SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3659 18. Wahlperiode 2015-12-18 Kleine Anfrage der Abgeordneten Johannes Callsen (CDU) und Astrid Damerow (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Qualifikation anerkannter Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Schleswig- Holstein 1. Wie viele anerkannte Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Schleswig-Holstein verfügen über einen Schulabschluss? 2. Wie viele anerkannte Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Schleswig-Holstein sind Analphabeten? 3. Wie viele anerkannte Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Schleswig-Holstein verfügen über eine spezifische Berufsqualifikation? 4. Wie viele anerkannte Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Schleswig-Holstein haben einen nachweislichen akademischen Abschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung? Antwort zu Fragen 1 - 4: Entsprechende Daten konnten aufgrund der hohen Zugangszahlen bisher nicht erhoben werden. Drucksache 18/3659 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 5. Welche Maßnahmen wurden bisher ergriffen, um anerkannte Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu integrieren? Antwort: Anerkannte Flüchtlinge dürfen in Deutschland jeder Erwerbstätigkeit nachgehen , es bestehen keine Unterschiede zu deutschen Stellenbewerberinnen und -bewerbern. Bei Arbeitslosigkeit werden sie – wenn sie nicht über Einkommen oder Vermögen verfügen - vom Jobcenter betreut. Für den Personenkreis der anerkannten Flüchtlinge steht zunächst der Erwerb von Sprachkenntnissen im Vordergrund. Daher wird vorrangig die Teilnahme an einem Integrationskurs angestrebt. Für die Förderung im Rahmen von Integrationskursen ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig . Arbeitslose Flüchtlinge können in beiden Rechtskreisen der Arbeitsförderung (Sozialgesetzbuch – Zweites Buch, Grundsicherung für Arbeitsuchende und Sozialgesetzbuch – Drittes Buch, Arbeitsförderung) seitens der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter durch Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III gefördert werden. In diesem Rechtsrahmen hat die Bundesagentur für Arbeit das spezielle Format „Perspektiven für Flüchtlinge“ (PerF) und „Perspektiven für junge Flüchtlinge“ (PerjuF) als niederschwellige Angebote mit Vermittlung von Sprachkenntnissen und betrieblichen Praktika entwickelt. Darüber hinaus steht anerkannten Flüchtlingen das gesamte Instrumentarium der aktiven Arbeitsförderung zur Verfügung (z. B. Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein oder Bildungsgutschein zur beruflichen Qualifizierung; Aktivierungs - und Vermittlungsgutschein für eine Maßnahme bei einem Arbeitgeber). Eine zahlenmäßige Darstellung der Beteiligung an den Förderinstrumenten ist nicht möglich, weil das Kriterium des Aufenthaltsstatus bislang statistisch nicht auswertbar ist. Im Rahmen des Flüchtlingspaktes sind in Zusammenarbeit zwischen den Paktpartnern weitere Projekte zur Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeit in Vorbereitung. Auch Förderangebote des Landesprogramms Arbeit, insbesondere aus der Aktion „Neue Wege in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung“, mit der Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3659 3 Projekte gefördert werden, die Langzeitarbeitslose bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt unterstützen, können grundsätzlich genutzt werden. Einige dieser Projekte richten sich speziell an Migrantinnen und Migranten und greifen die spezifischen Bedarfslagen dieser Personengruppe auf – mit berufsfachlichem Sprachunterricht, marktgerechten Qualifizierungen und einem intensiven individuellen Coaching. Diese Projekte stehen auch anerkannten Flüchtlingen offen, sofern sie die individuellen Teilnahmevoraussetzungen erfüllen. Im Januar 2016 wird dem Landtag ein Bericht der Landesregierung „Integration von Flüchtlingen auf den Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein“ mit ausführlichen Informationen vorgelegt. Die Landesregierung verfolgt das Ziel, Flüchtlingen frühzeitig die Möglichkeit des Studiums an den schleswig-holsteinischen Hochschulen zu eröffnen und damit die Bildungschancen zu erhöhen. Das dafür geplante Gesamtpaket von Maßnahmen sieht insbesondere vor, dass Flüchtlinge bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen die erforderlichen Informationen und Beratungs- bzw. Hilfeleistungen durch Ansprechpartner der International Center und International Offices oder durch „Studien-Lotsen“ an den Hochschulen erhalten können. Die Kontaktdaten werden online (Landesportal ) oder über einen Flyer zur Verfügung gestellt. Auch werden Möglichkeiten durch die Teilnahme an Studienkollegs aufgezeigt , wenn z.B. fluchtbedingt Nachweise der Hochschulzugangsberechtigung fehlen. Dazu plant die Landesregierung u.a. die Zahl der Studienkollegplätze zu erhöhen. Darüber hinaus werden Möglichkeiten angeboten, als Gasthörer an Lehrveranstaltungen teilzunehmen oder über Online-Kurse ein Studium vorzubereiten 6. Welche Möglichkeiten bestehen für anerkannte Flüchtlinge mit Bleibeperspektive , ihre bereits erworbenen Fachkenntnisse in Schleswig-Holstein anerkennen zu lassen? Antwort: Soweit es um Fachkenntnisse geht, die in ausländischen schulischen Bildungsnachweisen dokumentiert sind, werden diese gemäß § 140 Abs. 3 Nr. 1 Schulgesetz vom Bildungsministerium im Hinblick auf ihre Gleichwertigkeit mit hiesigen Schulabschlüssen bewertet. Drucksache 18/3659 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 In Bezug auf die beruflichen Fachkenntnisse gilt, dass für einen im Ausland erworbenen Ausbildungsnachweis die Gleichwertigkeit mit einer deutschen Berufsqualifikation festgestellt werden kann. Das entsprechende Anerkennungsverfahren ist normiert in dem Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen des Bundes (für die bundesrechtlich geregelten Berufe) und in dem Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit ausländischer Berufsqualifikationen in Schleswig-Holstein (für die Berufe, die dem Landesrecht unterliegen). Das IQ-Netzwerk Schleswig-Holstein („Integration durch Qualifizierung“-IQ) bietet kostenlose Beratung zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse an. Nach § 5 Absatz 2 der Studienqualifikationsverordnung SH sind in Schleswig- Holstein die staatlichen Hochschulen für die Bewertung ausländischer Nachweise hinsichtlich des gewünschten Studienganges zuständig. Dies gilt auch für die Anrechnung von Studien- und Prüfungsleistungen, die im Ausland erworben wurden. Soweit es um Fachkenntnisse geht, die an ausländischen Hochschulen erworben und in entsprechenden Bildungsnachweisen dokumentiert sind, werden diese vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung (MSGWG) sowie vom Ministerium für Schule und Berufsbildung einer Gleichwertigkeitsprüfung (im Hinblick auf in Schleswig-Holstein erworbene Hochschulabschlüsse) bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen in Bonn unterzogen. Die Zuständigkeit des MSGWG liegt hierbei im sozialen Sektor mit abgeschlossenen Hochschulstudien in den Studienfächern: Soziale Arbeit, Sozialpädagogik und Kindheitspädagogik (Erziehung und Bildung im Kindesalter). Nach positiver Begutachtung und Feststellung einer formalen Gleichwertigkeit wird in einem weiteren Schritt die fachliche Gleichwertigkeit zu einem hiesigen Fachhochschulabschluss durch individuelle Gleichwertigkeitsprüfung im Prüfungsausschuss der Fachhochschule Kiel, Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit, festgestellt bzw. durch Besuch entscheidender Vorlesungen, Anpassungen und anschließender Prüfungen hergestellt. Das IQ-Netzwerk Schleswig-Holstein: http://www.iq-netzwerksh .de/iqnetzwerkshstart/ - bietet weiterführende Informationen auch für anerkannte Flüchtlinge mit Bleibeperspektive an. Besonders hervorzuheben ist die Seite der Publikationen: http://www.iq-netzwerk-sh.de/publikationen/, hier sind Wegweiser und Kontaktadressen zum Download eingestellt.