SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4028 18. Wahlperiode 2016-04-04 Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Kumbartzky (FDP) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Niederfrequente Schallentwicklung und Infraschall 1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über potentielle Schädigungen durch tieffrequente Töne und Infraschall sowie die Wirkungen von tiefen Frequenzen in Innenräumen vor? Wenn ja, welche? Als Infraschall bezeichnet man Luftschallwellen unterhalb des menschlichen Hörbereiches . Infraschall liegt definitionsgemäß zwischen 0,1 und 20 Hz, tieffrequenter Schall unterhalb von 100 Hz. Zur Ermittlung des Handlungsbedarfes hat hierzu das Umweltbundesamt eine „Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall. Entwicklung von Untersuchungsdesigns für die Ermittlung der Auswirkungen von Infraschall auf den Menschen durch unterschiedliche Quellen“ erstellen lassen, die auch den derzeitigen Wissensstand abbildet und beschreibt (UBA-Text 40/2014, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/420/dokumente/geraeusc hbelastung_durch_tieffrequenten_schall.pdf ). Die Landesregierung hat keine Kenntnis über gesundheitsschädliche Auswirkungen speziell durch Windkraftanlagen. Es ist bekannt, dass sehr viel stärkere Level von Infraschall und tieffrequentem Schall, wie sie von Windanlagen nicht verursacht werden, Gesundheitsschäden hervorrufen können. 2. Plant die Landesregierung Untersuchungen hinsichtlich etwaiger gesundheitsschädlicher Auswirkungen durch übermäßige und vor allem niederfrequente Schallentwicklung und Infraschall sowie die Wirkungen von tiefen Frequenzen in Innenräumen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Drucksache 18/4028 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Eigene Untersuchungen der Auswirkungen von tieffrequentem Schall auf den Menschen sind nicht geplant. 3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass der aktuelle Stand der Wissenschaft nahe legt, dass die Auswirkungen von Windenergieanlagen zu gesundheitlichen Schäden führen können? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Nein. Es gibt keine wissenschaftlich abgesicherten Belege für nachteilige Wirkungen unterhalb der Wahrnehmungsgrenze. Unter anderem bei aktuellen Untersuchungen in Baden-Württemberg wurde festgestellt, dass Infraschallpegel von Windkraftanlagen deutlich unterhalb der Wahrnehmungsgrenze des Menschen liegen. Auch in den übrigen Frequenzbereichen ist grundsätzlich bei Einhaltung der entsprechenden gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte nicht von gesundheitsschädlichen Wirkungen auszugehen. Aufgrund der Ergebnisse verschiedener wissenschaftlicher Studien wird befürchtet, dass Dauerbelastungen durch Schall über etwa 65 dB(A) am Tag zu einem erhöhten Gesundheitsrisiko führen können. Aber auch Belastungen darunter können je nach Art und Dauer das Wohlbefinden einschränken. Die zulässigen Immissionsrichtwerte für Gebiete z.B. mit Wohnnutzungen liegen deutlich darunter . 4. Gibt es eine Unbedenklichkeitsbescheinigung seitens der Gesundheitsämter vor Ort zum Betrieb und weiteren Ausbau von Windparks Es ist nicht Aufgabe der Gesundheitsämter, entsprechende Bescheinigungen auszustellen . Zuständige Behörde für die Überprüfung der Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Auflagen ist die Immissionsschutzbehörde. 5. Gibt es Schwierigkeiten mit Hörgeräten bei hörbehinderten Menschen in der Nähe von Windparks und, wenn ja, welche? Welche technischen Möglichkeiten gibt es, Schwierigkeiten mit Hörgeräten bei hörbehinderten Menschen in der Nähe von Windparks zu minimieren bzw. zu beheben, und in welchem Umfang werden diese bereits angewandt? Weder Schwierigkeiten mit Hörgeräten noch wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema sind der Landesregierung bekannt. 6. Bestehen Gefahren für Menschen mit Epilepsie durch Schattenschlag, Nachtbefeuerung und Lärm/Infraschall? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4028 3 Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) hat Hinweise zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von Windenergieanlagen herausgegeben . Diese werden auch in Schleswig-Holstein bei der Genehmigung von Windenergieanlagen herangezogen. Bei Einhaltung dieser Hinweise können schädliche Umwelteinwirkungen ausgeschlossen werden. Über Auswirkungen von Nachtbefeuerung und Lärm/Infraschall von Windenergieanlagen auf Menschen mit Epilepsie hat die Landesregierung keine Kenntnis. 7. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass aufgrund der Tatsache, dass Windenergieanlagen immer höher und leistungsstärker werden, auch die Schallemissionen und die bestehenden Grenzwerte neu bewertet werden müssen? Einzuhaltende Immissionsrichtwerte sind grundsätzlich unabhängig von der Größe und Leistung einer Anlage einzuhalten. Die Landesregierung sieht daher keinen Anlass , die Schallemissionen und Immissionsrichtwerte für höhere Windenergieanlagen grundsätzlich anders zu bewerten als für niedrigere oder andere gewerbliche Anlagen , die gleiche oder ähnliche Geräusche verursachen. Es wird daher ebenfalls keine Veranlassung gesehen, dass die bestehenden und bundesweit geltenden Immissionsrichtwerte geändert werden müssen. Die Landesregierung sieht jedoch Überprüfungsbedarf bei der Schallimmissionsprognose für derartige hohe Anlagen und arbeitet in einer entsprechenden Arbeitsgruppe des Bund/Länder-Ausschusses Immissionsschutz (LAI) mit. Im Ergebnis soll der zunehmenden Anlagenhöhe bei der Schallausbreitungsbetrachtung und damit der Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte besser Rechnung getragen werden . Die Landesregierung beabsichtigt, zur Verbesserung der hierfür notwendigen fachlichen Grundlagen eine messtechnische Untersuchung durchführen zu lassen.