SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4044 18. Wahlperiode 2016-04-15 Kleine Anfrage des Abgeordneten Hans-Jörn Arp (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten “Bürgerwehren“ und Sicherheitsdienste in Schleswig-Holstein Vorbemerkung der Landesregierung: Der Duden definiert eine „Bürgerwehr“ als „Gesamtheit der von Bürgern einer Gemeinde gebildeten bewaffneten Einheiten“. Solche Bürgerwehren oder vergleichbare Zusammenschlüsse von Bürgerinnen und Bürgern in SH sind der Landesregierung nicht bekannt. 1. Welche „Bürgerwehren“ oder vergleichbaren Zusammenschlüsse von Bürgern in Schleswig-Holstein sind der Landesregierung bekannt und aus welchen Gründen wurden diese nach Kenntnis der Landesregierung gegründet? Antwort: Der Landesregierung sind lediglich Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern bekannt, die jenseits einer „Bürgerwehr“ im Sinne der Definition über Zusammenschlüsse eigene Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit durchführen (wollen). Im Einzelnen: Kreis Schleswig-Flensburg – Polizeidirektion Flensburg Die Facebook-Gruppe "Nachbarschaftswache Satrup und Umgebung" wurde der Polizei im Juni 2014 bekannt. Die Verantwortlichen sollen dazu aufgefordert haben , sogenannte „Gaunerzinken“ und verdächtige Personen zu melden. Es gab weder Hinweismeldungen noch Anzeigen bei der Polizei. Die Polizeidirektion Drucksache 18/4044 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Flensburg hat zurzeit keine Erkenntnisse über Aktivitäten von „Bürgerwehren“ oder vergleichbaren Zusammenschlüssen in Satrup und Umgebung. In der Ortschaft Jagel gab es 2014 eine Initiative des Bürgermeisters „Wachsamer Bürger“. Plakate im Ort und ein Artikel im Amtsblatt sollten die Einwohner hinsichtlich des Themas „Einbruch“ sensibilisieren. Die Aktion war zeitlich befristet und ist nach Kenntnisstand der Polizeidirektion Flensburg beendet. Am 15.01.2016 wurde eine „City-Wache Flensburg“ gegründet. Die Gruppe möchte Rundgänge durchführen, um das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu steigern. Weitere Informationen zur Gruppe oder deren Aktivitäten liegen der Polizeidirektion Flensburg nicht vor. Der Bürgermeister der Gemeinde Sörup bat Anfang 2016 um ein informatorisches Gespräch zwischen ihm als Bürgermeister, Mitarbeitern der Polizeistation Mittelangeln und einem Bürger der Gemeinde Sörup. Dieser Bürger hatte sich beim Bürgermeister besorgt über die Häufung von „Wohnungseinbrüchen“ in Sörup geäußert und wollte möglicherweise eine sogenannte „Bürgerwehr“ organisieren. Zum Gesprächstermin erschien der besorgte Bürger nicht, weil er den Termin vergessen hatte. Der Bürgermeister teilte der Polizei mit, dass zwischenzeitlich kein erneuter Gesprächswunsch an ihn herangetragen wurde. Im Bereich St. Peter-Ording und Mildstedt bestand aufgrund der Einbruchsserie 2015 / 2016 die Absicht eine „Bürgerwehr“ zu gründen. Zu einer Realisierung kam es nach hiesiger Kenntnis nicht. Ein Bürger beantragte bei der Stadt Friedrichstadt die Einrichtung einer „ehrenamtlichen Sicherheitswacht“. Der Bürgermeister von Friedrichstadt lehnte diesen Antrag im Februar 2016 ab. Stadt Kiel – Polizeidirektion Kiel Im Kieler Stadtteil Gaarden hatte sich erstmalig am 01.03.2015 eine kleine Personengruppe unter dem Namen „Bürgerwehr Kiel“ getroffen. Hintergrund dieses Treffens soll die damalige aktuelle Häufung von Bränden im Stadtteil gewesen sein. Organisierte Bestreifungen erfolgten nach hiesiger Kenntnis bislang nicht. Diese „Bürgerwehr Kiel“ ist nach dem Kenntnisstand der Polizeidirektion Kiel seit März 2015 nicht mehr in Erscheinung getreten. Eine Person aus diesem Kreis versuchte über einen Facebook-Aufruf, ein Treffen gleichgesinnter Personen für den 21.02.2016 am „Germaniahafen“ zu initiieren. Eingesetzte Kräfte der Polizei konnten dort zum genannten Zeitpunkt und zu späteren Zeitpunkten keine Treffen feststellen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4044 Landkreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg – Polizeidirektion Ratzeburg Der Polizeidirektion Ratzeburg sind bekannt Bürgerinitiative „Mehr Sicherheit für Großhansdorf e.V.“, Bürgerinitiative „Sicherheit für Ahrensburg e.V.“, Bürgerinitiative „Sicherheit für Oststeinbek“, „Nachbarschaftswache Güster“ und „Bürgerwehr Linau“. Die Polizeidirektion Ratzeburg hat keine aktuellen Erkenntnisse darüber, ob die „Bürgerwehr Linau“ weiter besteht. Die angekündigte Einrichtung einer „Bürgerwehr“ Wentorf (Hmb.) wurde nach dem Kenntnisstand der Polizeidirektion Ratzeburg nicht realisiert. Bei allen Zusammenschlüssen ist offensichtlich eine negative Einschätzung der subjektiven Sicherheit, überwiegend wegen der Häufung von Eigentumsdelikten, ausschlaggebend für ihre Gründung gewesen. Dabei ist festzustellen, dass das polizeiliche Lagebild diese Lageeinschätzung überwiegend nicht stützte. Die örtlich zuständigen Polizeidienststellen stehen grundsätzlich in Kontakt zu entsprechenden Organisatoren bzw. Verantwortlichen. 2. Wie haben sich Anzahl und Personenstärke derartiger Zusammenschlüsse seit der kleinen Anfrage vom 18.03.2015 (Drs. 18/2784) entwickelt? Antwort: Seit der kleinen Anfrage vom 18.03.2015 (Drs. 18/2784) hinzugekommen ist die „City-Wache Flensburg“, über deren Personenanzahl und Aktivitäten keine weiteren Informationen vorliegen. Die Bürgerinitiative „Sicherheit für Oststeinbek“ teilte der Polizeidirektion Ratzeburg aktuell die Zunahme ihrer Mitglieder von 50 auf ca. 90 Personen mit. Darüber hinaus liegen der Landesregierung keine weiteren Erkenntnisse über Entwicklungen vor. Drucksache 18/4044 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 3. Welche Fälle sind der Landesregierung bekannt, in denen private Sicherheitsdienste durch mehrere Geschäftsleute oder Privatpersonen auf eigene Kosten damit beauftragt wurden, einzelne Straßen, ganze Straßenzüge oder Wohnviertel zu bestreifen? Antwort: Im Bereich der Polizeidirektion Itzehoe ist ein Fall bekannt. Der Bürgermeister der Stadt Glückstadt trat 2010 an die Polizei heran, da es im Innenstadtbereich von Glückstadt in den Sommermonaten vermehrt zu Sachbeschädigungen und Ruhestörungen gekommen war. Diesen Umstand wollten weder Stadtverwaltung noch Gewerbetreibende tatenlos hinnehmen. So werden seitdem so genannte „City-Streifen“ in der „hellen“ Jahreszeit eingesetzt, die anteilig von der Stadt und Gewerbetreibenden / Privaten finanziert werden. Diese Streifen werden von zwei Mitarbeitern eines örtlichen Sicherheitsdienstes, die einen Hund mitführen, durchgeführt. Der Einsatz findet in der Regel freitags und samstags sowie bei Sonderveranstaltungen (z. B. Matjestage in Glückstadt) statt. Die Einsatzkoordination erfolgt durch das Ordnungsamt der Stadt Glückstadt. 4. Aus welchen Gründen sind die privaten Sicherheitsdienste nach Kenntnis der Landesregierung mit der Bestreifung der jeweiligen Gebiete beauftragt worden? Antwort: Trotz erhöhter polizeilicher Präsenz waren Sachbeschädigungen und Ruhestörungen in der Glückstädter Innenstadt nicht gänzlich zu unterbinden. Ein besonderes Ärgernis für etliche Gastronomen mit Außenterrassen war das Beschädigen bzw. Herausreißen von Pflanzen aus Blumenkübeln. Auch öffentliche Einrichtungen (z. B. Müllbehälter ) wurden beschädigt. Bei den Tätern handelte es sich regelmäßig um mehr oder weniger alkoholisierte Jugendliche und Heranwachsende. Durch die Stadt Glückstadt wurde, in enger Abstimmung mit der örtlichen Polizeistation , ein Sicherheitsdienst damit beauftragt, in der Sommersaison zu relevanten Zeiten in den Wochenendnächten sichtbar Präsenz zwischen Markt - Am Fleth - Hafenkopf zu zeigen. Der Sicherheitsdienst spricht daneben alkoholisierte junge Leute offensiv an und verbleibt dann in der Nähe dieser Gruppen. Die Anwesenheit des Sicherheitsdienstes wirkt zunehmend präventiv, was auch für Ruhestörungen gilt.