1 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3697 18. Wahlperiode 2016-01-07 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Axel Bernstein (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Vorkommnisse im Zusammenhang mit einem Einsatz des Kampfmittelräumdienstes in Kiel Vorbemerkung: Am 16.12.2015 berichteten mehrere Medien, darunter die Kieler Nachrichten und der NDR, jeweils online, über einen Einsatz des Kampfmittelräumdienstes am Exerzierplatz in Kiel. Hierbei soll der vor Ort tätige Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes durch das Verhalten von Passanten bei der Arbeit behindert und sogar selbst gefährdet worden sein. 1. Wurde die Arbeit des Kampfmittelräumdienstes bei dem genannten Einsatz durch das Verhalten dritter Personen nach Kenntnis der Landesregierung behindert und wenn ja, durch welches Verhalten und in welchem Ausmaß? Antwort: Rund ein Dutzend Passanten hatten die mittels Flatterband (Aufschrift „Polizeiabsperrung “) gekennzeichnete Absperrung um den unmittelbaren Gefahrenbereich des Verdachtsobjektes missachtet und den Gefahrenbereich betreten . Die Absperrung war erforderlich, um eine Gefährdung unbeteiligter Personen im Falle der Umsetzung der vermeintlichen Sprengvorrichtung oder bei einer Untersuchung mittels Röntgentechnik zu verhindern. Der eingesetzte Drucksache 18/3697 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Entschärfer des Kampfmittelräumdienstes hatte sich deshalb bei seiner Arbeit häufiger davon zu überzeugen, dass der Gefahrenbereich tatsächlich frei von unbeteiligten Personen war, unmittelbar bevor er die Technik am Objekt einsetzte . Das wiederholte Ignorieren des Gefahrenbereiches durch Passanten führte insgesamt zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung der Gesamtmaßnahme . 2. Gab es nach Kenntnis der Landesregierung bei dem genannten Einsatz des Kampfmittelräumdienstes ein Verhalten Dritter, das geeignet gewesen ist, im Ernstfall eine Gefährdung von sich selbst, weiterer dritter Personen oder der Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes hervorzurufen und wenn ja, wie konkret ? Antwort: Da das Objekt durch die Polizeibeamten vor Ort als sprengstoffverdächtig eingestuft wurde, war von der Möglichkeit einer Explosion des Gegenstandes zu jeder Zeit auszugehen. Durch das Eindringen von Passanten in den Gefahrenbereich hätten diese durch die Folgen einer Sprengstoffexplosion verletzt oder getötet werden können. Gleiches gilt in der Folge auch für die eingesetzten Polizeibeamten, die die Einhaltung der Absperrung durchsetzen sollten. Aufgrund des vorherigen wiederholten Eindringens von Passanten in den Gefahrenbereich musste sich der Entschärfer zudem länger in diesem aufhalten, um laufend zu kontrollieren, ob der Gefahrenraum tatsächlich frei von Unbeteiligten ist. 3. Gab es nach Kenntnis der Landesregierung bei dem genannten Einsatz des Kampfmittelräumdienstes ein Verhalten Dritter, das möglicherweise strafrechtlich oder ordnungsrechtlich relevant war und wenn ja, in welcher Weise und wurde dies entsprechend zur Anzeige gebracht, bzw. aus welchem Grund wurde auf eine Anzeige verzichtet? Antwort: Eine Ahndung dieses Verhaltens ist in der Praxis schwer umsetzbar und nur in konkreten Einzelfällen zielführend. Sowohl die Tatbestandsmäßigkeit des § 145 StGB (Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs ‐ und Nothilfemitteln) als auch der subjektive Täterwille dürfte in der Regel nicht gegeben sein. In der Regel nimmt der Passant einen Fehlalarm an Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/3697 3 oder ist schlicht nicht bereit, einen Umweg zu gehen/nutzen. Eine persönliche Gefahr wird nicht gesehen oder gering eingeschätzt. In konkreten Wiederholungsfällen oder in Fällen konkreten Vorsatzes stehen die Mittel des Landesverwaltungsgesetzes (§ 201 – Platzverweis und § 204 – Gewahrsamnahme) oder der Strafprozessordnung (§ 164 – Festnahme des Störers) zur Verfügung. Die Ahndung ist stets personal- und zeitaufwendig und war im konkreten Fall nicht umzusetzen, da bei der Aussprache von Ermahnungen hinter dem Rücken der Kollegen schon wieder andere Bürger versuchten, das Flatterband hochzuheben. Insofern stand nicht die Ahndung, sondern die Freihaltung des Gefahrenbereiches und damit die Durchführung der Maßnahme des Kampfmittelräumdienstes im Mittelpunkt.