SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3565 18. Wahlperiode 20.11.2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Ministerpräsident Windkraftanlagen und Mitbestimmung der Kommunen und Bürger 1. Welche Kommunen oder deren Bürger (Bürgerentscheid) haben sich nach Kenntnis der Landesregierung im Zusammenhang mit der Aufstellung der letzten Regionalpläne oder seither gegen weitere Windkraftanlagen ausgesprochen (bitte auflisten)? Die Beschlussfassungen der Gemeindevertretungen im Zusammenhang mit der Aufstellung der letzten Regionalpläne oder seither gegen weitere Windkraftanlagen liegen der Landesregierung nicht vor. Statistische Angaben zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden werden bereits seit der im Jahr 1996 ff. durchgeführten Aufgabenanalyse und Aufgabenkritik nicht mehr erhoben; eine Berichtspflicht der Gemeinden und unteren Kommunalaufsichtsbehörden wurde ebenfalls abgeschafft. Auf besondere Anforderung haben die zuständigen Kommunalaufsichtsbehörden der Kreise im Januar 2011 die Anzahl von insgesamt 34 Bürgerbegehren/Bürgerentscheide im Zusammenhang mit der Anmeldung von Windenergieeignungsflächen im Rahmen der Teilfortschreibung der Regionalpläne mitgeteilt. Davon sollten nach dem Ergebnis der Abstimmungen in 21 Gemeinden keine weiteren Flächen im Rahmen der Teilfortschreibung angemeldet werden. In Drucksache 18/3565 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 drei Gemeinden entfiel ein Bürgerentscheid aufgrund entsprechender Beschlussfassung der Gemeindevertretung. In einer Gemeinde wurde vor Durchführung eines Bürgerbegehrens ein kommunalpolitischer Kompromiss gefunden. In einem Fall war das Bürgerbegehren unzulässig. Im Verlauf des weiteren Verfahrens der Teilfortschreibung Wind 2012 haben die Gemeinden, in denen Bürgerentscheide im Zusammenhang mit der Anmeldung von Windenergieeignungsflächen durchgeführt wurden, die Landesregierung über das Ergebnis der Abstimmungen informiert. Zum Zeitpunkt der letzten Kabinettsbefassung zur Teilfortschreibung Wind 2012 lagen folgende Meldungen mit negativem Votum vor: Gemeinde Kreis Datum Bebensee SE 24.01.2010 und 1.02.2012 Bendfeld PLÖ 14.03.2010 Ehndorf RD 01.08.2010 Embühren RD 02.09.2012 Feldhorst OD k.A. Föhrden-Barl SE 27.09.2009 u. 15.01.2012 Gnutz RD 10.11.2011 Groß Kummerfeld SE 06.11.2011 Groß Buchwald RD 18.09.2011 Haale RD 02.09.2012 Heidmoor SE 15.01.2012 Jahrsdorf RD k.A. Klinkrade RZ 28.02.2010 u. 13.11.2011 Krogaspe RD in 2009 Mönkloh SE 27.09.2009 Mörel RD 29.01.2012 Negenharrie RD 18.09.2011 Niendorf/Stecknitz RZ 06.11.2011 Nübbel RD 21.03.2010 Nützen SE 15.01.2012 Rade b. Hohenwestedt RD 29.01.2012 Rodenbek RD 22.01.2012 Schnarup-Thumby SL 06.05.2012 u. 14.06.2012 Schülldorf RD 20.09.2011 Schülp HEI 06.11.2011 Schulendorf RZ 25.04.2010 Stoltebüll SL 13.11.2011 Timmaspe RD 31.11.2011 Wasbek RD 30.05.2010 Wattenbek RD 22.01.2012 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3565 3 Weddelbrook SE 27.09.2009 u. 29.01.2012 Wiershop RZ 06.05.2012 Andere statistische Angaben für den nachgefragten Zeitraum liegen der Landesregierung nicht vor. Soweit in Einzelfällen eine Beratung der unteren Kommunalaufsichtsbehörde hinsichtlich der Durchführung von Bürgerbegehren oder Bürgerentscheiden zu der betreffenden Fragestellung erfolgt ist, ist der Ausgang des Verfahrens nicht bekannt. 2. Sind in diesem Jahr Genehmigungen von Windkraftanlagen in Kommunen erteilt worden, deren Vertretung oder deren Bürger (Bürgerentscheid) das konkrete Vorhaben oder weitere Windkraftanlagen in der Kommune allgemein abgelehnt hatten? Wenn ja, welche? (bitte jeweils auch Standortgemeinde, Kreis, Anzahl und Höhe angeben) Nein. Die in diesem Jahr bisher erteilten Genehmigungen sind bis zur Änderung der Rechtslage in den Eignungsgebieten der Regionalpläne 2012 erteilt worden, bei deren Ausweisung Gemeindebeschlüsse und Bürgerentscheide berücksichtigt wurden. In den Fällen, in denen Repowering-Vorhaben 2015 genehmigt worden sind, sah der LEP 2010 in Ziff. 3.5.2 Abs. 13 letzter Spiegelstrich das gemeindliche Einvernehmen vor, sodass auch hier keine Genehmigungen gegen Gemeindebeschlüsse oder Bürgerentscheide erteilt wurden. Nach Änderung der Rechtslage sind keine Genehmigungen in Gemeinden erteilt worden, deren Gemeindevertretung oder Bürger sich gegen Windkraft ausgesprochen haben. 3. Soweit über Anträge noch nicht entschieden ist: a) Welche Anträge beziehen sich auf Gemeinden, die sich durch ihre Vertretung oder ihre Bürger ablehnend gegen das Vorhaben oder weitere Windkraftanlagen allgemein geäußert haben? (bitte auch Standortgemeinde, Kreis, Anzahl und Höhe angeben) In den Verfahren, in denen Anträge in ehemaligen Eignungsgebieten gestellt werden, geht die Landesplanungsbehörde davon aus, dass Gemeinden das Vorhaben nicht ablehnen oder sich nicht allgemein gegen Windkraftanlagen geäußert haben. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens werden die betroffenen Gemeinden beteiligt. Von 505 derzeit noch nicht genehmigten Anträgen liegen 291 Anträge innerhalb alter Eignungsgebiete. Zu den 214 außerhalb alter Eignungsgebiete liegenden derzeit noch nicht entschiedenen Anträgen liegen der Landesregierung nur in Einzelfällen Informationen zu den Gemeindebeschlüssen der Standortgemeinden vor. Drucksache 18/3565 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Über Ergebnisse von Bürgerentscheiden zu den noch nicht entschiedenen Anträgen liegen der Landesregierung nur in Einzelfällen Informationen bezogen auf die derzeit noch nicht entschiedenen Anträge vor. b) Sollen in diesen Fällen absehbar oder voraussichtlich Ausnahmen nach § 18 a Abs. 2 LaplaG zugelassen werden oder kann dies ausgeschlossen werden? Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in alten Eignungsgebieten Ausnahmen nach § 18 a Abs. 2 LaplaG zugelassen werden, wenn und soweit raumbedeutsame Windkraftanlagen nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung nicht befürchten lassen, dass sie die Verwirklichung dieser Ziele unmöglich machen oder wesentlich erschweren. c) Eine Ausnahme nach § 18 a Abs. 2 LaplaG wird nicht zugelassen, wenn Abwägungsbelange der Landesplanung zum derzeitigen Planungsstand der Regionalplanung noch nicht abschließend geklärt werden können. Laut Runderlass der Landesplanungsbehörde vom 23. Juni 2015 indizieren befürwortende oder ablehnende Bürgerentscheide, "dass vor Ort Kriterien für bzw. gegen Flächenausweisungen vorhanden sein können". Ergibt sich aus einer ablehnenden Stellungnahme der betroffenen Gemeinde oder ihrer Bürger (Bürgerentscheid ) gegen ein Vorhaben oder weitere Windkraftanlagen in der Gemeinde allgemein, dass eine Abwägung im Rahmen der Regionalplanung vorzunehmen ist und nicht durch eine Ausnahmegenehmigung nach § 18 a Abs. 2 LaplaG vorgegriffen werden darf? Nein. Aus Ziffer IV.7. des Runderlasses des Ministerpräsidenten vom 23.06.2015 folgt, dass die Landesplanungsbehörde aufgrund von Gemeindebeschlüssen und Bürgerentscheiden die Vollständigkeit ihres Abwägungsmaterials überprüft. Eine Entscheidung, ob eine Ausnahme zuzulassen oder zurückzustellen ist, ergibt sich allein aus der Frage, ob eine abschließende Abwägung bereits im Ausnahmeverfahren möglich ist. 4. Welche Änderungen am Runderlass vom 23.06.2015 und am Beratungserlass vom 26.08.2015 ergeben sich aus dem Beschluss des VG Schleswig vom 10.09.2015 (Az. 6 A 190/13)? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3565 5 Für den Runderlass des Ministerpräsidenten vom 23.06.2015 ergeben sich aus dem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts keine Änderungen. Der Gemeinsame Beratungserlass der Staatskanzlei, des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten und des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft , Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein vom 26.08.2015 wird derzeit im Hinblick auf die Ausführungen des Schleswig- Holsteinischen Verwaltungsgerichts zur gemeindlichen Bauleitplanung (Randnummern 29 und 30 des Beschlusses) überarbeitet. Nach erfolgter Abstimmung mit den beteiligten Ressorts wird er in neuer Fassung veröffentlicht. Insbesondere wird dabei die Thematik der gemeindlichen Steuerung durch Flächennutzungsplanung neugefasst werden.