SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4419 18. Wahlperiode 22.07.2016 Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Kumbartzky (FDP) und Antwort der Landesregierung - Ministerpräsident Flächenbeanspruchung durch Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein 1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, zu welcher Flächenbeanspruchung bezogen auf die Gesamtfläche des Landes die aktuellen Windkraftanlagenstandorte in Schleswig-Holstein führen? Wenn ja welche (bitte in Prozent in Bezug auf die Landesfläche angeben) und welchen Einfluss hat die bisherige Flächenbeanspruchung auf die vom BVerwG geforderte substanzielle Raumverschaffung? Wenn nein, warum nicht? Eine katastermäßige Berechnung aller mit Altanlagen bestandenen Flächen gibt es nicht. Der Bestand an Altanlagen insgesamt verteilt sich auf Einzelstandorte in Eignungsgebieten aus 1997, Eignungsgebieten aus 2012 sowie auf Standorte außerhalb dieser Gebiete. Hinzu kommt, dass Teile ehemaliger Eignungsgebiete bzw. auch gesamte Eignungsgebiete nicht mit Anlagen bebaut sind. Es ist daher nur eine Berechnung der von einer Windkraftanlage (WKA) in Anspruch genommenen Grundfläche möglich, die aus dem Rotordurchmesser ermittelt wird. Diese Berechnung ergibt 0,09% der Landesfläche Schleswig-Holsteins. Bei der Neuplanung hat der Plangeber den gesamten Planungsraum einer neuen Betrachtung ohne Berücksichtigung des Bestandes zu unterziehen. Daher sind bei der Frage, ob flächenmäßig durch die im neuen Plan ausgewiesenen Vorranggebiete der Windenergie substanziell Raum verschafft worden ist, die außerhalb der im Plan festgesetzten Vorranggebiete liegenden von Windkraftanlagen beanspruchten Flächen nicht in die Bewertung des substanziell Raumverschaffens mit einzubeziehen. Diese Frage ist ausschließlich für die durch den Plan festgesetzten Vorranggebiete zu beurteilen. Schon bei der Auswahl der Vorranggebiete aus den Abwägungs- Drucksache 18/4419 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 bereichen stellen aber Kriterien wie die Umzingelungswirkung, Riegelbildung und die Übernahme des Altbestandes - soweit mit den harten, weichen und Abwägungskriterien vereinbar - sicher, dass die Gesamtbelastung des Raumes im Plan ermittelt und berücksichtigt wird. 2. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, wie viel Prozent der Landesfläche derzeit im Umkreis von 800m, 1000m, 1500m und 2000m von Windkraftanlagenstandorten liegen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Die derzeitige Flächenbeanspruchung hat auf die neue Planaufstellung und die Frage, ob durch den Plan substanziell Raum verschafft worden ist, keinen Einfluss. (Vgl. Antwort zu Frage 1). Daher lagen bisher keine Erkenntnisse zu dieser Frage vor. Ausgehend von den bestehenden 3013 WKA (in Betrieb, vor Inbetriebnahme) ergibt eine aktuelle Berechnung: 800m = 9,36 %; 1000m = 12,11%; 1500m = 19,21%; 2000m = 26,35% der Landesfläche. Für diese Berechnung wurden alle bestehenden WKA mit den jeweiligen Umringen versehen, diese überlagert, miteinander verschnitten und zu einer Gesamtfläche aufsummiert. 3. Wie viel Prozent der Gesamtfläche des Landes steht nach derzeitigem Stand unter Berücksichtigung der harten und weichen Tabukriterien als Abwägungsbereich zur Verfügung? Legt man harte und weiche Tabukriterien zu Grunde, die im Planungserlass der Landesregierung „Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes Schleswig-Holstein 2010 und Teilaufstellung der Regionalpläne (Sachthema Wind) für die Planungsräume I bis III“ vom 29.04.2016 festgelegt sind, stehen Abwägungsbereiche von 4,6% der Landesfläche zur Verfügung. Der weitere Abwägungsprozess hat zum jetzigen Zeitpunkt bereits eine Reduzierung der Abwägungsbereiche auf 2,9% der Landesfläche ergeben. Für weitere Hinweise vgl. Umdruck Nr. 18/6382. 4. Ab welcher Größe der Potenzialflächen bzw. der ausgewiesenen Konzentrationsflächen steht nach Ansicht der Landesregierung bezogen auf die vom BVerwG geforderte substanzielle Raumverschaffung für Windkraftanlagen ausreichend Fläche zur windenergetischen Nutzung zur Verfügung? Bitte begründen . Die Rechtsprechung hat keine absolute Grenze festgelegt, ab wann der Windenergie substanziell Raum gegeben ist oder ab wann eine Verhinderungsplanung vorliegt. Für ein wirksames räumliches Gesamtkonzept ist ausschlaggebend , dass der Windenergienutzung entsprechend der Privilegierung im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB substanziell Raum verschafft Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4419 3 wird. Dabei ist raumordnerisch zunächst nicht entscheidend, welche Energiemenge am Ende zu produzieren ist. Entscheidend ist vielmehr, welche Fläche für die Windenergienutzung aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unter Berücksichtigung der naturräumlichen Gegebenheiten und dem Vorhandensein von Schutzgütern in der Landschaft in einem Gesamtkonzept vorgesehen werden kann. Wann die Grenze zur Verhinderungsplanung überschritten ist, kann erst nach einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum beurteilt werden. Die Einschätzung, ob mit einer Planung der Windenergienutzung substanziell Raum verschafft wird, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung, die maßgebend auf der Würdigung der örtlichen Gegebenheiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. Für die Bewertung, ob der Windenergienutzung substanziell Raum gegeben wurde, ist im Ausgangspunkt von den Flächen auszugehen, die überhaupt planerisch zur Verfügung stehen. Von der Gesamtfläche des Planungsraumes sind deshalb die harten Tabuzonen abzuziehen , auf die kein planerischer Einfluss besteht. Vgl. hierzu ebenfalls Umdruck Nr. 18/6382. 5. Ab welcher Größe der Potenzialflächen bzw. der ausgewiesenen Konzentrationsflächen liegt nach Ansicht der Landesregierung bezogen auf die vom BVerwG geforderte substanzielle Raumverschaffung für Windkraftanlagen eine Verhinderungsplanung bzw. eine Feigenblattplanung vor? Bitte begründen. Vgl. Antwort zu Frage 4. Diese Frage kann vor Durchführung der Abwägung nicht beantwortet werden. 6. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass bei einem Erreichen von 1,2 %, 1,4 %, 1,6 % oder 1,8 % der Gesamtfläche des Landes eine Verhinderungsplanung bzw. eine Feigenblattplanung vorliegt? Bitte begründen. Vgl. Antwort zu Fragen 4 und 5. 7. Laut Drucksache 18/4169 (S. 2) plant die Landesregierung spezielle Windvorranggebiete für das Repowering festzulegen. Sind diese gesonderten Vorranggebiete Teil der Vorranggebiete, die aus den oben genannten Abwägungsbereichen gebildet werden, oder handelt es sich hier um zusätzliche Repowering- Vorranggebiete? Die Landesregierung plant, zusätzliche Repowering-Vorranggebiete auszuweisen , die innerhalb der Potenzialflächen liegen, die nach Durchführung der Abwägung noch zur Verfügung stehen. 8. Für den Fall, dass zusätzliche Repowering- Vorranggebiete ausgewiesen werden sollen, wie viel Prozent der Gesamtfläche des Landes soll hierfür voraussichtlich ausgewiesen werden und welchen Einfluss hat diese Flächenbeanspruchung auf die vom BVerwG geforderte substanzielle Raumverschaffung für Windkraftanlagen? Drucksache 18/4419 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Die Ermittlung der Repowering-Vorranggebiete ist noch nicht abgeschlossen. Die Ausweisung von Repowering-Vorranggebieten ist unerheblich für die Beurteilung , ob der Plan substanziell Raum für Windenergie durch die festgelegten Vorranggebiete schafft. Vielmehr ist sie Instrument und Mittel, um die Interessen der Anlagenbetreiber, deren Anlagen außerhalb der festgelegten Vorranggebiete liegen, angemessen im Plan zu berücksichtigen. Im Übrigen vgl. Antwort auf Frage 4.