SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4112 18. Wahlperiode 2016-05-03 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Konsequenzen sexistischen und/oder fremdenfeindlichen Verhaltens von Beamten Vorbemerkung des Fragestellers: Weibliche Polizeianwärterinnen bei der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung in Eutin haben Ende 2014 eine Reihe von Vorwürfen sexuell herabwürdigenden und rassistischen Verhaltens durch bestimmte männliche Polizeianwärter dienstlich mitgeteilt . Nachdem ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen der Vorwürfe – teils aus formellen Gründen wegen versäumter Strafantragsfrist – eingestellt wurde, soll das vorgeworfene Verhalten auch disziplinarisch nicht geahndet worden sein. 1. Trifft es zu, dass die vorgeworfenen Verhaltensweisen disziplinarisch nicht geahndet wurden, und wie rechtfertigt die Landesregierung dies? Antwort: Die nachfolgende Beantwortung der Frage resultiert aus dem Wissen der mit den Verwaltungsermittlungen beauftragten Ermittlungsbeamten: Danach begannen die in Rede stehenden Vorwürfe bereits im Frühjahr 2014, bevor sie Ende 2014 von den betroffenen Polizeianwärterinnen verschriftet und an ihre Vorgesetzten weitergegeben wurden. Mitte Dezember 2014 sind die zu betrachtenden Sachverhalte als Prüffälle von der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung und der Bereitschaftspolizei (PD AFB) in der Polizeiabteilung des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten eingegangen. Nach einer ersten Wertung erschienen die Vorwürfe nicht inhaltsschwer genug, um zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen erkennen lassen zu können. Zur Aufhellung des Sachverhaltes fiel die Entscheidung, dass die zentralen Disziplinarermittler der Po- Drucksache 18/4112 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 lizeiabteilung des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten die PD AFB mit Verwaltungsermittlungen unterstützt. Im Januar 2015 wurden die betroffenen Polizeianwärterinnen in Beisein der Gleichstellungsbeauftragten in Eutin zeugenschaftlich angehört. Im Februar 2015 erfolgten auf Wunsch der Behördenleitung weitere, ergänzende Vernehmungen . Ende Februar 2015 wurden die Ergebnisse der Verwaltungsermittlungen einschließlich sämtlicher Vernehmungen und Anhörungen zur Kriminalpolizeistelle Eutin gegeben, um zu klären, ob der Anfangsverdacht für strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Am 21.04.2015 erfolgte zuständigkeitshalber die Weiterleitung des Sammelvorganges an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht in Lübeck. Im Oktober 2015 wurde das strafrechtliche Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt. Die Prüfung der Behördenleitung der PD AFB hinsichtlich schuldhaft begangener Dienstpflichtverletzungen ergab, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte , die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, nicht vorlagen . Aus diesem Grunde wurden konsequenterweise auch keine Disziplinarverfahren eingeleitet. 2. Welche Minister oder Staatssekretäre wurden wann von den Vorwürfen und von den beabsichtigten Beendigungen der Disziplinarverfahren informiert? Wer hat die Entscheidung bezüglich der Disziplinarverfahren getroffen oder ihr zugestimmt? Antwort: Disziplinarverfahren wurden durch den zuständigen Leiter der PD AFB in seiner Funktion als Disziplinarvorgesetzter auf Basis der Erkenntnisse der Verwaltungsermittlungen sowie des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht eingeleitet. Die Verwaltungsermittlungen wurden durch die in der Polizeiabteilung angebundenen Disziplinarermittler des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten geführt. Die zentrale Disziplinarbehörde des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten wurde in Kenntnis gesetzt und stimmte dem Vorgehen zu. Eine Information des Ministers oder der Staatssekretärin ist in einem derartigen Stadium des Verfahrens unüblich und ist daher nicht erfolgt. 3. Hält die Landesregierung Personen mit sexistischer und/oder fremdenfeindlicher Einstellung, wie sie in Verhalten der vorgeworfenen Art zum Ausdruck kommt, als charakterlich geeignet für den Beruf eines Polizeibeamten und als Vertreter der schleswig-holsteinischen Landespolizei? Antwort: Die Landesregierung hält Personen mit nachgewiesener sexistischer und / oder fremdenfeindlicher Einstellung für den Beruf einer Polizeibeamtin / eines Polizeibeamten für grundsätzlich charakterlich ungeeignet. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4112 3 4. Sieht die Landesregierung die Gefahr, dass die Einstellung der Disziplinarverfahren von den Betroffenen als Bestätigung der Zulässigkeit ihres Verhaltens angesehen werden und auch von anderen Polizeiangehörigen als Signal verstanden werden könnte, dass derartiges Verhalten keine Konsequenzen hat? Antwort: Die Landesregierung sieht die benannte Gefahr nicht, da die Vorwürfe einer umfassenden straf-, beamten- und disziplinarrechtlichen Prüfung unterzogen wurden. Die über ein Jahr dauernde Prüfung der Vorwürfe hat zu einer umfassenden Sensibilisierung der Betroffenen, unabhängig von der Feststellung konkreter Dienstvergehen, geführt. 5. Wurden oder werden aus den Vorgängen Konsequenzen für die polizeiliche Ausbildung gezogen? Antwort: Die Vorwürfe wurden zum Anlass genommen, diese mit den beteiligten Auszubildenden umfassend im Rahmen von Förderungs- und Beratungsgesprächen zu thematisieren. Die Ausbildung bietet durch Inhalte wie berufsethischen Unterricht, Verhaltenstraining und Vermittlung von interkultureller Kompetenz derzeit und zukünftig umfassend dafür Gewähr, dass die Auszubildenden sensibilisiert und geschult werden. 6. Wurde den Opfern Betreuung oder Unterstützung angeboten? Werden sie vor Nachteilen infolge ihrer Offenbarung geschützt? Antwort: Die beteiligten Auszubildenden wurden betreut. Neben der regulären Begleitung und Unterstützung durch das Ausbildungspersonal, den Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte wurde eine Betreuung durch den Psychologischen Dienst angeboten. Darüber hinaus wurde das für diesen Jahrgang zuständige Ausbildungspersonal über den Sachverhalt informiert und für mögliche weitere Entwicklungen sensibilisiert.