SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/395 18. Wahlperiode 2012-12-14 Kleine Anfrage des Abgeordneten Heiner Rickers (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Flächenausgleich in Schleswig-Holstein 1. a) Wie hat sich der Flächenumfang, der zurzeit in Schleswig-Holstein zur Kompensation von Eingriffen in Anspruch genommen wird, in den letzten 5 Jahren in den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten Schleswig-Holsteins bei den Parametern: Fläche (bezogen auf die Gesamtfläche), Ökokonto und Geld entwickelt? Der Flächenumfang naturschutzrechtlicher Kompensationsflächen (Aus- gleichs-und Ersatzflächen) beträgt in Schleswig-Holstein mit Stand 31.12.2010 ca. 25.000 ha, das entspricht 1,6% der Landesfläche. Da die gemäß § 7 der Ökokonto- und Kompensationsverzeichnisverordnung bei den unteren Naturschutzbehörden zu führenden Kompensationsverzeich- nisse noch nicht landesweit in digitaler Form vorliegen und weiter zurücklie- gende Zeiträume zum Teil noch nicht nacherfasst werden konnten, können derzeit nur Angaben zum Stand 31.12.2010 in Summe gemacht werden In den vorhandenen Ökokonten stehen ca. 10.380.000 Ökopunkte (1 Öko- punkt = 1 m² Kompensationsleistung) zur Verfügung (Stand März 2012). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/395 Wird ein Eingriff zugelassen, obwohl die Beeinträchtigungen nicht kompen- sierbar sind, hat der Verursacher gem. § 15 Abs. 6 BNatSchG Ersatz in Geld (Ersatzzahlung) zu leisten. Das Ersatzgeld-Aufkommen im Zeitraum von 2007 bis 2011 ist in nachstehen- der Tabelle kreisgenau dargestellt. Kreise/kreisfreie Städte in 2007 in 2008 in 2009 in 2010 in 2011 Flensburg 2.250,00 42.165.00 4.052,00 13.878,50 34.625,00 Kiel 300.435,00 356.953,50 349.246,77 107.848,18 75.139,60 Lübeck 5.493,29 291.136,23 270.298,13 10.382,14 2.131,40 Neumünster 6.806,00 11.535,50 18.991,00 40.383,00 4.480,85 Dithmarschen 221.410,52 308.251,76 1.699.758,40 610.290,97 830.301,14 Herzogtum Lauenburg 154.361,39 137.016,51 61.552,54 161.695,96 301.396,61 Nordfriesland 324.226,85 241.792,68 510.604,93 195.698.41 1.054.140,38 Ostholstein 192.551,90 26.788,38 97.353,89 100.355,31 169.949,28 Pinneberg 83.480,59 84.952,45 80.453,45 159.802,20 59.146,95 Plön 29.686,40 9.463,00 12.495,99 8.585,00 93.324,21 Rendsburg-Eckernförde 143.378,11 191.280,30 85.402,33 226.365,22 236.948,46 Schleswig-Flensburg 281.376,45 731.666,96 598.300,55 344.192,06 568.289,17 Segeberg 68.077,39 239.870,38 359.780,34 89.796,62 101.255,60 Steinburg 208.711,00 74.738,69 95.103,39 193.053,07 238.068,00 Stormarn 210.851,73 87.039,96 57.702,87 101.449,08 160.060,50 b) Wie viele Hektar/ Prozent des Flächenumfangs wurden jeweils landwirt- schaftlich genutzt? Über den Ausgangszustand der Kompensationsflächen liegen keine landes- weiten Ergebnisse vor. Mit Stand 31.12.2010 werden ca. 15.750 ha Kompen- sationsflächen landwirtschaftlich genutzt. Das entspricht einem Anteil von 63% an der Gesamtkompensationsfläche. c) Wie hoch ist der Anteil von Kompensationsflächen an bereits bestehenden Schutzgebieten (in Hektar und Prozent der Fläche)? Zum 31.12.2010 lagen ca. 4.450 ha Kompensationsflächen in Schutzgebieten, das entspricht einem Anteil von 18 % an den Gesamt-Kompensationsflächen. Ca. 3.200 ha der in Schutzgebieten liegenden Kompensationsflächen werden landwirtschaftlich genutzt. 3. Für welche Zeiträume sind unter Schutz gestellte Flächen aus der landwirt- schaftlichen Produktion genommen? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/395 Mit „unter Schutz gestellte Flächen“ werden solche Flächen verstanden, die nach § 20 Abs. 2 BNatSchG z. B. als Naturschutzgebiet „unter Schutz gestellt“ sind. Kompensationsflächen werden in diesem Sinne nur dann eingeschlos- sen, wenn sie „unter Schutz gestellt“ wurden, d.h. in einem Schutzgebiet lie- gen. Grundsätzlich gelten alle Regelungen einer NSG-Verordnung oder einer anderen Rechtsvorschrift auf der Grundlage des § 20 Abs. 2 BNatSchG unbe- fristet. Es wird darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl landwirtschaftlicher Produktionsflächen in Schutzgebieten unbefristet weiter landwirtschaftlich ge- nutzt werden kann, im Einzelfall auch mit Einschränkungen. Art und Umfang einer zulässigen landwirtschaftlichen Nutzung in Schutzgebieten richtet sich nach dem konkreten Schutzzweck des jeweiligen Schutzgebietes. 4. In welcher Höhe konnten Flächen bisher nicht ausgewiesen werden, bzw. steht der Ausgleich noch an und welcher Betrag finanzieller Ausgleichsgelder konnte bisher in den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten nicht ausge- geben werden? Solche Fälle sind rechtlich nicht zulässig, da die Kompensation generell Be- standteil der Zulassung des Eingriffs ist. Innerhalb der gesetzlichen 2-Jahres-Frist konnten die Kreise und kreisfreien Städte die eingenommenen Ersatzgelder verausgaben. 5. Innerhalb welchen Zeitraumes sind Ausgleichsgelder zu verausgaben? Gemäß § 15 Abs. 6 Satz 7 BNatSchG i. V. m. § 9 Abs. 6 LNatSchG sind die von den unteren Naturschutzbehörden vereinnahmten Ersatzzahlungen inner- halb von zwei Jahren zu verwenden. Danach fallen die von den unteren Na- turschutzbehörden vereinnahmten Ersatzgelder an die oberste Naturschutz- behörde. 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Überlegung die Mittelverwendung von Ausgleichsgeldern zentral zu koordinieren? Die Landesregierung sieht derzeit keine Veranlassung, die aktuelle Rechtsla- ge zu verändern. 7. In welchem Umfang fließen Ausgleichsgelder in den a) Flächenankauf und an wen; Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/395 b) in die Aufwertung von Flächen und an wen und c) ggf. sonstige Maßnahmen? Über die maßnahmentypengenaue Verwendung von Ersatzzahlungen liegen der Landesregierung keine landesweiten Zahlen vor. 8. In welchem Umfang erfolgte bereits der Flächenausgleich bzw. mit welchem weiteren Flächenbedarf/ Geldbetrag rechnet die Landesregierung für die gro- ßen Infrastrukturprojekte im Land: a) dem Bau von Windkraftanlagen onshore und offshore; b) dem Netzausbau onshore und offshore; c) den Ausbau der A1 mit Hinterlandanbindung, A7, A20, A21, A23, A24 und B5 d) Wasserstraßen (NOK-Ausbau Oststrecke) e) Schienenverkehrsprojekte und d) sonstigen Eingriffen? zu a und b) Landesweite Zahlen zum Kompensationsumfang für zugelassene und in Planung befindliche Windkraftanlagen und Netzausbauvorhaben liegen der Landesregierung nicht vor. Zahlen über zu erwartende Flächenbedarfe bzw. Geldbeträge liegen nicht vor. zu c) Der Ausgleichsflächenumfang für umgesetzte bzw. planfestgestellte gro- ße Infrastrukturprojekte ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Projekte Ausgleichsflächenumfang (Fläche in ha) A1, Heiligenhafen-Mitte bis Heili- genhafen-Ost 20 A20, Landesgrenze Mecklen- burg-Vorpommern bis Witten- born 1146 sowie 388.316,92 € Ersatz- zahlung A21, Stolpe bis Nettelsee 72 A23, Lückenschluss Itzehoe ein- schl. neuer Störbrücke 27 A24 Derzeit sind dort keine großen Inf- rastrukturprojekte vorgesehen Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/395 Der Ausgleichsflächenumfang für geplante große Infrastrukturprojekte ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Projekte Ausgleichsflächenumfang (Fläche in ha) B207, vierstreifiger Ausbau der B207 zwischen Heiligenhafen- Ost bis Puttgarden (Hinterland- anbindung Straße) 103 A7, sechsstreifiger Ausbau zwi- schen Hamburg und Bordeshol- mer Dreieck 332 A20, Wittenborn bis Elbquerung (Niedersachsen) 1519 A21, Nettelsee bis Kiel (Neumeimersdorf) 135 B5, Ortsumgehung Hattstedt - Bredstedt 270 B5, 3-streifiger Ausbau Tönning- Husum 130 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Höhe des o. g. Flächenbedarfes für den Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen sich zu einem wesentlichen Teil aus Anforderungen des europäischen Artenschutzrechtes ergibt. Eine weitere Ur- sache für höheren Flächenbedarf ergibt sich aus der Lenkung der Kompensa- tion auf bereits ökologisch hochwertigere Flächen (z.B. Breitenburger Moor, ehemals militärisch genutzte Flächen), deren ökologisches Aufwertungspoten- tial naturgemäß erheblich geringer ist. Zum Tunnelprojekt Fehmarnbelt-Querung (Straßen- und Schienenanbindung) liegen derzeit noch keine Zahlen vor. zu d) Für Vorhaben im Bereich der Bundes-Wasserstraßen ist die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zuständig. Für diese Vorhaben liegen der Landesregierung keine Daten vor. zu e) Für Schienenverkehrsprojekte liegt die Zuständigkeit beim Eisenbahn- bundesamt. Für diese Vorhaben liegen der Landesregierung keine Daten vor. zu d) Sonstige Eingriffe stellen z. B. die Eingriffe im Zuge der Umsetzung der gemeindlichen Bauleitplanung dar, die gemäß § 1 a Abs. 3 BauGB im Zuge des Bebauungsplans auszugleichen sind. Zu diesen in der Zuständigkeit der Gemeinden liegenden Kompensationsverpflichtungen liegen der Landesregie- rung keine landesweiten Angaben vor. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/395 9. Wie und in welchem Umfang erfolgt der Ausgleich in den kreisfreien Städten vorrangig? Der Landesregierung liegen hierüber keine Daten vor. 10. Welche Möglichkeiten zur Ökologisierung der Städte sieht die Landesregie- rung und welche wurden/ werden davon ggf. bereits umgesetzt? Die Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes und der Landschafts- pflege ist Aufgabe der kommunalen Gebietskörperschaften. 11. Wie steht die Landesregierung zum Vorkaufsrecht für den Naturschutz? Die Landesregierung gibt grundsätzlich kooperativen Modellen des Flächen- erwerbs (Flächenkauf, Flächentausch) für den Naturschutz den Vorrang vor einem Vorkaufsrecht. In besonders gelagerten Einzelfällen können jedoch be- stimmte Flächen als Bindeglieder in besonders wichtigen Bereichen des Bio- topverbundsystems so bedeutsam sein, dass es angemessen erscheint, den Erwerb dieser Flächen auch mithilfe eines Vorkaufsrechts zu ermöglichen. Die Landesregierung strebt daher grundsätzlich eine Wiedereinführung des natur- schutzrechtlichen Vorkaufsrechts an, allerdings strikt beschränkt auf das Un- verzichtbare. 12. Welche inhaltlichen Schwerpunkte sieht die Landesregierung in der Zukunft beim Flächenausgleich? Auch der Naturschutz ist in Schleswig-Holstein Betroffener der zunehmenden Flächenknappheit. Deshalb misst die Landesregierung der Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen als Ökokonten oder Flächenpools in Zukunft eine noch höhere Bedeutung zu. Denn die bisherigen Erfahrungen insbesondere bei der Zulassung von Großprojekten zeigen, dass Ökokonten und Poollösun- gen das Verfahren erheblich entlasten können und Probleme hinsichtlich der Flächenverfügbarkeit nicht auftreten. Des Weiteren werden Aufwertungen und Arrondierungen bestehender Naturschutzflächen und kooperative Kompensa- tionsformen mit den Landwirten z.B. als produktionsintegrierte Kompensation an Bedeutung gewinnen.