SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4434 18. Wahlperiode 2016-07-25 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Beschleunigte Asylverfahren auf polizeiliche Veranlassung (Nachfrage) 1. In wie vielen Fällen seit dem 21.01.2016 hat die Polizei (z.B. die "Arbeitsgruppe straffällige Zuwanderer") die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eröffnete Möglichkeit genutzt, Asylverfahren von mutmaßlich straffälligen Asylsuchenden zeitlich priorisiert zu bearbeiten? In wie vielen Fällen wurde das entsprechende Formblatt genutzt? Antwort: Die Polizei bearbeitet keine Asylverfahren, das obliegt allein dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Grundlage für die Datenübermittlung an das BAMF zur priorisierten Bearbeitung von Asylverfahren ist § 8 Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG); danach haben öffentliche Stellen unter den dort genannten Voraussetzungen personenbezogene Daten auf Ersuchen mitzuteilen. Die Arbeitsgruppe „straffällige Zuwanderer“ im Landeskriminalamt Schleswig- Holstein hat auf dieser Grundlage nach dem 21.01.2016 in insgesamt vier Fällen parallel zur Meldung nach § 87 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) an die jeweils zuständige Ausländerbehörde zusätzlich die Daten Drucksache 18/4434 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 an das BAMF übermittelt. In einer Reihe weiterer, statistisch nicht erfasster, Anzahl von Fällen haben die jeweils zuständigen Ausländerbehörden anlässlich einer Mitteilung nach § 87 Abs. 4 AufenthG eine zeitliche Priorisierung des Asylverfahrens durch das BAMF erbeten. Ob entsprechende Meldungen weiterer Dienststellen der Landespolizei erfolgt sind, würde eine Einzelsichtung und Bewertung aller Vorgänge mit ausländischen Tatverdächtigen in dem angefragten Zeitraum erfordern. Das durch das BAMF herausgegebene Formblatt ist lediglich für die Meldung der Ausländerbehörden an das BAMF bestimmt und wird von der Polizei nicht genutzt. 2. Wegen des Verdachts welcher Straftatbestände ist dies erfolgt (bitte aufschlüsseln nach Straftatbestand und Anzahl der Asylsuchenden)? Antwort: Die Datenübermittlung erfolgte aufgrund des Verdachts folgender Straftatbestände : § 185 StGB Beleidigung und § 240 StGB Nötigung (zwei Personen) sowie § 185 StGB Beleidigung, § 240 StGB Nötigung, § 241 StGB Bedrohung, § 113 StGB Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, § 223 StGB Körperverletzung und § 224 StGB Gefährliche Körperverletzung (zwei Personen). Alle vier Meldungen standen im Zusammenhang mit dem Vorfall im Kieler Sophienhof am 25.02.2016. 3. Unter welchen Voraussetzungen kann eine priorisierte Bearbeitung in dem genannten Prozess angeregt werden und unter welchen Voraussetzungen tut das Land dies? Antwort: Die zeitliche Priorisierung von Asylverfahren straffälliger Asylsuchender dient dazu, nach Abschluss des Strafverfahrens ohne zeitliche Verzögerung ggf. aufenthaltsbeendende Maßnahmen einleiten zu können. Eine Meldung kann daher bereits bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erfolgen. Auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer (Piratenfraktion), Drs. 18/4285 wird im Übrigen verwiesen. 4. Warum wurden die zwei Afghanen aus Felde in einem so frühen Ermittlungsstadium als "straffällige Asylsuchende" gemeldet, obwohl für ihre Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4434 3 Straffälligkeit nur ein Anfangsverdacht bestand? Antwort: Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 5. Wird in vergleichbaren Fällen in Zukunft ebenso verfahren? Antwort: Ja. Grundsätzlich stehen – auch vor dem Hintergrund der Änderungen durch das sog. Asylpaket II – Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit , die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie Verstöße gegen das BtMG im besonderen Focus. Straftaten mit einem geringen Unrechtsgehalt sollen, auch aus Gründen der Effizienz, von einer Meldung an das BAMF zur priorisierten Bearbeitung des Asylverfahrens ausgenommen werden.