SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3628 18. Wahlperiode 15-12-14 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Whistleblowerschutz beim Anti-Korruptionsbeauftragten Vorbemerkung: Laut Drucksache 18/3525 hat eine Landesbedienstete ihren ehemaligen Vorgesetzten beim Anti-Korruptionsbeauftragten des Landes Schleswig- Holstein anonym wegen Korruption angezeigt und dadurch Nachteile erlitten. 1. Welche Korruptionsvorwürfe erhebt die Hinweisgeberin im Einzelnen? Die Korruptionsvorwürfe hat die Hinweisgeberin nach eigenen Angaben im August 2008 anonym beim Anti-Korruptionsbeauftragten eingereicht. Welche Vorwürfe sie gegenüber dem Anti-Korruptionsbeauftragten erhoben hat, ist dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie nicht bekannt. 2. Wurde auf die Strafanzeige ein Strafverfahren eingeleitet und wie ist der Stand des Verfahrens? Es wird gebeten, das Aktenzeichen und gegebenenfalls auch das Ergebnis mitzuteilen. Die Staatsanwaltschaft Kiel hat im Oktober 2008 ein Strafverfahren gegen den damaligen Vorgesetzten der Petentin eingeleitet (Az. 590 Js 55066/08). Dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie ist nicht bekannt, Drucksache 18/3628 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 ob die Einleitung des Strafverfahrens auf Hinweise der Petentin gegenüber dem Anti-Korruptionsbeauftragten zurückzuführen ist. Die Staatsanwaltschaft hat das Strafverfahren im März 2011 gemäß § 153 a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages eingestellt. 3. Vor der Anzeige habe die Hinweisgeberin intern alle dienstlichen Instanzen eingeschaltet. Wann hat die Hinweisgeberin wem gegenüber den Korruptionsvorwurf erhoben und wie wurde dem nachgegangen? Nach Angaben der Hinweisgeberin hat diese den Korruptionsvorwurf im August 2008 gegenüber dem Anti-Korruptionsbeauftragten erhoben. Zuvor hatte sie sich gegenüber der Gleichstellungsbeauftragten, dem Niederlassungsleiter, dem Vorsitzenden des Hauptpersonalrates und dem Personalsachgebietsleiter der zuständigen Niederlassung über das Führungsverhalten ihres Vorgesetzten beschwert. Aufgrund der Angaben der Petentin haben die Angesprochenen keine hinreichende Grundlage für einen belastbaren Korruptionsvorwurf gesehen. 4. Warum wurde nicht schon auf die internen Hinweise hin Strafanzeige gestellt? Aufgrund der Angaben der Petentin haben die angesprochenen keine hinreichende Grundlage für einen belastbaren Korruptionsvorwurf gesehen. 5. Die Hinweisgeberin habe Klage beim Arbeitsgericht auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen „Bossings“ eingereicht. Welche Vorwürfe sind insoweit im Einzelnen von ihr erhoben worden? Es wird auch um Mitteilung der Aktenzeichen der gerichtlichen Verfahren gebeten. Die Klage der Petentin ist vom Arbeitsgericht Elmshorn mit Urteil vom 15.08.2013 (Az. 52 Ca 330 c/13) als unbegründet zurückgewiesen worden. Dieses Urteil ist mit Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig- Holstein vom 11.04.2014 (Az. 2 SA 369/13) in der Berufung bestätigt worden, da die behauptete Schädigung nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden ist. Es wurden seitens der Klägerin 38 Ereignisse beschrieben, die den Vorwurf des Mobbing bzw. Bossing durch ihre direkten Vorgesetzten belegen sollten. Diese Ereignisse liegen überwiegend zeitlich vor den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im November 2008. Die übrigen Ereignisse beziehen sich auf einen Zeitraum von März 2010 bis Januar 2013. Das Arbeitsgericht hat aus Sicht des Landesarbeitsgerichtes zutreffend 3 festgestellt, dass die geschilderten Konfliktfälle nicht als Mobbing gewertet werden können. Zwischen den Vorfällen in 2008 und den Konfliktfällen ab März 2010 liegt ein längerer Zeitraum, der aus Sicht des Gerichts gegen einen Zusammenhang mit den Fällen aus 2008 spricht. Da die Nennung der Handlungen Rückschlüsse auf die Identität der Petentin zulässt, unterbleibt eine Auflistung der beschriebenen Handlungen. 6. Teilt die Landesregierung den Eindruck des Petitionsausschusses, "dass der Umgang mit und die Haltung gegenüber Hinweisgebern in Korruptionsfällen nicht immer angemessen erfolgt"? Welche Defizite sieht die Landesregierung und wie soll der Umgang verbessert werden? Die Landesregierung teilt den zitierten Eindruck des Petitionsausschusses in dieser Frage nicht und sieht hinsichtlich der Art des Umgangs mit Hinweisgebern keinen Handlungsbedarf. 7. Überlässt der Anti-Korruptionsbeauftragte Arbeitgebern Informationen über Missstände, die er von Hinweisgebern erhalten hat und die Rückschlüsse auf deren Identität erlauben können? Nein. 8. Wessen Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht untersteht der Anti- Korruptionsbeauftragte und dessen Mitarbeiter? Die Kontaktstelle zur Bekämpfung der Korruption in Schleswig-Holstein (KBK- SH) ist besetzt mit einem ehrenamtlich tätigen Anti-Korruptionsbeauftragten. Die KBK-SH ist eine außerhalb der Landesverwaltung stehende Einrichtung, wird selbständig und unabhängig tätig und unterliegt keinen Weisungen des Landes hinsichtlich der inhaltlichen Sachbehandlung. Der Anti-Korruptionsbeauftragte unterliegt nicht dem Strafverfolgungszwang gemäß § 163 StPO. 9. Kann Gegenstand einer Dienstanweisung an den Anti- Korruptionsbeauftragten oder dessen Mitarbeiter auch die Offenlegung der Identität von Informanten sein? Nein, siehe Antwort zu Frage 8. Drucksache 18/3628 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Nach dem derzeitigen Konzept zur Einrichtung einer KBK-SH ist das Land befugt, sich in geeigneter Weise über alle Sachverhalte ohne Offenlegung der Identität der Hinweisgeber informieren zu lassen. 10. Da der Anti-Korruptionsbeauftragte zur Offenlegung der Identität von Informanten veranlasst werden kann: Wie steht die Landesregierung a) zum Einsatz eines zeugnisverweigerungsberechtigten Rechtsanwalts als Mittelsmann für absolut vertrauliche Hinweise b) zum Einsatz eines elektronischen Whistleblowing-Systems, welches Hin weisgebern eine anonyme Kommunikation mit dem Beauftragten ermöglicht, wie es etwa in Niedersachsen schon von 2.600 Hinweisgebern genutzt wor den ist? Siehe Antwort zu Frage 9: Der Anti-Korruptionsbeauftragte kann nicht zur Offenlegung der Identität von Informanten veranlasst werden. Im Übrigen hat sich das gegenwärtige Modell eines unabhängigen, ehrenamtlichen Anti-Korruptionsbeauftragten in Schleswig-Holstein bewährt. Der Anti-Korruptionsbeauftragte behandelt alle an ihn herangetragenen Hinweise einschließlich der Namen der Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber vertraulich. Personen, die auch den Strafverfolgungsbehörden gegenüber anonym bleiben möchten, können sich schon jetzt in anonymisierter Form an den Anti-Korruptionsbeauftragten wenden. Auch solchen Hinweisen wird in vollem Umfang nachgegangen. Ein Handlungsbedarf wird nicht gesehen. 11. Welche "Präventionsmaßnahmen gegen die Verletzung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften" hat das Wirtschaftsministerium erarbeitet, welche "Regelwerke und Verfahrensabläufe" wurden wie geändert und welche "Empfehlungen für notwendige Prozessänderungen und -aktualisierungen" wurden im Einzelnen ausgesprochen? Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit Verkehr und Technologie hat das in 2008 eingeleitete Ermittlungsverfahren zum Anlass genommen, im nachgeordneten Bereich des Ressorts im März 2009 eine Projektgruppe einzurichten, um ein Konzept für eine wirkungsvolle Prävention gegen die Verletzung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erarbeiten. Die Projektgruppe hat im Rahmen ihrer Tätigkeit bestehende Regelwerke und Verfahrensabläufe überprüft und Empfehlungen für notwendige 5 Prozessänderungen und -aktualisierungen ausgesprochen. Weiterhin wurden die Führungskräfte und insbesondere die Entscheidungsträger für Auftragsvergaben unter Beteiligung des Justiziars des Wirtschaftsministeriums im Rahmen von breit angelegten Schulungen für das Thema Korruption sensibilisiert. Insgesamt kam die Projektgruppe zu dem Ergebnis, dass durch die Vergabevorschriften ein Regelwerk etabliert ist, das geeignet ist, eine Einflussnahme Dritter effektiv auszuschließen. Es war für die Projektgruppe kein Anzeichen dafür erkennbar, dass die Vergabevorschriften nicht grundsätzlich gewissenhaft und ordnungsgemäß eingehalten werden. In den Bereichen Ausschreibungsvorbereitung, Baudurchführung und –abrechnung sowie im Bereich freihändiger Vergaben wurde ein Schwerpunkt bei der Durchführung präventiver und aufsichtlicher Maßnahmen gesetzt. Darüber hinaus wurde vereinbart, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstärkt fortzubilden. Dabei wurde der Fokus nicht nur auf fachbezogene Schulungen gelegt, sondern auch Korruptionsprävention und die Stärkung des Rechts- und Wertebewusstseins.