SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/ 4222 18. Wahlperiode 03.06.2016 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (Piraten) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung Langdauernde Fesselung oder Fixierung in psychiatrischen Krankenhäusern 1. Sind nach Auffassung der Landesregierung im Fall der Unterbringung nach PsychKG freiheitsentziehende Maßnahmen wie Fesselung oder Fixierung gesondert gerichtlich zu genehmigen, wenn dem Betroffenen (durch mechanische Vorrichtungen , Medikamente oder auf andere Weise) über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll (vgl. LG Itzehoe, Beschluss vom 7. Januar 2016 – 4 T 4/16)? Antwort: Die Voraussetzungen für eine Fixierung Untergebrachter ergeben sich aus § 16 PsychKG. Neben den materiell-rechtlichen Voraussetzungen (Abs. 1) sieht die Regelung verfahrensrechtlich zum Schutz der oder des Betroffenen vor, dass die Maßnahme nur von einer Ärztin oder einem Arzt aufgrund eigener Untersuchung befristet angeordnet werden darf (Abs. 4 S. 1) und bei Gefahr im Verzug unverzüglich durch eine Ärztin oder einen Arzt genehmigt werden muss (Abs. 4 S. 2). Eine über 12 Stunden hinausgehende Fixierung setzt zusätzlich voraus, dass die ärztliche Leitung der Krankenhausabteilung zustimmt (Abs. 4 S. 3). Das PsychKG selbst sieht eine gerichtliche Genehmigung für Fixierungen bei Patienten , die gemäß § 7 PsychKG untergebracht worden sind, nicht vor. Allerdings ist in Fachkreisen umstritten, ob sich bei Fixierungen, die länger als bis zum Folgetag aufrechterhalten werden sollen, aus Art. 104 Abs. 2 GG die Erforderlichkeit einer gesonderten gerichtlichen Genehmigung ergibt (vgl. Dornis, PsychKG Schleswig- Holstein, Kommentar, 2012, § 16 Rn 7 mwN; zuletzt Grotkopp, Anmerkung zu dem Beschluss des LG Itzehoe, SchlHA 2016, 91 ff). Aufgrund dieser Fachdiskussion und des o.g. Beschlusses des LG Itzehoe vom 7. Januar 2016 prüft die Landesregierung Drucksache 18/ 4222 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 derzeit im Rahmen der geplanten Novellierung des PsychKG, ob und wie eine Änderung des PsychKG herbeizuführen ist, um eine etwaig erforderliche richterliche Genehmigung für diese Fälle im PsychKG vorzusehen. 2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu der diesbezüglichen Praxis in Krankenhäusern? 3. Wie häufig kommt es im Fall der Unterbringung nach PsychKG zu die Dauer von 24 Stunden übersteigenden freiheitsentziehenden Maßnahmen wie Fesselung oder Fixierung? 4. Auf welchen Zeitraum beläuft sich die längste der Landesregierung bekannte Dauer einer solchen Fesselung oder Fixierung? Antwort zu den Fragen 2 bis 4: Träger der Aufgaben nach dem PsychKG sind in Schleswig-Holstein die Kreise und kreisfreien Städte. Diese nehmen die Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr (§ 2 PsychKG). Die Aufgabenträger haben in eigener Verantwortung zu entscheiden, wie sie die gesetzlich übertragenen Aufgaben erfüllen. Ihre Aufgabe ist es insbesondere , die gerichtliche Anordnung der Unterbringung zu vollziehen (§ 13 Abs. 1 PsychKG). Soweit sie die Aufgaben beim Vollzug der Unterbringungsanordnung an Träger privater oder freigemeinnütziger Einrichtungen übertragen haben, obliegt ihnen die Aufsicht über diese Krankenhäuser (§ 13 Abs. 3 PsychKG). Der Landesregierung liegen folglich keine statistischen Angaben vor. Eine insofern notwendige Abfrage bei den Kreisen und kreisfreien Städten war in der Kürze der Zeit, die zur Beantwortung Kleiner Anfragen zur Verfügung steht, nicht möglich. Dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft, Familie und Gleichstellung obliegt die Fachaufsicht über die Kreise und kreisfreien Städte hinsichtlich der Ausführung des PsychKG. Der Fachaufsicht ist bekannt, dass die Handhabung der Fixierung in den letzten Jahren Gegenstand eines intensiven fachlichen Austausches zwischen den kommunalen Aufgabenträgern, Kliniken und Fachverbänden gewesen ist. Als Ergebnis wurde ein Formular für ein Fixierungsprotokoll erarbeitet, das der exakten und umfassenden Dokumentation der Anordnungsgründe, des -verfahrens und des Verlaufs der Anordnung dient. Es sieht vor, dass der Verlauf viertelstündlich überprüft wird. Bei den aufsichtsrechtlichen Besuchen und Besprechungen in den Einrichtungen ist die Fixierungspraxis Gegenstand der Prüfung, wobei besonders darauf geachtet wird, dass die Begründung in der Anordnung ausreichend differenziert und plausibel ist und die Nichtanwendbarkeit von alternativen Maßnahmen nachvollziehbar dargestellt ist. Darüber hinaus ist das MSGWG kontinuierlich im Dialog mit den sozialpsychiatrischen Diensten über die Erarbeitung fachlicher Standards und den aufsichtsrechtlichen Umgang mit Zwangsmaßnahmen und besonderen Sicherungsmaßnehmen nach dem PsychKG.