SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3368 18. Wahlperiode 2015-09-28 Kleine Anfrage der Abgeordneten Johannes Callsen und Astrid Damerow (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Möglichkeiten für Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge Vorbemerkung Arbeitsgelegenheiten für Geduldete und Gestattete, die zum Rechtskreis des Asylbewerberleistungsgesetzes (AslybLG) gehören, sind in § 6 AsylbLG geregelt . Dort heißt es: Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) § 5 Arbeitsgelegenheiten (1) In Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylverfahrensgesetzes und in vergleichbaren Einrichtungen sollen Arbeitsgelegenheiten insbesondere zur Aufrechterhaltung und Betreibung der Einrichtung zur Verfügung gestellt werden; von der Bereitstellung dieser Arbeitsgelegenheiten unberührt bleibt die Verpflichtung der Leistungsberechtigten, Tätigkeiten der Selbstversorgung zu erledigen. Im Übrigen sollen soweit wie möglich Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen, bei kommunalen und bei gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellt werden, sofern die zu leistende Arbeit sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde. Drucksache 18/3368 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 (2) Für die zu leistende Arbeit nach Absatz 1 Satz 1 erster Halbsatz und Absatz 1 Satz 2 wird eine Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro je Stunde ausgezahlt . (3) Die Arbeitsgelegenheit ist zeitlich und räumlich so auszugestalten, daß sie auf zumutbare Weise und zumindest stundenweise ausgeübt werden kann. (4) Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet. Bei unbegründeter Ablehnung einer solchen Tätigkeit besteht kein Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz. Der Leistungsberechtigte ist vorher entsprechend zu belehren. (5) Ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung werden nicht begründet. § 61 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes sowie asyl- und ausländerrechtliche Auflagen über das Verbot und die Beschränkung einer Erwerbstätigkeit stehen einer Tätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4 nicht entgegen . Die Vorschriften über den Arbeitsschutz sowie die Grundsätze der Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung finden entsprechende Anwendung. 1. a) Welche Arten von Arbeitsgelegenheiten gibt es in den zentralen Aufnahmestellen und deren Außenstellen? b) Wie viele Flüchtlinge nutzen jeweils in den Jahren von 2013 bis heute diese Möglichkeit und wie wird darauf aufmerksam gemacht? c) Für wie viele Stunden und für welche Tätigkeiten wurden jeweils in den Jahren von 2013 bis heute Aufwandsentschädigungen ausgezahlt? Antwort: Wegen des Sachzusammenhanges werden die Frage 1a) bis c) zusammen beantwortet. Die Möglichkeit für Arbeitsgelegenheiten hat angesichts der inzwischen sehr kurzen Dauer des Aufenthaltes in den Erstaufnahmeeinrichtungen keine Relevanz. Angaben zur Art der Arbeitsgelegenheiten, der Zahl der Nutzerinnen und Nutzer sowie dem Stundenumfang sind deshalb nicht möglich . 2. a) Welche Arten von Arbeitsgelegenheiten gibt es in den Übergangswohnheimen und Notunterkünften in Schleswig-Holstein? b) Wie viele Flüchtlinge nutzten jeweils in den Jahren von 2013 bis heute diese Möglichkeiten und wie wird darauf aufmerksam gemacht? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3368 3 c) Für wie viele Stunden und für welche Tätigkeiten wurden jeweils in den Jahren von 2013 bis heute Aufwandsentschädigungen ausgezahlt? Auf die Antwort zu 1. wird verwiesen. 3. a) Welche Arbeitsgelegenheiten werden bei welchen staatlichen, kommunalen oder gemeinnützigen Trägern in Schleswig-Holstein angeboten? Antwort: Arbeitsgelegenheiten werden in Schleswig-Holstein sowohl von den Städten, Ämtern und Gemeinden als auch von Wohlfahrtsverbänden in sehr unterschiedlichem Maße und auch nicht ständig angeboten. Sie stehen zumeist im Zusammenhang mit der Verwaltung der kommunalen Gemeinschaftsunterkünfte und dem Empfang neu angekommener Asylsuchender (Lotsendienste). Angaben darüber, welcher konkrete Träger welche konkreten Arbeitsgelegenheiten anbietet, liegen der Landesregierung nicht vor. b) Wie wird darauf aufmerksam gemacht und wie viele dieser Angebote werden tatsächlich genutzt? Antwort: Soweit Angebote vorgehalten werden, werden die Asylsuchenden in der Regel durch die Verwaltungen oder den Helferkreisen persönlich angesprochen oder aber es erfolgt eine Information durch die Betreuer in den Unterkünften. Angaben darüber, wie viele der Angebote tatsächlich genutzt werden, liegen der Landesregierung nicht vor. c) Welche Erfahrungen wurden bisher gemacht? Antwort: Die mit der Möglichkeit für Arbeitsgelegenheiten gemachten Erfahrungen sind mit denen im sonstigen Erwerbsleben vergleichbar. In der Regel werden die Angebote gerne genutzt und wirken sich sinnstiftend und motivationsfördernd aus. Es gibt aber auch Asylsuchende, die wenig bis kein Interesse an einer solchen Tätigkeit zeigen. Drucksache 18/3368 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 4. Welche finanziellen Auswirkungen durch zusätzliche Ausgaben oder mögliche Einsparungen entstehen für die Kommunen durch Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge? Antwort: Gemäß § 5 Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz wird für die im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit nach Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz und Abs. 1 Satz 2 eine Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro je Stunde ausgezahlt. Im Jahr 2014 betrugen die Ausgaben des Landes für Arbeitsentgelte gemäß § 5 Asylbewerberleistungsgesetz rd. 109.000 Euro brutto (Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 13 Reihe 7, 2014). Angaben über die finanziellen Auswirkungen, die den Kommunen durch Arbeitsgelegenheiten entstehen, liegen der Landesregierung im Übrigen nicht vor. 5. a) Ist der Landesregierung bekannt, ob und wie viele Flüchtlinge welche ehrenamtlichen Tätigkeiten ausüben? Antwort: Flüchtlinge können sich in allen Engagementfeldern betätigen, u.a. in den Willkommensvereinen und Flüchtlingsinitiativen. Sie machen von dieser Möglichkeit auch Gebrauch. Die Anzahl der ehrenamtlich engagierten Flüchtlinge kann jedoch nicht ermittelt werden. Die Vereine und Initiativen arbeiten unabhängig und ohne Berichtspflichten gegenüber dem Land. b) Wo und wie wird diese Möglichkeit auch neu ankommenden Flüchtlingen bekannt gemacht? Antwort: Vereine und Initiativen kümmern sich vor Ort um die Flüchtlinge, dabei können diese auch zum Mitmachen eingeladen werden. 6. a) Hält die Landesregierung es für sinnvoll, die Schaffung von verschiedenen Arbeitsgelegenheiten, die den individuellen Fähigkeiten der Flüchtlinge entsprechen , außerhalb von Flüchtlingseinrichtungen zu fördern? b) Wie können solche Arbeitsgelegenheiten beschrieben werden und sollten Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3368 5 sie einer zeitlichen Begrenzung unterliegen? c) Wie bewertet die Landesregierung dieses Instrument? Antwort: Wegen des Sachzusammenhanges werden die Frage 6a) bis c) zusammen beantwortet. Sofern Personen keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, kann die Teilnahme an Maßnahmen die gesellschaftliche und soziale Inklusion fördern . In dieser Hinsicht ist die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten sinnvoll. Arbeitsgelegenheiten müssen aber zusätzlich im öffentlichen Interesse wettbewerbsneutral ausgestaltet sein. Es dürfen keine gesetzlichen Aufgaben im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten erfüllt werden. Haben Personen Zugang hingegen zum Arbeitsmarkt, kann die Teilnahme an Arbeitsgelegenheiten zu sog. lock-in-Effekten führen. Daher sind Arbeitsgelegenheiten im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ein nachrangiges Instrument , das dann zum Tragen kommt, wenn andere Instrumente zur Integration in Arbeit oder Ausbildung nicht integrationsfördernd eingesetzt werden können oder konnten. Im SGB II ist die Teilnahme an Arbeitsgelegenheiten zeitlich befristet (innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nicht länger als insgesamt 24 Monate in Arbeitsgelegenheiten). 7. Hält die Landesregierung das Angebot von Arbeitsgelegenheiten und die Förderung von ehrenamtlichem Engagement für eine Möglichkeit, die Integration von Flüchtlingen nachhaltig zu unterstützen und welche finanziellen Mittel stellt sie dafür zur Verfügung? Antwort: Arbeitsgelegenheiten und ehrenamtliches Engagement können die soziale Integration nachhaltig unterstützen, dürfen aber nicht die arbeitsmarktliche Integration behindern. Für die Unterstützung und Stärkung des Ehrenamtes stehen derzeit insgesamt 207.200 Euro bei Kapitel 1012, MG 14 zur Verfügung. 8. Wie und ab wann plant die Landesregierung sich ggfs. verstärkt für die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten und die Förderung ehrenamtlichen Engagements von Flüchtlingen einzusetzen? Drucksache 18/3368 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 Antwort: Die Landesregierung setzt sich verstärkt für die arbeitsmarktliche Förderung und Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden ein und hat dafür Mittel im Haushalt eingeplant. Die arbeitsmarktliche Integration hat Vorrang vor der Förderung von Arbeitsgelegenheiten und Ehrenamt, dennoch erwartet das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein durch eine Verbesserung der Unterstützung von ehrenamtlichen Flüchtlingsinitiativen mittelbar auch einen leichteren Zugang von Flüchtlingen in ein ehrenamtliches Engagement.