SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4549 18. Wahlperiode 2016-08-24 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug (FDP) und Antwort der Landesregierung – Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Ermittlungen zu Sexismus- und Rassismusvorwürfen in der PFD AFB Eutin Vorbemerkung des Fragestellers: In seiner schriftlichen Erklärung vom 02. 08. 2016 bezieht sich der Innenminister unter Ziffer 1 auf die "Betrachtung des Ende Mai 2016" bei ihm "eingegangenen Papierkonvoluts durch die Disziplinarermittler der Landespolizei Ende Juni 2016 unter Einbindung der Obersten Disziplinarbehörde des MIB". 1. Waren die vom Minister erwähnten Disziplinarermittler - oder ggf. einzelne von ihnen - bereits an den früheren (Vor-)ermittlungen zu den diesbezüglichen Vorwürfen beteiligt, die seinerzeit nicht zur Einleitung von Disziplinarverfahren geführt hatten? Falls eine solche Personenidentität besteht: Betrifft diese den im Protokoll der 130. Sitzung des Innenund Rechtsausschusses (18. Mai 2016) auf Seite 14 genannten Disziplinarermittler , der Anfang 2015 seine Ermittlungen zu diesem Fall aufgenommen hat, oder um die neu eingesetzte Ermittlerin, die den Fall im November /Dezember noch ein weiteres Mal untersucht hat und dabei ebenfalls zu dem Vorschlag gelangte, kein Disziplinarverfahren einzuleiten (ebenda S. 14-15) - oder waren eventuell sogar beide früher hierzu tätigen Mitarbeiter im Juni 2016 erneut mit der Angelegenheit befasst? Antwort: Hinsichtlich der Disziplinarermittler besteht keine Personenidentität. Die Dienst- und Fachaufsicht wurde jedoch sowohl 2015 als auch aktuell durch einen etatmäßigen Disziplinarermittler unterhalb der Referatsleitung wahrgenommen. Drucksache 18/4549 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 2. Trifft es zu, dass Disziplinarvorgesetzte - auch im Bereich des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten - bei der Einleitung von Disziplinarverfahren üblicherweise den Empfehlungen der hierzu eingesetzten Fachleute (Disziplinarermittler) folgen? Falls es üblich ist, so zu verfahren: In wie vielen Fällen ist gegebenenfalls in den Jahren 2015 und 2016 entgegen den Empfehlungen der zuständigen Disziplinarermittler trotzdem ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden? Antwort: Für die Landespolizei gilt: Auf mögliche Nachfrage des Disziplinarvorgesetzten führen die Disziplinarermittler – nach objektiver Bewertung des Sachverhaltes – eine fachliche Beratung durch. Dabei werden gerichtliche Entscheidungen aus gleich-/ähnlich gelagerten Sachverhalten zur Orientierung berücksichtigt. Dies sind Anhaltspunkte für eine Zumessungsentscheidung. Der Vorschlag der Disziplinarermittler ist nicht bindend. Letztendlich trifft der Disziplinarvorgesetzte die Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Dabei gilt das Legalitätsprinzip. Vorrausetzung für die Einleitung sind damit zum einen zureichende Anhaltspunkte , dass sich ein bestimmtes Geschehen tatsächlich abgespielt hat, und zum anderen, dass durch den Beamten dadurch mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit ein Dienstvergehen begangen wurde. Bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG hat der Disziplinarvorgesetzte einen – gerichtlich überprüfbaren – Beurteilungsspielraum. In einer Mehrzahl wird den Empfehlungen der Disziplinarermittler gefolgt. Zahlenmaterial oder Statistiken hierzu existieren nicht. 3. Gehören zu den Akten, die nach Abschluss der 2015 wiederholt durchgeführten Vorermittlungen vernichtet worden sind (und deren Vernichtung nach der Erklärung des Abteilungsleiters "rechtlich auch zwingend erforderlich gewesen sei" - Ausschussprotokoll vom 18. Mai 2016, Seite 13), auch jene Unterlagen, die im Frühjahr 2015 zur Prüfung an die Kriminalpolizeistelle Eutin zur Prüfung weitergeleitet worden sind bzw. die im April 2015 der Staatsanwaltschaft Lübeck übersandt wurden? Antwort: Nach der Beurteilungsentscheidung des Disziplinarvorgesetzten im Dezember 2015, keine Disziplinarverfahren einzuleiten, wurde das im Zusammenhang mit den Verwaltungsermittlungen erstellte Schriftgut vernichtet . Es kann heute nicht mehr festgestellt werden, welchen Umfang und Inhalt das einst erstellte Schriftgut über die Verwaltungsermittlungen hatte. Die strafrechtlichen Verfahrensakten sind gesondert geführte Akten. 4. Hat sich das Innenministerium nach erneuter Befassung mit dem Vorgang im Mai/Juni 2016 darum bemüht, von der Staatsanwaltschaft Lübeck bzw. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4549 3 der Kriminalpolizeistelle Eutin Kopien der seinerzeit dort vorliegenden Unterlagen zu den Vorwürfen zu erhalten? Falls dies versucht wurde: Zu welchem Ergebnis führten ggf. die Bemühungen? Falls eine Wiederschaffung der Unterlagen nicht versucht wurde: Weshalb hat das Innenministerium auf eine Klärung der Frage verzichtet, inwieweit sich die 2015 bei der Untersuchung der Vorwürfe vorliegenden Unterlagen eventuell von dem Material unterscheiden, das im Mai/Juni 2016 Grundlage der erneuten Prüfung der Vorfälle an der Polizeischule war? Antwort: Die strafrechtlichen Akten wurden am 03.06.2016 von dem etatmäßigen Disziplinarermittler bei der Generalstaatsanwaltschaft angefordert, gesichtet und in den Entscheidungsprozess einbezogen. Ansonsten siehe Antwort zu Frage 3. 5. War die Oberste Disziplinarbehörde des Innenministerium im Mai/Juni 2016 an dem Entscheidungsprozess zur Einleitung von Disziplinarverfahren in gleicher Weise beteiligt wie im Jahre 2015, oder hat sich ihre Rolle hierbei von der früheren Beteiligung unterschieden, und wenn ja: In welcher Weise? Antwort: 2015 erfolgte eine Beteiligung des Vertreters der obersten Dienstbehörde insoweit, als er durch den vom Dienstvorgesetzten mit der Prüfung des Sachverhalts beauftragten Ermittlungsführer über die erhobenen Vorwürfe sowie die noch im Vorfeld eines Disziplinarverfahrens – im Rahmen sog. Verwaltungsermittlungen – durchgeführten Verfahrensschritte informiert wurde. Diese Information erfolgte mündlich und im Vorgriff auf eine etwaige spätere Einleitung von Disziplinarverfahren. Akteneinsicht erhielt die oberste Dienstbehörde bei dieser Gelegenheit nicht. Eine rechtliche Pflicht zur Einbindung der obersten Dienstbehörde besteht erst mit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens (§ 17 Absatz 1 Satz 3 LDG). Im Vorgriff auf diese Informationspflicht wurden die 2016 erlassenen Einleitungsverfügungen in Abstimmung mit dem Vertreter der obersten Dienstbehörde erstellt. Zu diesem Zweck lag der obersten Dienstbehörde das Ergebnis der Verwaltungsermittlungen im vollen Umfang vor. 6. Weshalb sind 2015 bei den wiederholt durchgeführten Vorermittlungen zu der Frage, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden sollte, keine Befragungen von Angehörigen der Ausbildungsgruppe erfolgt, in der die kritisierten Äußerungen oder Handlungen stattgefunden haben (sollen)? Antwort: Disziplinarische Verwaltungsermittlungen haben sehr zügig, objektiv, fair und schonend zu erfolgen; die Unschuldsvermutung und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sind zu berücksichtigen. Keinesfalls darf der gesamte fragliche Sachverhalt oder maßgebliche Teile davon außerhalb eines „förmlichen“ Disziplinarverfahrens ermittelt werden, denn die Verfahrens- Drucksache 18/4549 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 vorschriften der §§ 17 ff. Landesdisziplinargesetz vermitteln dem Beamten eine Reihe von Rechten (§ 18, § 20 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 1 Satz 2, § 23 Abs. 1, § 24 Abs. 3 und 4, § 28 LDG), insbesondere sich eines Rechtsbeistands zu bedienen (§ 20 Abs. 1 Satz 3 LDG).