SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4062 18. Wahlperiode 2016-04-26 Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Günther (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Gescheiterte Abschiebungen Vorbemerkung des Fragestellers Am 7. April 2016 haben mehrere schleswig-holsteinische Zeitungen über eine Sammelrückführungsaktion abgelehnter Asylbewerber in der Nacht vom 5. auf den 6. April berichtet. 122 ausreisepflichtige Personen sollten in ihre Heimat abgeschoben werden, im Flugzeug saßen laut den Zeitungsberichten am Ende jedoch nur 96 Personen . 1. Trifft es zu, dass sich ausreisepflichtige 26 Personen in der Nacht zum 6. April ihrer Abschiebung entziehen konnten? Antwort: Eine Reihe der abzuschiebenden Personen sollte am frühen Morgen des 06.04.2016 direkt aus ihren Wohnungen in den Kreisen/kreisfreien Städten abgeholt und zum Flughafen verbracht werden. Hiervon wurden 26 Personen nicht angetroffen. Über die Gründe der Abwesenheit liegen derzeit noch keine Kenntnisse vor; die statistische Auswertung für den Monat April 2016 einschließlich der Gründe erfolgter Stornierungen wird erst im Mai 2016 vorliegen . Es wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob angesichts des Umstands, dass Abschiebungstermine nach § 59 Abs. 1 Satz 8 des Aufenthaltsgesetzes (Auf- Drucksache 18/4062 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 enthG) nicht mehr angekündigt werden dürfen, den Betroffenen die nächtliche Abwesenheit aus ihrer Wohnung zur Last gelegt werden kann. Von den im Vorfeld zur Chartermaßnahme am 06.04.2016 in der Landesunterkunft Boostedt untergebrachten abzuschiebenden Betroffenen wurden alle Personen angetroffen. 2. Wenn ja, wie und wo haben sich diese Personen ihrer Abschiebung entziehen können? Bitte detailliert ausführen. Antwort: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Ist dem Landesamt bekannt, wo sich diese Personen derzeit aufhalten? Antwort: Nein. Die Zuständigkeit für die nicht angetroffenen Personen liegt bei den Ausländerbehörden der jeweiligen Kreise/ kreisfreien Städte. 4. Inwieweit hat dies Konsequenzen für die betreffenden Personen? Wie werden die Konsequenzen vollzogen? Antwort: Ausländerinnen und Ausländer können zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn ihr Aufenthalt unbekannt ist (§ 50 Abs. 6 AufenthG). Im Falle eines Aufgriffs ist durch die zuständige Ausländerbehörde zu prüfen, ob ein Antrag auf Anordnung von Sicherungshaft (Abschiebungshaft ) nach § 62 Abs. 3 AufenthG zu stellen ist. Die ggf. erwirkte Haftanordnung würde aufgrund einer zwischen Schleswig-Holstein und Brandenburg bestehenden Verwaltungsvereinbarung in der Abschiebungshafteinrichtung Eisenhüttenstadt vollzogen. 5. Wie hoch waren die Gesamtkosten für die durchgeführte Abschiebungsaktion, wer trägt sie und inwieweit und in welcher Höhe werden abgeschobene Asylbewerber an den Abschiebungskosten beteiligt? Antwort: Die Gesamtkosten setzen sich aus mehreren Einzelpositionen zusammen, deren Abrechnung noch nicht abgeschlossen ist. Die nachfolgende Aufzählung ist daher als vorläufig zu betrachten. Neben den Kosten für die Chartermaschine (rd. 75.000 €) sind Kosten für medizinische Begleitung (rd. 3.500 €), für Dolmetscher (rd. 900 €) sowie für Verpflegungsleistungen während der Maß- Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4062 3 nahme (rd. 1.000 €) entstanden. Für den Einsatz der Vollzugskräfte des Landesamtes für Ausländerangelegenheiten, der schleswig-holsteinischen Landespolizei sowie der Bundespolizei stehen die Kostenabrechnungen noch aus. Die Kosten werden durch die jeweils zuständigen Ausländerbehörden getragen und den abzuschiebenden Ausländerinnen und Ausländern in Rechnung gestellt. Die Kostentragungspflicht ergibt sich aus § 66 AufenthG. Nach § 67 Abs. 3 AufenthG erlassen die jeweils zuständigen Ausländerbehörden entsprechende Leistungsbescheide. 6. In welcher Höhe liegen die Kosten für die 26 gescheiterten Abschiebungen und wer trägt sie zu welchem Anteil? Antwort: Es wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob die nicht angetroffenen Ausreisepflichtigen das Scheitern der Maßnahme schuldhaft verursacht haben und ob bzw. in welcher Höhe ihnen somit die entstandenen Kosten in Rechnung zu stellen sind. Auf die Antworten zu Fragen 1 und 5 wird im Übrigen verwiesen. 7. Für wie viele Personen waren bei dieser Großaktion Sitzplätze im Flugzeug gebucht; inwieweit trifft es zu, dass Sitzplätze für die Rückführungsaktion überbucht waren? Antwort: Erfahrungsgemäß erscheinen nicht alle Ausreisepflichtigen zum Rückführungstermin bzw. sind in ihren Wohnungen anzutreffen. Zur Reduzierung des Kostenrisikos werden daher die Plätze für abzuschiebende Ausländerinnen und Ausländer regelmäßig überbucht. Für die Chartermaßnahme am 06.04.2016 lagen ursprünglich insgesamt 236 Anmeldungen vor, u.a. auch aus Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. An Bord der Maschine hätten bis zu 160 abzuschiebende Ausländerinnen und Ausländer Platz gehabt. Die weiteren Sitzplätze sind für Sicherheits- und medizinische Begleitung vorbehalten . Insgesamt wurden 130 Personen aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern zurückgeführt. 8. Wie hoch waren die Kosten für einen Sitzplatz? Antwort: Unter Zugrundelegung der Kosten i.H.v. rd. 75.000 € für die Chartermaschine und 160 möglichen Plätzen belaufen sich die Kosten auf rd. 470 € pro Sitz- Drucksache 18/4062 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 platz. Auf die Antwort zu Frage 5 wird im Übrigen verwiesen. 9. Wie weit sind die Pläne des gemeinsamen Abschiebegewahrsams mit Hamburg vorangeschritten und zu welchem Datum soll die Einrichtung auf dem Hamburger Flughafen in Betrieb genommen werden? Antwort: Schleswig-Holstein plant, sich an dem Ausreisegewahrsam am Flughafen Hamburg zu beteiligen. Die Zuständigkeit für die Errichtung und den Betrieb des Ausreisegewahrsams liegt bei der Freien und Hansestadt Hamburg. Ein konkreter Termin für die Inbetriebnahme ist der Landesregierung bisher noch nicht bekannt.