SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4180 18. Wahlperiode 2016-05-19 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Fracking und Ölförderung 1. Sieht die Landesregierung in dem von RWE DEA eingereichten Arbeitsplan bezüglich der Bewilligung "Schwedeneck-See" ein geheim zuhaltendes Betriebs - und Geschäftsgeheimnis, hinter welches das öffentliche Informationsinteresse zurücktreten muss? Inwiefern könnte eine Offenlegung Konkurrenten wirtschaftliche Vorteile verschaffen oder die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens schwächen? In der Regel enthalten Arbeitsprogramme zur Aufsuchung und Förderung von Bodenschätzen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, welche auch nach Abwägung mit dem öffentlichen Informationsinteresse schützenswert sein können . Für die Bewilligung „Schwedeneck-See“ sind Kostenschätzungen und Hinweise auf vorgesehene Verfahrensweisen als schützenswert eingestuft worden, da sie Wettbewerbern möglicherweise einen Vorteil verschaffen könnten . 2. Ist § 88a des Landesverwaltungsgesetzes nach Auffassung der Landesregierung vereinbar mit Art. 53 der Landesverfassung, soweit die Vorschrift Betriebs - und Geschäftsgeheimnissen pauschal den Vorrang vor öffentlichen Informationsinteressen gibt? § 88a LVwG ist mit Art. 53 der Landesverfassung vereinbar. Nach Art. 53 LV stellen die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände Drucksache 18/4180 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 amtliche Informationen zur Verfügung, soweit nicht entgegenstehende öffentliche oder schutzwürdige private Interessen überwiegen. Schutzwürdige private Interessen sind dabei insbesondere die zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisse sowie die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Verfahrensbeteiligten nach § 88a LVwG. Ist die Schutzwürdigkeit des privaten Interesses zu verneinen, ist eine Offenbarung der Informationen durch die Behörde nicht mehr unbefugt im Sinne von § 88a LVwG. 3. Wie beurteilt die Landesregierung das Verhältnis des abwägungsfreien § 88a LVwG zu § 10 IZG, der eine Abwägung mit dem öffentlichen Interesse vorsieht ? Führt die Abwägung bei § 10 IZG-SH zu einer Pflicht der Behörde, eine bestimmte Information zu erteilen, so handelt diese Stelle nicht mehr unbefugt im Sinne von § 88a LVwG. 4. Welche nicht natur- oder artenschutzrechtlich geschützten Gebiete im Feld Schwedeneck-See gibt es, in denen eine Gewinnung in Betracht kommt (bitte bezeichnen oder kartieren)? Bitte genaue Flächengrößen angeben. Grundsätzlich können unter allen Gebieten im Feld „Schwedeneck-See“ Kohlenwasserstoffe gefördert werden, wenn die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen . Im Betriebsplanverfahren wird geprüft, welche konkreten Maßnahmen an welcher Stelle, zu welcher Zeit und in welchem Umfang zulässig sind. Die geschützten Gebiete sind in der Karte eingezeichnet. 3 5. Wie ist nach Auffassung der Landesregierung im Feld Schwedeneck-See eine Gewinnung möglich und wirtschaftlich, ohne Seismik einzusetzen, auf See zu fördern oder sonst gegen Belange des Natur- oder Artenschutzes zu verstoßen ? Die Prüfung einer wirtschaftlichen Gewinnung ist nicht Teil des Zulassungsverfahrens . Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens muss der Antragsteller nachweisen, dass die entdeckten Bodenschätze nach ihrer Lage und Beschaffenheit technisch gewinnbar sind. Dabei kann er auf frühere eigene Erkun- Drucksache 18/4180 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 dungen oder Erkundungen von anderen Unternehmen zurückgreifen. Erst wenn das Unternehmen dann konkrete Betriebsplananträge, zum Beispiel für Seismik oder Förderbohrungen, einreicht, prüft die Bergbehörde, ob die Anträge nach den maßgeblichen rechtlichen Vorschriften positiv beschieden werden können. 6. Liegt RWE Dea im Zeitplan des eingereichten Arbeitsprogramms? Ist inzwischen ein Geo-Modell erstellt (1. Jahr), eine Bewertung vorgenommen (2. Jahr), ein Re-Developmentplan fertiggestellt und eine Wiedererschließungsbohrung geplant worden (3. Jahr)? Nach Auskunft der DEA sind folgende Maßnahmen, die im Arbeitsprogramm aufgeführt sind, durchgeführt worden: 1. Die Datenevaluierung, die Durchführung einer dynamischen Lagerstättensimulation und die Erstellung eines Geo-Models, sowie zusätzlich die Erstellung einer Fazies-Studie an der Uni Jena. 2. Bewertung des Restölpotentials sowie Beginn der Erstellung eines Re- Developmentplans inklusive einer Wirtschaftlichkeitsberechnung aufgrund des damals aktuellen Ölpreises. 3. Fertigstellung des Re-Developmentplans und Planung einer Erschließungsbohrung . Die Planungsarbeiten sind abgeschlossen. Eine erneute Wirtschaftlichkeitsberechnung ist ebenfalls erstellt worden. Über einen Antrag für eine Durchführung der Bohrung wird die DEA unter Einbeziehung der Ölpreisentwicklung voraussichtlich im Herbst entscheiden. 7. Wird die Bewilligung für das Feld Schwedeneck-See widerrufen, wenn die Gewinnung nicht innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Bewilligung aufgenommen wurde (§ 18 BBergG)? Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 1.Alt. BBergG ist die Bewilligung zu widerrufen, wenn die Gewinnung nicht innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Bewilligung aufgenommen worden ist. Sie ist jedoch nicht zu widerrufen, solange Gründe einer sinnvollen technischen und oder wirtschaftlichen Planung des Bewilligungsinhabers es erfordern, dass die Gewinnung erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen wird (vgl. § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG). Für die Wiedererschließung bereits bekannter Lagerstätten wird im Regelfall davon ausgegangen, dass es dem Berechtigungsinhaber möglich sein muss, die Gewinnung innerhalb von drei Jahren aufzunehmen, weshalb bei bekannten Lagerstätten grundsätzlich Bewilligungen nur für den Zeitraum von drei Jahren zugeteilt werden. Im vorliegenden Fall wurde aufgrund der besonderen Lage des Bewilligungsfeldes und den daraus resultierenden Schwierigkeiten 5 bzw. Hemmnissen schon bei der Zuteilung der Bewilligung festgelegt, dass, vorbehaltlich der Prüfung im zukünftigen Betriebsplanverfahren, eine eventuelle Gewinnung erst im vierten Jahr aufgenommen werden müsste und die Bewilligung entsprechend für vier Jahre erteilt. Daher erfordern es Gründe einer sinnvollen technischen und wirtschaftlichen Planung des Bewilligungsinhabers, dass die Gewinnung nicht innerhalb von drei Jahren aufgenommen werden muss, weshalb die Bewilligung auch nicht zu widerrufen ist. 8. Die Landesregierung hat angekündigt, dass in den Landesentwicklungsplan ein dauerhaftes Verbot von Fracking aufgenommen werden soll (Drucksache 18/3560). In der Eckernförder Zeitung vom 10.03.2016 wird Umweltminister Habeck mit den folgenden Worten zitiert: "Damit Fracking aber dauerhaft und rechtssicher ausgeschlossen wird, muss der Bund die Gesetze ändern." Inwiefern ermöglicht der Landesentwicklungsplan keinen "dauerhaften und rechtssicheren" Ausschluss von Fracking? Ein umfassendes Fracking-Verbot im Rahmen des Bundesberggesetzes ist aus rechtssystematischen Gesichtspunkten und aus Gründen der Rechtssicherheit die beste Lösung um Fracking zu verhindern. Die Landesregierung hat sich deshalb für eine entsprechende Gesetzesänderung im laufenden Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene eingesetzt. Der Runderlass des Ministerpräsidenten vom 26.02.2014 beinhaltet die Planungsabsichten zu den voraussichtlichen Festlegungen im zukünftigen Landesentwicklungsplan . Danach soll der Abbau von Kohlenwasserstoffen nur ohne Einsatz der Fracking-Technologie zugelassen sein, solange fossile Energieträger für die Energieversorgung noch erforderlich sind. Auf der Grundlage von § 14 Absatz 2 Raumordnungsgesetz kann die Raumordnungsbehörde bis zum Abschluss der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplans entsprechende Genehmigung befristet untersagen. Bei Inkrafttreten des Landesentwicklungsplans würde das Ziel, den Abbau von Erdöl und Erdgas mit Hilfe von Fracking auszuschließen, unmittelbar gelten. Aber um Genehmigungsanträge, die die Fracking-Technologie beinhalten, dann rechtssicher ablehnen zu können, wäre eine sogenannte Raumordnungsklausel im Bundesberggesetz erforderlich. Dies hat Schleswig-Holstein mit der Unterstützung weiterer Länder im Bundesratsverfahren zum aktuellen Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene gefordert. Ohne eine solche Raumordnungsklausel hätten die Bergbehörden außerhalb von Planfeststellungsverfahren nur die Möglichkeit im Rahmen einer Interessenabwägung über § 48 Abs. 2 BBergG solche Anträge abzulehnen, was jedoch mit rechtlichen Unsicherheiten verbunden wäre.