SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/409 18. Wahlperiode 2013-01-03 Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens-Christian Magnussen (CDU) und Antwort der Landesregierung - Ministerin für Bildung und Wissenschaft Erhalt kleiner Grundschulstandorte als Außenstelle Vorbemerkung des Fragestellers: Laut Koalitionsvertrag werden die Sorgen im ländlichen Raum ernst genommen und es soll ermöglich werden, dass Schulen im Dorf bleiben. Das Bildungsministerium betont, dass kleinen Standorten die Möglichkeit zur Weiterführung des Schulbetrie- bes gegeben werden soll, wenn entsprechende flexible Konzepte angeboten werden. Vorbemerkung der Landesregierung: Die Landesregierung will auch im ländlichen Raum ein leistungsfähiges und gut er- reichbares Angebot an Grundschulen sichern. Dabei müssen jedoch verschiedene Aspekte miteinander abgewogen und zum Ausgleich gebracht werden. Zum einen sollen Kindern keine weiten Fahrwege zugemutet werden. Zum anderen muss ge- währleistet sein, dass Schulen im ländlichen Raum in der Lage sind, die Bildungs- chancen ihrer Schülerinnen und Schüler so zu fördern, wie es in städtischen Regio- nen der Fall ist. Denn regelmäßig wird ein vielfältiges, anregendes Lernumfeld vor allem an größeren Schulen entwickelt werden können. Dies gilt insbesondere auch für die Offene Ganztagsschule mit ihren den Unterricht ergänzenden Bildungsaktivi- täten. Zum dritten ist schließlich zu bedenken, dass die Verteilung eines begrenzten Drucksache 18/409 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Bestands an Lehrerplanstellen sich an der Schülerzahl und einer Lerngruppengröße von 22 Schülerinnen und Schülern ausrichtet, um eine gleichmäßige und gerechte Vergabe dieser Ressourcen zu erreichen. Je kleiner die Schulstandorte sind, desto schwieriger wird es, zu einer Lerngruppenbildung von 22 Kindern zu kommen. Um die Schulen dennoch mit einer genügenden Zahl von Planstellen auszustatten, ist es unvermeidlich, ihnen bei der Planstellenzuweisung einen Zuschlag zukommen zu lassen. Angesichts des im Landeshaushalt festgelegten Bestands an Planstellen führt das zu der Konsequenz, dass größere Schulstandorte weniger Planstellen er- halten als ihnen eigentlich zustünden. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung gegenüber betroffenen Schulen, Eltern und Schulträgern deutlich gemacht, dass ein Erhalt kleiner Grundschulstand- orte als Außenstelle nur in Betracht gezogen werden kann, wenn die Schule insge- samt - das heißt, gemeinsam mit allen am schulischen Leben Beteiligten - vor Ort ein Konzept entwickelt, das sowohl kostenneutral als auch pädagogisch didaktisch über- zeugend ist. 1. Was tut die Landesregierung um zum Ende des laufenden Schuljahres Schlie- ßungen kleiner Schulstandorte zu verhindern, die tragfähige Konzepte aufwei- sen können, deren Umsetzung auch mit sinkenden Schülerzahlen sinnvoll mög- lich ist, ohne dass zusätzliche Kosten verursacht werden? Antwort: Sofern die vorgelegten Konzepte den in der Vorbemerkung genannten Kriterien ge- nügen, wird eine Schließung nicht erfolgen. 2. Ist Landesregierung damit befasst, flexible Konzepte zu prüfen oder eigene Konzepte zu entwickeln um den ländlichen Raum durch den Erhalt von Grund- schulstandorten zu stärken? Wenn nein, warum nicht? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/409 3 Antwort: Es liegen der Landesregierung noch keine Konzepte vor, die - wie von ihr verlangt - von allen an der schulischen Gestaltung Beteiligten entwickelt worden sind (vgl. Vor- bemerkung der Landesregierung). Die Landesregierung selbst entwickelt keine eige- nen Konzepte, weil die Schulentwicklungsplanung eine Aufgabe der Schulträger dar- stellt und die konkrete Ausgestaltung der pädagogischen Arbeit eine Aufgabe der Schule bildet. Die Landesregierung wird jedoch über eine Arbeitsgruppe der Bildungskonferenz ein Dialogforum schaffen, damit in diesem Rahmen die Frage von Grundschulstandorten im ländlichen Raum generell beraten werden und Impulse für die vor Ort zu treffen- den Entscheidungen entwickelt werden können. 3. Wenn es keine festgelegte Schülermindestzahl für Grundschul-Außenstellen gibt, sondern eine Fortführung immer dann möglich ist, wenn ein entsprechen- des Konzept ein kostenneutrales und pädagogisch sinnvolles Arbeiten im Rah- men der vorgeschriebenen Unterrichts- und Betreuungszeiten gewährleistet, von wem und nach welchem Maßstab werden diese Konzepte beurteilt? Antwort: Die in der Frage bereits genannten Parameter - Kostenneutralität und pädagogisch sinnvolles Arbeiten im Rahmen der vorgeschriebenen Unterrichts- und Betreuungs- zeiten - bilden den Maßstab, nach denen entsprechende Konzepte geprüft werden. Die Prüfung erfolgt durch die oberste Schulaufsicht in enger Abstimmung mit der un- teren Schulaufsicht. 4. Laut Koalitionsvertrag soll den Schulträgern „Flexibilität bei der regionalen Um- setzung“ von Konzepten für kleine Grundschulstandorte ermöglicht werden. An welche Instanz kann sich ein Grundschulstandort, eine Gemeinde oder ein Schulträger wenden, wenn bei der Prüfung eines Konzeptes durch Schulleitung, Schulkonferenz oder Schulaufsichtsbehörde Befangenheit oder ein Interes- senskonflikt angenommen werden müssen und welche Reihenfolge der Hierar- chie innerhalb der Behörden ist zu beachten? Drucksache 18/409 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Antwort: Die Genannten können sich jeweils über die untere Schulaufsichtsbehörde an die oberste Schulaufsicht im Bildungsministerium wenden. 5. Wie hat sich der Lehrerwochenstundenzuweisungsfaktor für Grundschulen in- nerhalb der letzten 15 Jahre in Schleswig-Holstein entwickelt? Bestehen unter- schiedliche Zuweisungsfaktoren in den Kreisen und wenn ja, wie sahen diese jeweils in den letzten 15 Jahren aus? Antwort: Die Entwicklung des Zuweisungsfaktors „Lehrerwochenstunden je Grundschüler“ des Bildungsministeriums an die Schulämter ist der nachfolgenden Tabelle zu entneh- men. Die Faktoren waren jeweils für alle Schulämter gleich. Schuljahr Lehrerwochenstunden je Schüler/in 1998/99 1,06 1999/00 1,09 2000/01 1,08 2001/02 1,08 2002/03 1,11 2003/04 1,15 2004/05 1,15 2005/06 1,18 2006/07 1,21 2007/08 1,25 2008/09 1,28 2009/10 1,31 2010/11 1,23 2011/12 1,28 2012/13 1,29 Den Schulämtern werden die Lehrerplanstellen jeweils als ein Gesamtbudget zuge- wiesen, in dessen Rahmen sie eigenverantwortlich entscheiden. Insofern können die konkreten Faktoren der Zuweisung von den einzelnen Schulämtern an die Schulen Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/409 5 durchaus unterschiedlich sein. Die konkreten Zuweisungsfaktoren, die in den Kreisen in den vergangenen 15 Jahren jeweils zur Anwendung gekommen sind, liegen der Landesregierung im Sinne einer statistischen Auswertung nicht vor. 6. Wie sieht der Lehrerwochenstundenzuweisungsfaktor in anderen Bundeslän- dern aus und kann von vergleichbaren Grundschulbedingungen in den Bundes- ländern gesprochen werden, wenn mit dem Zentralabitur auch vergleichbare Prüfungen eingeführt werden sollen? Antwort: Daten zur Planstellenzuweisung anderer Bundesländer liegen der Landesregierung im Sinne einer statistischen Auswertung nicht vor. Aussagen zur Unterrichtssituation im Vergleich der Bundesländer enthält der jährlich dem Landtag vorzulegende „Be- richt zur Unterrichtssituation“. 7. Für welche Schulen bzw. Schulstandorte in Schleswig-Holstein ist innerhalb der nächsten zehn Jahre voraussichtlich ein Handlungsbedarf zu erwarten, weil der Schulbetrieb durch sinkende Schülerzahlen eventuell nicht fortgeführt werden kann? Antwort: Auf Grund des demographischen Wandels ist von einem kontinuierlichen Hand- lungsbedarf auszugehen. Diesem wird im Dialog zwischen Schule, Schulträgern, un- terer und oberster Schulaufsicht entsprochen. Die Entwicklung der Schülerzahlen an den einzelnen Standorten ist dabei geprägt durch Faktoren - zu denen insbesondere der Elternwille zählt -, die in ihrer konkreten Wirkung unterschiedlich sind, so dass belastbare Aussagen über einen Zeitraum von zehn Jahren nicht möglich sind. Das schleswig-holsteinische Schulgesetz sieht deshalb in § 48 Abs. 1 vor, dass Schul- entwicklungspläne regelmäßig fortzuschreiben sind; die meisten Schulträger tun dies spätestens nach fünf Jahren. Drucksache 18/409 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 8. Besteht seitens der Landesregierung das Ziel, dass bis zum Jahre 2020 alle bestehenden Außenstellen von Grundschulstandorten geschlossen bzw. nicht weitergeführt werden sollen? Antwort: Nein. 9. Stimmt die Landesregierung zu, dass Schließungen von Grundschul-Außen- stellen bis zur Schulgesetz-Novellierung ausgesetzt werden soll, um tragfähige Konzepte zum Erhalt von Grundschulstandorten im Zuge des Bildungsdialogs zu entwickeln? Wenn nein, warum nicht und welche Vorgehensweise beabsichtigt die Landes- regierung? Antwort: Die Landesregierung wird weiterhin mit Hilfe der Schulaufsicht den Dialog vor Ort fördern und unterstützen, um so möglichst zu gemeinsam getragenen Lösungen kommen zu können. Bei den Beratungen der Schulträger und der übrigen Beteiligten sind jeweils alle Umstände des Einzelfalls zu betrachten und zu prüfen, welche Per- spektiven sich daraus ergeben. Dabei sind auch etwaige Konzepte mit einzubezie- hen, die den in der Vorbemerkung genannten Anforderungen genügen. Soweit vor Ort Einvernehmen darüber hergestellt werden kann, dass eine Außenstelle ge- schlossen werden soll, besteht aus Sicht der Landesregierung kein Grund dafür, die Entscheidung darüber auszusetzen. 10. Entscheidet ausschließlich der Schulträger über Schließung oder Erhalt von Grundschulstandorten als Außenstelle? Wenn nein, welche Entscheidungsbefugnis obliegt dem Schulleiter der „Haupt- stelle“? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/409 7 Antwort: „Außenstelle(n)“ und „Hauptstelle“ sind jeweils Teile einer Schule. Innerhalb einer Schule ist es Aufgabe der Schulleitung, Entscheidungen über die Organisation der Lerngruppen zu treffen. Damit obliegt es der Schulleitung auch, über die Verteilung der Lerngruppen auf die Standorte und somit die Einrichtung einer Lerngruppe an der Außenstelle zu entscheiden. Regelmäßig werden solche Entscheidungen nach Beratung in der Schulkonferenz und in Abstimmung mit dem Schulträger und der un- teren Schulaufsicht getroffen (vgl. Antwort auf Frage 9).