SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3394 18. Wahlperiode 2015-10-09 Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Franzen (CDU) und Antwort der Landesregierung - Ministerin für Schule und Berufsbildung Situation der schulpflichtigen Flüchtlingskinder 1. Wie viele schulpflichtige Flüchtlinge und Asylsuchende waren zum Stichtag 1. August 2015 in den schleswig-holsteinischen Flüchtlingseinrichtungen untergebracht (bitte nach Kreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? Antwort: Der Landesregierung liegen hierzu keine statistisch aufbereiteten Daten vor. 2. Auf welche Schularten wurden sie verteilt (bitte nach Kreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? a) Reicht der aktuell vorhandene Schulraum aus, um den Bedarf an Differenzierungs - oder Klassenräumen abzudecken? b) Ist die Versorgung mit ausreichend geeignetem Unterrichtsmaterial, das auf die besondere Situation von Flüchtlingen und deren sprachliche Defizite Rücksicht nimmt, gewährleistet? c) Wenn nein, wie soll das künftig sichergestellt werden? Drucksache 18/3394 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Antwort: Grundsätzlich gelten die Bestimmungen von § 24 Abs. 1 bis 3 Schulgesetz; so dass die schulpflichtigen Flüchtlinge und Asylsuchende nicht verteilt werden. Allerdings werden diejenigen, die ohne oder mit nur sehr geringen Sprachkenntnissen in den Schulen ankommen, zuerst dem Basiskurs eines DaZ-Zentrums zugewiesen, wo sie eine intensive Sprachförderung durch speziell für diese Arbeit qualifizierte Lehrkräfte erhalten. Es dauert in der Regel ein Jahr bis die Schülerinnen und Schüler in etwa das B1-Sprachniveau erreicht haben und an eine reguläre allgemeinbildende Schule wechseln. a) Derzeit reichen die räumlichen Kapazitäten aus. Allerdings bedarf es in Einzelfällen Abstimmungsgespräche zwischen den Schulen vor Ort. b) und c) In den Schulen stehen Unterrichtsmaterialien zur Verfügung. Darüber hinaus hat das Bildungsministerium Ende letzten Jahres zusätzliche Arbeitsmaterialien entwickelt und im Rahmen der DaZ-Qualifizierungskurse den Lehrkräften zur Verfügung gestellt. Es ist beabsichtigt, auch in diesem Jahr den Unterricht in den DaZKlassen auf diese Weise zu unterstützen. 3. Mit wie vielen weiteren schulpflichtigen Flüchtlingen und Asylsuchenden rechnet die Landesregierung bis zum 31. Dezember 2015? a) Welche Auswirkungen wird das auf den Bedarf an Differenzierungs- oder Klassenräumen in den Schulen haben? b) Was unternimmt die Landesregierung, um die Kommunen dabei zu unterstützen ? c) Wie werden sich die 280 neuen Lehrerstellen, die Ministerpräsident Albig in seiner Regierungserklärung am 18. September 2015 für das kommende Jahr angekündigt hat, auf die einzelnen Schularten verteilen? Antwort: Über die Zahl der Flüchtlinge und Asylsuchenden kann derzeit keine verlässliche Aussage getroffen werden. Die Landesregierung geht prognostisch davon aus, dass wenigstens 20% der Geflüchteten im schulpflichtigen Alter sind. 3 a) Ein Bedarf an zusätzlichen Raumkapazitäten ist dementsprechend derzeit nicht im Einzelnen abzuschätzen. Sollte es zu Engpässen kommen, unterstützt das Bildungsministerium die Schulen bei der Suche nach Lösungen. b) Auf Antrag können kommunale Infrastrukturmaßnahmen durch zinsgünstige Darlehen aus dem Kommunalen Investitionsfonds gem. § 22 Finanzausgleichsgesetz gefördert werden; dazu gehört grundsätzlich auch die Schaffung zusätzlich benötigter Klassenräume. c) Es ist noch nicht entschieden, wie die bis zu 280 Lehrerstellen auf die Schularten verteilt werden. 4. Werden Lehrkräfte und Erzieher in Schleswig-Holstein fort- und weitergebildet, um traumatisierte Flüchtlingskinder zu erkennen? Wenn ja, wie und durch wen? Antwort: Für Lehrkräfte, die im Bereich Deutsch als Zweitsprache tätig sind, bietet das Bildungsministerium Fortbildungen zum Umgang mit traumatisierten Kindern im Unterricht an. In 15 regionalen Veranstaltungen in allen Kreisen und kreisfreien Städten des Landes können bzw. konnten Lehrkräfte Grundlagenwissen über psychische Traumatisierungen erhalten. Darüber hinaus können DaZ-Lehrkräfte (und ggf. Schulsozialpädagogen) in fünf regionalen Fortbildungsveranstaltungen vertiefte Kenntnisse im Umgang mit traumatisierten Kindern erwerben. Alle Fortbildungsangebote werden vom Fortbildungszentrum Wendepunkt e.V. realisiert, das über langjährige Erfahrungen in diesem Bereich verfügt. Für pädagogisches Fachpersonal von Kindertageseinrichtungen werden unterschiedliche Fort- und Weiterbildungen zum Thema „Traumatisierte Flüchtlingskinder in Kita“ angeboten und vom Land Schleswig-Holstein gefördert. Je nach konkretem Bedarf können die pädagogischen Fachkräfte sich zwischen ein- oder zweitägigen Seminaren und modulhaften Fort- oder Weiterbildungen entscheiden. Neben dem Deutschen Kinderschutzbund Landesverband Schleswig-Holstein e.V. und dem Verband Evangelischer Kindertageseinrichtungen Schleswig-Holstein (VEK) bieten auch der Paritätische Schleswig-Holstein sowie das Institut für berufliche Aus- und Fortbildung (IBAF) oben genannte Fort- und Weiterbildungen an. Das pädagogische Fachpersonal lernt in diesen Veranstaltungen, Traumata von Flüchtlingskindern und dementsprechenden Handlungsbedarf zu erkennen und durch traumapädagogisch an- Drucksache 18/3394 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 gemessenes Verhalten die seelische Not der Kinder zu lindern und die Verarbeitung der Traumata zu unterstützen. 5. Werden Lehrkräfte und Erzieher fort- und weitergebildet, um traumatisierten Flüchtlingskindern bei der Bewältigung ihres Traumas zu helfen? Wenn ja, wie und durch wen? Antwort: Die Bearbeitung von psychischen Traumata bedarf einer speziellen Qualifikation. Sie ist daher anderen Professionen vorbehalten und gehört nicht zu den Aufgaben von Lehrkräften oder Erzieherinnen und Erziehern. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 4. 6. In welchen Kreisen und kreisfreien Städten stehen derzeit welche Turnhallen nicht für den schulischen Unterricht oder den Vereinssport zur Verfügung, weil sie für die Unterbringung von Flüchtlingen benötigt werden (bitte jeweils den Zeitraum angeben)? Antwort: Im Zusammenhang mit der Erstaufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden werden derzeit keine Turnhallen genutzt. Inwieweit Kommunen Turnhallen für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen, ist der Landesregierung nicht landesweit bekannt, da diese Entscheidungen von den Kommunen getroffen werden. Das Bildungsministerium hat die Schulleiterinnen und Schulleiter mit Schreiben vom 05.10.2015 um Mitteilung gebeten, wenn von kommunaler Seite Sporthallen oder andere Gebäudeteile der Schule für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden sollen. Demnach werden die Sporthalle der Gemeinschaftsschule Flensburg West und die Sporthalle der Hannah-Arendt Schule (Regionales Berufsbildungszentrum ) in Flensburg für die Unterbringung von Flüchtlingen im Durchgangsreiseverkehr nach Skandinavien genutzt und steht somit für den Schulsport derzeit nicht zur Verfügung . In der Hansestadt Lübeck ist beabsichtigt, die Sporthalle der Baltic-Schule (Gemeinschaftsschule) für die Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen. Darüber hinaus hat die Stadt Geesthacht angekündigt, nach den Herbstferien die Sporthalle der Grundschule Buntenskamp für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen zu wollen . Das Bildungsministerium sucht mit den betroffenen Schulen und Schulträgern das Gespräch, um die Belastungen so gering wie möglich zu halten.