SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/41 18. Wahlperiode 11. Juli 2012 Kleine Anfrage des Abgeordneten Heiner Rickers (CDU) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Beibehaltungsförderung des Ökolandbaus in Schleswig-Holstein 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung a) über die Menge ökologisch produzierter Nahrungsmittel in Schleswig-Holstein und b) über die Entwicklung der Nachfrage nach ökologisch erzeugten Produkten in Schleswig-Holstein in den letzten 5 Jahren? Daten über die Menge ökologisch produzierter Nahrungsmittel und die Entwicklung der Nachfrage nach ökologisch erzeugten Produkten liegen nur für das Bundesgebiet, nicht aber spezifisch für Schleswig-Holstein vor. 2. Mit welcher Begründung will die Landesregierung die Beibehaltungsförderung des Ökolandbaus wieder aufnehmen, insbesondere unter dem Aspekt der ständig steigenden Nachfrage an ökologisch erzeugten Produkten? Die Landesregierung nimmt die Beibehaltungsförderung wieder auf, weil ohne Förderung mit einem weiteren Rückgang der ökologisch bewirtschafteten Fläche zu rechnen ist. Ziel der Landesregierung ist es, die ökologisch bewirtschaftete Fläche zu steigern, weil damit auch wichtige umweltpolitische und klimapolitische Ziele unterstützt werden, wie z.B. die Verringerung der Stickstoffeinträge in das Grundwasser, um die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie Drucksache 18/41 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 insbesondere in der Gebietskulisse der gefährdeten Grundwasserkörper zu erreichen. Im Übrigen liegt die ökologisch bewirtschaftete Fläche in SchleswigHolstein mit 3,5 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 6,1 Prozent (vgl. auch Antw. Zu Frage 3). 3. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass es volkswirtschaftlich sinnvoller wäre, statt einer Dauerförderung die zeitlich begrenzte Anschubförderung deutlich zu erhöhen? Wenn nein, warum nicht? Nein. Die derzeitigen Marktbedingungen honorieren umweltpolitisch und klimapolitische sowie volkswirtschaftlich sinnvolle Leistungen in vielen Fällen nicht oder nur teilweise über Marktpreise. Der Ökolandbau ist ebenso wie andere Agrarumweltmaßnahmen, beispielsweise der Vertragsnaturschutz, im Vergleich zur konventionellen Wirtschaftsweise nicht nur in der Umstellungsphase, sondern dauerhaft mit Einkommensnachteilen verbunden. Diese Einkommensnachteile sollen durch die Förderung kompensiert werden. Für die im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK- Rahmenplan) verankerten Agrarumweltmaßnahmen für die Förderung einer markt- und standortangepassten Landbewirtschaftung (MSL) lässt der Bund die Einkommensnachteile entsprechend den EU-rechtlichen Vorgaben regelmäßig vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) berechnen. Das KTBL führt hierfür eine Deckungsbeitragsrechnung mit bundesweit gültigen Standardzahlen durch. In diese Berechnung fließen auch Einkommensvorteile wie die höheren Erzeugerpreise für ökologisch erzeugte Produkte ein. Der durchschnittliche Einkommensnachteil für die Beibehaltung ökologischer Anbauverfahren wurde auf diese Weise zuletzt mit • 137 €/ha Acker / Grünland • 271 € / ha Gemüsebau • 662 € / ha Dauerkulturen berechnet. Für die neue EU-Förderperiode ab dem Jahr 2014 wird eine Neuberechnung durchgeführt werden. Schleswig-Holstein wendet für die Ökolandbauförderung aus Gründen der Verwaltungseffizienz und der Verfahrenssicherheit – der Bund notifiziert die so errechneten Fördersätze mit der Nationalen Rahmenregelung bei der EUKommission – die für den bundesdeutschen Durchschnitt berechneten Fördersätze des GAK-Rahmenplans an. 4. Wie hat sich die absolute Anzahl der Ökolandbaubetriebe in Schleswig-Holstein im Vergleich zu konventionell wirtschaftenden Betrieben in den letzten 5 Jahren entwickelt? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/41 3 Der Landesregierung liegen folgende Zahlen über die Entwicklung der Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe insgesamt sowie der ökologisch wirtschaftenden Betriebe vor. 2007 2008 2009 2010 2011 Betriebe insgesamt 16661 16361 16016 15573 15368 Betriebe ökologisch 476 498 519 508 493 Quellen: MELUR 2012 Betriebe insgesamt: Anzahl der Betriebe, die Direktzahlungen erhalten haben; Ökologisch wirtschaftende Betriebe: alle Erzeugerbetriebe im Öko-Kontrolllverfahren 5. Wie setzt sich die Größenstaffelung der Empfängerbetriebe zusammen und mit welcher größtmöglichen Förderung eines Einzelbetriebes rechnet die Landesregierung? Eine Übersicht über die Größenstaffelung der geförderten Betriebe im Jahr 2011 gibt die folgende Tabelle < 10 ha 10 - unter 30 ha 30 – unter 50 ha 50 - unter 100 ha 100 ha und mehr gesamt Anzahl Betriebe 23 90 62 107 110 392 Der maximale Förderbetrag für einen Betrieb lag im Jahr 2011 bei 159.576 €. 6. Welche Überlegungen gibt es ggf. eine Degression oder Kappungsgrenze für größere Betriebe einzuführen? Zur Einführung einer Degression oder Kappungsgrenze gibt es derzeit keine Überlegungen, da sowohl die positiven Umweltwirkungen als auch wesentliche Einkommesnachteile, z.B. geringerer Deckungsbeitrag je ha, mit der Fläche proportional zunehmen. 7. Welche Zahlen und Erkenntnisse hat die Landesregierung zu den betriebswirtschaftlichen Ergebnissen von konventionell wirtschaftenden Betrieben im Vergleich zu Ökolandbaubetrieben in Schleswig-Holstein? Der Landesregierung liegen vergleichende Auswertungen von Betriebsergebnissen (Buchführungsabschlüssen) ökologisch und konventionell wirtschaftender Betriebe des bundesweiten Testbetriebsnetzes aus den Jahren 2003 bis 2010 vor, die regelmäßig vom von Thünen-Insitut Braunschweig (vTI) ausgewertet werden. Daneben liegen der Landesregierung Ergebnisse der Studie „Aufgabe der Beibehaltungsförderung für den ökologischen Landbau – Konsequenzen für das Einkommen der Ökobetriebe in Schleswig-Holstein“ vor, die im Jahr 2011 am Institut für Agrarökonomie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) mit Daten der Wirtschaftsjahre 2006/2007 bis 2008/2009 erstellt wurde. Drucksache 18/41 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Die Vergleiche der Buchführungsabschlüsse aus dem bundesweiten Testbetriebsnetz zeigen: • Die Gewinne der Ökobetriebe liegen im Mittel im betrachteten Zeitraum 2003-2010 um durchschnittlich etwa 6.000 bis 11.000 € über denen konventioneller Betriebe. • Abzüglich der Ökoförderung liegen die Gewinne im Mittel um durchschnittlich rund 3.000 bis 9.000 € unter den Gewinnen konventioneller Betriebe, im Wirtschaftsjahr 2009/10 um rund 8.700 €. Wichtigste Ergebnisse der Untersuchung der CAU sind: • Die durchschnittlichen Betriebsergebnisse ökologisch wirtschaftender Betriebe und vergleichbarer konventioneller Betriebe sind (inklusive MSLFörderung ) mit ca. 43.500 € pro Betrieb nahezu identisch. • Ohne MSL-Förderung läge das Betriebsergebnis der ökologischen Betriebe 38% unter dem der konventionellen Betriebe. • Der Gewinn je ha beträgt bei ökologischen Betrieben durchschnittlich 410 € je ha (mit MSL-Förderung) bzw. 263 €/ha (ohne MSL-Förderung), bei konventionellen Betrieben 485 € je ha. Die Autoren ziehen die Schlussfolgerungen, dass die Wettbewerbsfähigkeit des ökologischen Landbaus vorrangig auf die Gewährung von Fördermitteln für den ökologischen Landbau im Rahmen des MSL-Programms zurückzuführen ist und dass es durch den Wegfall der Beibehaltungsförderung zu einer deutlichen Reduzierung der relativen Wettbewerbsfähigkeit der Ökobetriebe kommen würde. Somit ergibt sowohl die Auswertung der Wirtschaftsdaten schleswigholsteinischer Landwirtschaftsbetriebe als auch die Auswertung bundesweiter Daten, dass die ökologisch wirtschaftenden Betriebe im Durchschnitt auf die Beibehaltungsförderung angewiesen sind, um ein mit konventionellen Betrieben vergleichbares Betriebsergebnis zu erzielen. 8. Ist die Aussage korrekt, wonach Ökolandbaubetriebe im Vergleich zu konventionell wirtschaftenden Betrieben in Schleswig-Holstein im Durchschnitt sechs Mal so hohe Zahlungen aus Agrar- und Umweltmaßnahmen erhalten? Die Bereitschaft, an Agrarumweltmaßnahmen teilzunehmen, ist bei ökologisch wirtschaftenden Betrieben deutlich größer als bei konventionell wirtschaftenden Betrieben. Deutlich höhere Zahlungen aus Agrarumweltmaßnahmen ergeben sich allein schon dadurch, dass ökologisch wirtschaftende Betriebe grundsätzlich ihre gesamte Betriebsfläche in die Agrarumweltmaßnahme „Förderung ökologischer Anbauverfahren“ einbringen können. Kennzahlen über Zahlungen für Agrarumweltmaßnahmen im Jahr 2011 sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Zahlung Agrarumweltmaßnahmen insgesamt 13,949 Mio. € Durchschnittliche Zahlung je Betrieb (15.368 Betriebe) 908,97 € je Betrieb Zahlung Ökolandbauförderung 4,175 Mio. € Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/41 5 Durchschnittliche Zahlung je Ökobetrieb (493 Betriebe) 8.469 € je Betrieb 9. Wie hoch sind die konkreten Beträge im Vergleich? Die jährlichen Fördersätze betragen in € je ha: Ökolandbau Acker/Grünland Beibehaltung 137 Ökolandbau Gemüse Beibehaltung 271 Ökolandbau Dauerkulturen Beibehaltung 662 Ökolandbau Acker/Grünland Einführer 262 Ökolandbau Gemüse Einführer 693 Ökolandbau Dauerkulturen Einführer 1.107 Winterbegrünung 125 (80) Schonstreifen 600 Verbesserte N-Ausnutzung aus flüssigen Wirtschaftsdüngern 30 Vertragsnaturschutz (Grünland) je nach Vertragsmuster 60 - 450 Vertragsnaturschutz (Acker) je nach Vertragsmuster 205 - 650 Die Förderung für den Ökolandbau ist nicht mit der Förderung von Schonstreifen und Vertragsnaturschutz kumulierbar. Für die Winterbegrünung erhalten Ökobetriebe einen reduzierten Fördersatz (80 € je ha).