SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4221 18. Wahlperiode 2016-06-01 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Öl- und Bohrschlammgruben Vorbemerkung der Landesregierung: Bei den Öl- und Bohrschlammablagerungen in Schleswig-Holstein handelt es sich um Altablagerungen im Sinne des Bundes-Bodenschutzgesetzes. Die Zuständigkeit dafür liegt bei den unteren Bodenschutzbehörden (uBB) der Kreise und kreisfreien Städte. Die Bearbeitung der Verdachtsstandorte erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben des Bundes und des Landes in mehreren aufeinander aufbauenden Schritten: Nach der Erfassung erfolgt eine historische Erkundung, bei der alle zur Verfügung stehenden Informationen aus Akten, Archiven, Luftbildern, Zeitzeugenbefragungen etc. zusammengetragen werden. Anschließend erfolgt die orientierende Untersuchung durch technische Erkundungsmaßnahmen mit Boden- und Grundwasseruntersuchungen. Wenn sich der Verdacht auf eine mögliche Gefährdung bestätigt, schließt sich die Detailuntersuchung an, die mit einer abschließenden Bewertung der Gefährdungssituation endet und je nach Ergebnis ein Sanierungserfordernis bestätigt oder widerlegt. Die unteren Bodenschutzbehörden haben unabhängig von der Ablagerung von Öl- und Bohrschlämmen noch insgesamt rund 1.800 altlastverdächtige Altablagerungen (stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind) und rund 8.600 altlastverdächtige Altstandorte (Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stof- Drucksache 18/4221 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 fen umgegangen wurde) zu bearbeiten und gehen dabei nach dem Gefährdungspotenzial der einzelnen Standorte vor. Die Landesregierung ist im Rahmen der Fachaufsicht tätig und hat die bei den in Schleswig-Holstein tätigen Energieunternehmen bzw. deren Rechtsnachfolgern sowie die bei der zuständigen Bergbehörde (LBEG) vorliegenden Erkenntnisse zentral zusammengetragen und an die uBB zur weiteren Bearbeitung übergeben. Im Rahmen von Förderprogrammen unterstützt das Land die Untersuchungen an altlastverdächtigen Flächen zur Erforschung und Abwehr von Gefahren für die Umwelt mit einem Anteil an Landesmitteln von bis zu 75 %. Auf die LT-Drucksache 18/4084 wird verwiesen. 1. In welchen Gemeinden befinden sich Öl- und Bohrschlammgruben und wie lange wurden diese genutzt? 3. In welchen Gemeinden befinden sich mutmaßliche Öl- und Bohrschlammgruben (Verdachtsgebiete)? Die Fragen 1 und 3 werden aufgrund des engen Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Nachfolgend sind die Gemeinden aufgeführt, für die Hinweise auf entsprechende Ablagerungen vorliegen. Details zum Stand der Bearbeitung liegen bei den zuständigen uBB vor. Gemeinde Altenholz Gr. Kummerfeld List Schwentinental, Stadt Ascheberg Gribbohm Lohe-Rickelshof Siek Bad Segeberg (Stadt) Grömitz Lutterbek Stadt Burg Behrendorf Groß Offenseth- Aspern Lutzhorn Stakendorf Bokel Grube Meldorf, Stadt Stein Boksee Hagen Müssen Steinfeld Brande- Hörnerkirchen Heiligenstedten Oelixdorf Sterup Brunsbüttel Hohenlockstedt Passade Sülfeld Brunstorf Horst Prasdorf Thumby Damsdorf Idstedt Preetz Wacken Delve Juliusburg Quickborn Walksfelde Dörpstedt Kiel, Landes- Rendswühren Wankendorf 3 Gemeinde hauptstadt Eisendorf Kollow Sachsenwald Warnau Ellerdorf Krempdorf Schenefeld (Steinburg) Weddingstedt Escheburg Krüzen Schlesen Weesby Fedderingen Kühren Schnakenbek Westermoor Glinde Langeln Schönberg Witzhave Gnutz Lankau Schwarzenbek (Stadt) Gönnebek Latendorf Schwedeneck Der Landesregierung liegen nicht zu allen rund 100 Standorten Angaben zum Ablagerungszeitraum vor. Bei vielen Standorten war dieser relativ kurz (ein bis zwei Jahre), teils wurden die Gruben länger betrieben. Die längste Nutzungszeit erstreckt sich von 1939 bis 1982 und damit über einen Zeitraum von 43 Jahren. 2. Warum veröffentlicht das LBEG auf seiner Internetpräsenz nur die in Niedersachsen belegenen Öl- und Bohrschlammgruben? Das LBEG (Bergaufsicht) hat auf dem Kartenserver sämtliche Standorte von Öl- und Bohrschlammgruben unter der Kategorie „Schlammgruben“ veröffentlicht , die derzeit unter der Aufsicht des LBEG als zuständiger Bergbehörde stehen. Da es in Schleswig-Holstein keine solchen Öl- und Bohrschlammgruben gibt, sind auf dem schleswig-holsteinischen Teil der Karte keine Standorte verzeichnet. Die letzte in Schleswig-Holstein unter Bergaufsicht stehende Schlammgrube wurde am 23.07.2014 aus der Bergaufsicht entlassen. Das LBEG (Geologischer Dienst des Landes Niedersachsen) hat zudem die „Schlammgrubenverdachtsflächen“, für die erst nach weitergehenden Untersuchungen Aussagen zu deren Existenz und Gefährdungspotential getroffen werden können, in anonymisierter Form für seinen Zuständigkeitsbereich dargestellt . 4. Welche dieser Gruben liegen in Wasserschutzgebieten oder in Trinkwassereinzugsgebieten ? Nach den der Landesregierung vorliegenden Angaben liegen vier Standorte in Wasserschutzgebieten und zusätzliche neun Standorte in Trinkwassereinzugsgebieten . a) Enthält der Boden dort gesundheits-, umwelt- oder wassergefährdende Stoffe und, wenn ja, welche? Drucksache 18/4221 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Unter Bezug auf die Vorbemerkung kann diese Frage nur im Einzelfall durch die zuständige uBB nach Abschluss der jeweiligen Altlastenbearbeitungsschritte beantwortet werden. Allgemein kann festgestellt werden, dass in Bohr- und Ölschlämmen typischerweise unterschiedliche Anteile von Mineralölen und Zusätzen aus dem Bohrprozess enthalten sind. Im Wesentlichen handelt es sich um Mineralölkohlenwasserstoffe mit unterschiedlichen Anteilen von polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). Eine pauschale Aussage zur Toxizität der abgelagerten Schlämme ist nicht möglich. b) Kann die Landesregierung eine Gefährdung von Mensch oder Umwelt durch diese Stoffe ausschließen (bitte begründen)? Ob eine von den abgelagerten Abfällen ausgehende Gefährdung vorliegt, kann nur im Einzelfall nach Abschluss der Gefährdungsabschätzung durch die uBB beantwortet werden. Eine von den Standorten ausgehende akute Gefährdung insbesondere der Verbrauchergesundheit ist der Landesregierung bisher nicht bekannt. Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist das Gefährdungspotenzial für viele Standorte vergleichsweise gering einzustufen. Gleichwohl kann eine Gefährdung nicht für jeden Fall von vorn herein ausgeschlossen werden. Wird im Rahmen der Gefährdungsabschätzung eine schädliche Bodenveränderung festgestellt, greifen die üblichen bodenschutzrechtlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr . c) Welche Schritte zur Untersuchung oder Sanierung sind gegebenenfalls geplant ? Die Notwendigkeit einer Untersuchung oder Sanierung ergibt sich nach Entscheidung der zuständigen uBB im Zuge der Einzelfallbearbeitung aus dem Ergebnis des jeweiligen Arbeitsschrittes und kann nicht pauschal beantwortet werden. 5. Wurde oder wird im Bereich der Gruben Landwirtschaft betrieben? Ja, im Bereich einiger Altablagerungen wird Landwirtschaft betrieben. 6. Gibt es in den entsprechenden Gemeinden eine Häufung von Krebsarten des blutbildenden Systems wie Leukämie? Derartige Auswertungen liegen nicht vor und würden den Rahmen einer Kleinen Anfrage übersteigen. 5 7. In Niedersachsen wurde unter Leitung des Niedersächsischen Umweltministeriums im November 2014 eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die systematisch Schlammgruben recherchiert und kartiert hat, die mit der Erdöl- und Erdgasförderung in Verbindung stehen könnten (Schlammgrubenverdachtsflächen). Die Verdachtsflächen werden systematisch untersucht. Ist ein solches Vorgehen auch in Schleswig-Holstein geplant (bitte begründen)? Wie oben beschrieben, werden Hinweise auf altlastverdächtige Altablagerungen , unabhängig von der Ablagerung von Bohr- und Ölschlämmen, geprüft und die Verdachtsflächen systematisch untersucht. Einige der bekannten Standorte mit Öl- und Bohrschlammablagerungen sind bereits untersucht worden oder befinden sich aktuell in der Erkundung. Zum Teil ist über längere Zeiträume eine Grundwasserüberwachung erfolgt. Nach bisher vorliegenden Erkenntnissen wird davon ausgegangen, dass von diesen Ablagerungen im Vergleich zu anderen Altlastverdachtsflächen kein besonderes Gefährdungspotenzial ausgeht. Die Betroffenheit durch Öl- und Bohrschlammgruben ist in Schleswig-Holstein zudem deutlich geringer einzuschätzen als in Niedersachsen. Die Festlegung der Reihenfolge von Untersuchungen erfolgt daher – wie sonst auch – durch die zuständigen unteren Bodenschutzbehörden. Gleichwohl prüft die Landesregierung, inwieweit zentrale Maßnahmen zur Unterstützung der uBB möglich sind, um die systematische Erfassung der Standorte und die Bewertung des weiteren Handlungsbedarfes zu unterstützen . Hierbei werden auch die niedersächsischen Erfahrungen berücksichtigt. 8. In welchen Deponien wird aktuell oder in Zukunft anfallender Bohrschlamm entsorgt? Gibt es in Schleswig-Holstein geeignete Deponien und, wenn ja, welche? Derzeit erzeugt in Schleswig-Holstein nur ein Abfallerzeuger ölhaltige Bohrschlämme und -abfälle (Abfallschlüssel 010505*). Dieser entsorgt die Abfälle dieses Abfallschlüssels in einer chemisch-physikalischen Behandlungsanlage in Bremen. In Schleswig-Holstein haben die Deponien Schönwohld, Niemark und Rondeshagen diesen Abfallschlüssel im Annahmekatalog. Sofern die Schadstoffgehalte der Abfälle unterhalb der genehmigten Grenzwerte (Zuordnungswerte) der jeweiligen Deponie liegen, könnten diese Deponien daher entsprechende Abfälle annehmen.