensation der Offshore-Kabel zu orientieren und diese an die Besonderheiten eines Ab- senktunnels dieser Größenordnung anzupassen. Demnach erscheint der Lan- desregierung nach einer ersten kursorischen Prüfung ein überwiegender Ein- griffsfaktor von bis zu 1 (Verhältnis Eingriff zu Ausgleich 1:1) als möglicher Maßstab. Eine detaillierte Ermittlung und Begründung der tatsächlichen Kom- pensation ist der gutachterlichen Arbeit vorbehalten. 3. In welchem Verhältnis sollen nach Auffassung der Landesregierung die Kom- pensation von Ausgleichsflächen und Ausgleichsbetrag für den Fehmarnbelt- Tunnel zueinander stehen? Die abschließende Ermittlung der tatsächlich erforderlichen Kompensation er- folgt in Abhängigkeit von den Ergebnissen der gutachterlichen Arbeit. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 1 und 2 verwiesen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/334 3 4. Wäre der geforderte Ausgleich von der geplanten Bundeskompensationesver- ordnung (BKompV) gedeckt? Wenn nein, warum nicht? Die Bundeskompensationsverordnung liegt derzeit als nicht innerhalb der Bun- desregierung abschließend abgestimmter Entwurf des Bundesumweltministeri- ums vor. Eine diesbezügliche Bewertung ist derzeit nicht möglich. 5. Wäre – vergleichbar mit den Windkraftanlagen – ein vor 2017 genehmigter Fehmarnbelt-Tunnel von der geplanten BKompV überhaupt betroffen? Wenn nein, warum nicht? Siehe Beantwortung der Frage 4. 6. Seit wann werden Ausgleichsforderungen im Verhältnis 1:1 von der Landesre- gierung gegenüber der Betreibergesellschaft erhoben und hat es davor andere Ausgleichsforderungen gegeben? Wenn ja, welche? Bei den umfangreichen Beratungen hat die Landesregierung die Planungsge- sellschaft Femern A/S darauf hingewiesen, dass gemäß § 17 Absatz 4 BNatSchG durch den Verursacher eines Eingriffs erforderliche Angaben zu Ort, Art, Umfang und zeitlichen Ablauf des Eingriffs sowie zu vorgesehenen Maß- nahmen zur Vermeidung, zum Ausgleich und zu Ersatz der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft vorzulegen sind. Im Übrigen wird auf die Beantwor- tung der Fragen 1 und 2 verwiesen. 7. Seit wann hatte der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume die Absicht, den jetzigen Kompensationsfaktor anzusetzen? Der Fachminister gibt fachliche Empfehlungen. Dies erfolgte zuletzt mit einem Schreiben auf Arbeitsebene an die Planungsgesellschaft Femern A/S im Sep- tember 2012. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung und die Beantwortung der Fragen 1, 2 und 6 verwiesen. 8. Seit wann hatte der Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie davon Kenntnis, dass die Landesregierung diesen Kompensationsfaktor für die Realisierung des Fehmarnbelt-Tunnels ansetzen will? Die Beratungen zu den umwelt- und naturschutzfachlichen Themen erfolgen durch das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume. Drucksache 18/334 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie ist über die noch nicht abgeschlossenen Beratungen zu der naturschutzrechtlichen Ein- griffs-Ausgleichsermittlung informiert. 9. Wann wurde im Kabinett der schleswig-holsteinischen Landesregierung über den veranschlagten Kompensationsfaktor beraten und ggf. welcher Beschluss gefasst? Zu den unter Frage 6 dargestellten Verursacherpflichten und der fachlichen Be- ratung des Vorhabenträgers bedarf es keiner Kabinettsbefassung. 10. Wie ist die schleswig-holsteinische Landesregierung zu der Erkenntnis gelangt, den Kompensationsfaktor neu verhandeln zu wollen und auf welcher gesetzli- chen Grundlage handelt die Landesregierung? Verhandlungen über Kompensationsfaktoren finden nicht statt. Die Landesre- gierung berät die Planungsgesellschaft Femern A/S hinsichtlich der Ermittlung des Eingriffs-Ausgleichsverhältnisses. Dieser Beratungsprozess auf Arbeits- ebene dauert noch an. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung und Beantwortung der Fragen 1, 2 und 6 verwiesen. 11. Wurden ggf. Gutachten in die Beratungen der Landesregierung einbezogen? Welche waren dies und wie wurden diese bewertet? Siehe Vorbemerkung und Beantwortung der Fragen 1, 2 und 6. 12. Plant die Landesregierung Projekte oder Organisationen mit den zu erzielenden Einnahmen aus Ausgleichszahlungen zu fördern? Wenn ja, welche? Wenn nein, wofür sollen die Ausgleichszahlungen dann verwendet werden? Ob und ggf. in welcher Höhe Ersatzzahlungen erforderlich werden, kann erst nach der abschließenden gutachterlichen Eingriffs-Ausgleichsermittlung durch die Zulassungsbehörde festgestellt werden. Gemäß § 15 Absatz 6 BNatSchG i.V.m. § 9 Absatz 5 LNatSchG ist die Ersatz- zahlung zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Land- schaftspflege, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht, sowie zur Sicherung des angestrebten Erfolges zu ver- wenden. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/334 5 13. Wie ist die schleswig-holsteinische Landesregierung zu der Erkenntnis gelangt, dass die von ihr vertretene Einschätzung des Eingriffs als dauerhafte Beein- trächtigung von Flora und Fauna des Meeresbodens zu werten ist? Siehe Beantwortung der Fragen 1 und 2. 14. Hat die Landesregierung ggf. Erkenntnisse darüber, ob man die erhobenen Forderungen gegenüber der Betreibergesellschaft Einfluss auf den geplanten Fertigstellungstermin haben werden? Wenn ja, welche? Die Landesregierung sieht sich auch bei diesem Vorhaben in ihrer Auffassung bestärkt, dass die frühzeitige Beratung von Vorhabenträgern sich positiv auf die Durchführung von Zulassungsverfahren auswirkt. 15. Wie bewertet die schleswig-holsteinische Landesregierung im Hinblick auf die während des Antrittsbesuches ihres Ministerpräsidenten in Kobenhagen im Ok- tober 2012 gemachten Aussagen bzgl. der Durchführung des Fehmarnbeltpro- jektes? Für die schleswig-holsteinische Landesregierung gilt der deutsch-dänische Staatvertrag über eine Feste Fehmarnbeltquerung sowie die sonst geltenden Rechtsnormen. Die vom Ministerpräsidenten in Kopenhagen getätigten Aussa- gen stehen dazu nicht im Widerspruch.