SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/424 18. Wahlperiode 2012-01-16 Kleine Anfrage der Abgeordneten Barbara Ostmeier (CDU) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Justiz, Kultur und Europa pro familia/Beratungsstelle im Packhaus in Kiel; Zuwendungsentscheidung für das Haushaltsjahr 2013 Die pro familia-Beratungsstelle im Packhaus in Kiel ist eine Facheinrichtung für Täterarbeit und Sexualtherapie. Sie besteht seit 1995 und wird seither durch das Ministerium für Justiz, Arbeit und Europa des Landes Schleswig-Holstein gefördert. Ziel der Arbeit ist die Verhinderung erneuter Sexualdelikte. 1. Im Haushaltsplanentwurf werden Finanzmittel für die „Förderung von Therapie - und Beratungsangeboten für Sexual- und Gewaltstraftäter“ ausgewiesen. a. Wie hoch ist der jeweilige Zuwendungsanteil für die einzelnen Projekte und welche Träger betreuen diese? (bitte den Haushaltstitel fein spezifizieren ). b. Wie hoch war die Zuwendung an den Träger „pro familia“ für das Projekt „Beratungsstelle im Packhaus in Kiel“ seit dem Jahre 2005 und wie hoch wird diese nach dem Haushaltsplanenentwurf 2013 sein? c. Werden Kürzungen der Zuwendungen für dieses Projekt „pro familiaBeratungsstelle im Packhaus“ vorgenommen und wenn ja, weshalb? Drucksache 17/424 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode 2 Antwort zu Frage 1: a) Der Haushaltsentwurf 2013 sieht für therapeutische Einzelmaßnahmen im Titel 0902 533 01 Mittel i. H. v. 30,0 T € und für Projekte in Titel 0902 684 09 Mittel i. H. v. 490,0 T € vor. Folgende Förderungen sind 2013 nach Verabschiedung des Landeshaushalts geplant: Pro Familia Sexualtherapie 32.945,90 Pro Familia Beratungsstelle Packhaus Kiel 174.000,00 ZIP Kiel Sexual- und Gewaltstraftätertherapie 94.049,17 Pro Familia Nachsorge für aus dem Strafvollzug entlassene Sexualstraftäter-Lübeck 47.872,00 Pro Familia Gewalttätige Männer -KIK, LG-Bezirk Lübeck 25.000,00 Pro Familia Gewalttätige Männer - KIK, Kreis Ostholstein 12.000,00 Pro Familia Gewalttätige Männer - KIK, Kreis Stormarn 12.000,00 Pro Familia Gewalttätige Männer - KIK, LG-Bezirk Flensburg 24.100,00 Brücke e.V. Elmshorn Gewalttätige Männer -KIK, LG-Bezirk Itzehoe 27.500,00 BBZ Niebüll Gewalttätige Männer - KIK, Kreis Nordfriesl. 22.000,00 BBZ Niebüll Anti-Gewalt-Training 4.327,50 Kieler Hafthilfe e.V. Gruppenarbeit für Sexualtäter –LG-Bezirk Kiel 9.050,00 Haus Norderhofenden Anti-Gewalt-Training 4.954,08 b) Der Träger „pro familia Schleswig-Holstein“ erhielt für seine Einrichtung „Beratungsstelle im Packhaus“ im Rahmen der Projektförderung seitens des Justizministeriums die folgenden Zuwendungen: Packhaus pro familia Schlesw.-Holst. gesamt 2005: 161,9 T € 249,4 T € 2006: 167,5 T € 256,2 T € 2007: 164,2 T € 254,0 T € 2008: 164,2 T € 291,3 T € 2009: 171,9 T € 305,7 T € 2010: 172,1 T € 310,6 T € 2011: 219,8 T € 363,2 T € 2012: 207,2 T € 364,0 T € 2013: 174,0 T € (Planung) 340,0 T € (Planung) Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/424 3 c) Im Rahmen des Zuwendungsrechts gemäß § 44 LHO sowie der für diesen Förderbereich geltenden „Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen der Freien Straffälligenhilfe und von Maßnahmen des Opferschutzes AV vom 13.03.2012 AmtsBl SH 2012, 243“ gewährt das Land Zuwendungen zur Durchführung ambulanter Sanktionsalternativen, haftvermeidender Maßnahmen und pädagogischer sowie therapeutischer Angebote für Straffällige. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Für das Jahr 2013 haben die Träger „pro familia Schleswig-Holstein“ und „Zentrum für Integrative Psychiatrie - ZIP gGmbH Kiel“ Zuwendungsanträge für Maßnahmen mit Sexual- und Gewaltstraftätern für den Landgerichtsbezirk Kiel gestellt. Das MJKE hat sich nach Prüfung zur Stärkung des therapeutischen Angebots für Sexual- und Gewaltstraftäter dafür entschieden, 2013 sowohl die Beratungsstelle im Packhaus als auch die ZIP gGmbH zu fördern. Vor diesem Hintergrund ist die Förderung der Beratungsstelle im Packhaus gegenüber 2012 um 16% reduziert worden, da die künftige Projektförderung der „ZIP gGmbH“ zu einer Aufgabenreduzierung der „Beratungsstelle im Packhaus“ führt. Durch die Einbindung eines zweiten Trägers soll die Betreuung und Behandlung von Sexual- und Gewaltstraftätern qualitativ ausgeweitet und differenziert werden. Mit dem Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung vom 13.4.2007 hat der Gesetzgeber neben Führungsaufsichtsstelle und Bewährungshilfe die sogenannten forensischen Ambulanzen zur Betreuung der Führungsaufsichtsklienten eingerichtet. Soweit der Landtag den Haushaltsentwurf der Landesregierung in diesem Bereich unverändert lässt, ist der Ausbau der therapeutischen Angebote für diese Klientel geplant. Neben den bestehenden Angeboten der Gewalt- und Sexualstraftätertherapien bietet die zukünftige Ambulanz des ZIP eine Akutversorgung und die Möglichkeit zur Krisenintervention an. Durch die Einbindung in die dortige Institutsambulanz steht neben der hohen Erreichbarkeit auch die psychiatrische Versorgung von Krankheitsbildern zur Verfügung, was einen nicht unerheblichen Behandlungsgewinn bei psychisch gestörten Straftätern bietet. 2. Ist im Bereich der Förderung von Therapie- und Beratungsangeboten für Se- xual- und Gewaltstraftäter eine Zuwendungsentscheidung zugunsten anderer Institutionen vorgesehen? Wenn ja, um welche Institutionen handelt es sich und wurde – sofern es sich um neue Projekte im obig genannte Bereich des Haushaltstitels handelt – ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt? a. Wenn ja, welche fachlichen, formalen und/oder monetären Kriterien wurden hierfür zu Grunde gelegt? b. Wenn nein, weshalb nicht? Drucksache 17/424 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode 4 Antwort zu Frage 2: Wie unter 1 angegeben, werden sowohl „pro familia Schleswig-Holstein“ als auch die „ZIP gGmbH“ gefördert. Da es sich um eine Zuwendung im Rahmen der § 23, 44 LHO handelt, ist ein Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen. Es gibt nach der Zuordnung der Titel im Haushaltsgesetz für die Landesregierung keine Wahlmöglichkeit zwischen Zuwendungs- und Vergaberecht. 3. Sind im Vorwege der Haushaltsaufstellung für das Haushaltsjahr 2013 seitens der zuständigen Stellen im Ministerium Gespräche mit den betroffenen Institutionen geführt worden? a. Wenn ja, in sowohl fachlicher als auch organisatorischer Hinsicht? b. Wann? c. Mit welchen Ergebnissen? d. Sind diese Ergebnisse einvernehmlich mit den Projektträgern erzielt worden e. Ist es geübte Praxis, dass mit den Zuwendungsempfängern bzw. Projektträgern unterjährigen Verlaufsgespräche geführt werden? i. Wenn ja, wie häufig und mit welchem Ergebnis? ii. Wenn nein, weshalb nicht? Antwort zu Frage 3: Mit den Trägern, die im Rahmen der Projektförderung Zuwendungen vom MJKE erhalten, wurden auch in 2012 Gespräche geführt. Hierbei wurden fachliche und organisatorische Aspekte erörtert, um die Maßnahmen zu evaluieren und fortzuentwickeln . Diese Gespräche wurden - wie in jedem Jahr - nach Vorlage der Verwendungsnachweise der Träger (Abgabe 31. März eines jeden Jahres) durchgeführt . Zwischen dem Fachreferat des MJKE und dem Träger „pro familia SchleswigHolstein “ fanden ab dem 2. Quartal 2012 Gespräche statt, wobei Änderungsbedarfe in einigen Projekten und Grundsätze der Förderung erörtert wurden. Hierbei sind beispielsweise Mittelerhöhungen einvernehmlich mit dem Träger „pro familia Schleswig-Holstein“ vereinbart worden. Diese Mittelerhöhungen waren aufgrund gestiegener Fallzahlen innerhalb der Nachsorgeambulanz Lübeck und dem KIKAngebot in Ostholstein notwendig. Grundsätzlich ist es geübte Praxis, mit den Zuwendungsempfängern seitens des MJKE im Dialog zu stehen, da die Fallzahlentwicklung, neue kriminalpolitische Herausforderungen und fachlich-inhaltliche Aspekte erörtert werden müssen. Im Rahmen des 2012 eingeführten neuen Controlling- und Kennzahlensystems werden künftig regelmäßige gemeinsame Fachgespräche mit allen vom MJKE geförderten Trägern eines Themenbereichs geführt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/424 5 Die unter den Antworten zu 1 und 2 dargestellte Situation, dass zwei Träger Zuwendungsanträge für Maßnahmen mit Sexual- und Gewaltstraftätern gestellt haben , ist durchaus üblich. Die Antragstellung im Rahmen der damals gültigen Förderrichtlinien musste bis zum 30. November 2012 erfolgen. Hierdurch mussten seitens des MJKE mit beiden Trägern noch im Dezember 2012 Gespräche geführt werden. Zur Vermeidung solch später Entscheidungsprozesse vor Beginn eines neuen Haushaltsjahres sieht der Entwurf der künftigen Förderrichtlinien 2013-2015 vor, dass Zuwendungsanträge bis zum 30. September gestellt werden müssen. 4. Teilt die Landesregierung die von Fachexperten vertretene Auffassung, dass kurzfristige Änderungen bei der Förderung im obig genannten Bereich zu negativen Ergebnissen bezüglich der zu betreuenden Klienten führt? a. Wenn ja, welche anderen therapeutischen Maßnahmen haben die zuständigen Verwaltungsstellen ergriffen, damit eine Unterbrechung der Therapie keine negativen Auswirkungen auf das Rückfälligkeitspotenzial auslösen und somit den therapeutischen Erfolg ad absurdum zu führen? b. Wenn nein, warum nicht? Antwort zu Frage 4: Im Rahmen der bisherigen Projektförderungen durch das MJKE ist es nicht zu kurzfristigen Änderungen gekommen. Die geförderte Trägerlandschaft ist in Schleswig-Holstein sehr konstant. Abrupte Beendigungen zum Ende des Haushaltsjahres wurden stets vermieden. Die professionelle Beratungs- und Betreuungsarbeit mit straffällig gewordenen Menschen erfordert in vielen Arbeitsbereichen (Anti-Gewalt-Maßnahmen, Therapie von Sexualstraftätern, Ableistung gemeinnütziger Arbeit u.v.a.m.) mittel- bis langfristige Abläufe. Die Förderhöhen werden in der Regel ausschließlich den vorliegenden Fallzahlen angepasst oder aufgrund veränderter Schwerpunktsetzung zwischen den Trägern unterschiedlich aufgeteilt. Die jetzige Kürzung der Förderung der pro familia Schleswig-Holstein beträgt im Gesamtbudget des Trägers 6,5%. Unabhängig von der Neustrukturierung der therapeutischen Betreuung von Sexualstraftätern innerhalb des Landgerichtsbezirks Kiel besteht landesweit grundsätzlich die Notwendigkeit, dass innerhalb des Dreierverhältnisses zwischen Ministerium – zuweisende Gerichte – durchführende Freie Träger ständig eine Abstimmung erfolgt. Das Justizministerium stellt durch die Projektfinanzierung im Rahmen des Zuwendungsrechtes zwar die finanziellen Grundlagen für die Freien Träger zur Verfügung , ist jedoch nicht für die Zuweisung der einzelnen Probanden zuständig. Die Zuweisung zu den einzelnen Einrichtungen erfolgt im Rahmen der Führungsaufsichts - und Bewährungsbeschlüsse sowie aufgrund medizinischer Indikation . Diese Zuweisungen sind daher von dem Geldgeber nicht steuerbar. Diese Problematik und die damit verbundene Volatilität der Zahlen ist allen Beteiligten Drucksache 17/424 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode 6 bewusst. Soweit eine Kapazitätsüberlastung bei einzelnen Trägern dadurch verhindert werden kann, dass die geförderten Träger untereinander Probanden weitergeben oder therapeutische Bedarfe bei anderen Trägern zielführender erfüllt werden können, wird bereits jetzt auf eine gemeinsame vertrauensvolle Zusammenarbeit Wert gelegt wird. Daher ist die Übergabe von Klienten grundsätzlich kein Novum. Im konkreten Übergang zwischen dem Packhaus und der ZIP gGmbH wird es zunächst ausschließlich zur Übergabe von Patienten von der Warteliste (derzeit 8) und Personen geben, deren therapeutische Behandlung noch nicht begonnen hat. Es sind weder Therapieabbrüche noch Therapieverkürzungen geplant.