SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4565 18. Wahlperiode 01. September 2016 Kleine Anfrage der Abgeordneten Anita Klahn (FDP) und Antwort der Landesregierung - Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung Präventive Maßnahmen zur sexuellen Selbstbestimmung in Schleswig- Holsteins Kindertagesstätten Vorbemerkung der Landesregierung: Die Kindertagesbetreuung stellt eine kommunale Aufgabe dar, deren Rahmen durch das Kindertagesstättengesetz vorgegeben und von den Einrichtungsträgern in eigener Verantwortung ausgefüllt wird (Trägerautonomie). Um die Einrichtungen bei der Umsetzung des Bildungsauftrages, der in § 4 und § 5 KitaG formuliert ist, zu unterstützen , hat die Landesregierung im Jahr 2004 „Leitlinien zum Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein“ erarbeitet. Die Leitlinien zum Bildungsauftrag sowie die dazugehörige Handreichung zum Bildungsbereich „Körper, Gesundheit und Bewegung“ beinhalten u.a. das Thema sexuelle Selbstbestimmung der Kinder. Darauf aufbauend wurde in Zusammenarbeit mit Trägerverbänden ein umfangreiches Fortbildungskonzept für die Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen entwickelt und umgesetzt. Welche Präventionsmaßnahmen in den einzelnen 1.765 Kindertageseinrichtungen umgesetzt werden, kann im Rahmen einer Kleinen Anfrage nicht erhoben werden, zumal bundesweit vielfältige, aber inhaltlich ähnliche ausgestaltete Präventionsmaßnahmen , Broschüren und Materialen für Kindertageseinrichtungen angeboten werden . Nachstehend werden daher nur die Präventionsmaßnahmen aufgeführt, die vom Land Schleswig-Holstein gefördert wurden. heiko.voss Schreibmaschinentext heiko.voss Schreibmaschinentext Drucksache 18/4565 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 1. Mit welchen präventiven Maßnahmen zum Thema sexuelle Selbstbestimmung, das auch in der jüngsten Debatte über den Grundsatz „Nein heißt Nein“ thematisiert wurde, wird in wie vielen schleswig-holsteinischen Kindertagesstätten gearbeitet? Antwort: Beschwerdemanagement in Kindertageseinrichtungen mit dem Schwerpunkt Beschwerden der Kinder: Am 1. Januar 2012 ist das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) in Kraft getreten (BGBl. 2011, S. 2975). Neben der Etablierung eines Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) enthält das Gesetz u. a. Änderungen im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII), die auch Auswirkungen auf den Betrieb von Einrichtungen (§§ 45 ff. SGB VIII) haben. Eine für das Betriebserlaubnisverfahren relevante Änderung wurde im § 45 SGB VIII neu gefasst und dabei dahingehend geändert, dass Einrichtungen zur Sicherung des Wohls der in ihnen untergebrachten Kinder und Jugendlichen geeignete Verfahren der Beteiligung sowie Möglichkeiten der Beschwerde in persönliche Angelegenheiten vorhalten müssen. Wie Beteiligung, Beschwerdemöglichkeiten und Qualität entwickelt und sichergestellt werden, ist nunmehr in den Einrichtungskonzeptionen darzulegen . Das betrifft auch Kindertageseinrichtungen. Da es bis dahin keine erprobten Beschwerdeverfahren für Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren gab, wurde das in 2014/2015 durchgeführte Modellprojekt „Beschwerdemanagement in Kindertageseinrichtungen mit dem Schwerpunkt Beschwerden der Kinder“ des Ev.-Luth Kindertagesstättenwerk Lübeck gGmbH von der Landesregierung finanziell gefördert. In Schleswig-Holstein haben sich bislang Frau Prof. Dr. Knauer/Rüdiger Hansen sowie Frau Schubert Suffrian/Michael Regner mit diesen Thema befasst. Papilio: Die Wohlfahrtsverbände DRK, AWO, Caritas und der Kinderschutzbund haben in einem Zeitraum von 2007 bis 2010 in Kooperation mit dem „beta Institut“, das speziell für Kindertageseinrichtungen entwickelte Projekt „Papilio“ in Schleswig-Holstein eingeführt. Die Qualifizierung der Fortbildnerinnen und Fortbildner sowie die landesweite Fortbildung der pädagogischen Fachkräfte zur Durchführung dieses Programmes wurden von der Landesregierung finanziert. „Papilio“ ist ein Programm zur Primärprävention von Verhaltensproblemen und zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenz. Echt: Selbst&Sicher: Mit dem für Kindertageseinrichtungen entwickeltem Konzept „Echt: Selbst&Sicher“ beabsichtigt das Institut PETZE, die 3 bis 6jährigen Kinder zu erreichen. Mit diesem Projekt soll das Selbstwertgefühl der Kinder gestärkt und sie darin unterstützt werden, missbräuchliche Situationen möglichst frühzeitig zu erkennen und als falsch einordnen zu können. Die pädagogischen Fachkräfte werden fortgebildet, damit sie die präventiven Inhalte in ihrer täglichen Arbeit mit den Kindern umsetzen Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4565 3 können. Die Kosten für die Übersetzung und den Versand des mehrsprachigen Minibuches „Echte Schätze“ an alle Kindertageseinrichtungen wurden vom Land gefördert . Faustlos Präventionskonzept: Das Faustlos Präventionskonzept setzt früh in der Entwicklung von Kindern an. Es ist auf eine längerfristige Anwendung hin angelegt, beruht auf einer entwicklungspsychologisch fundierten theoretischen Basis und wurde kontinuierlich evaluiert. Die Inhalte von Faustlos – der deutschsprachigen Version des vom Committee for Children entwickelten und evaluierten Curriculums Second Step, - wurden vom Universitätsklinikum Heidelberg (Dr. Andreas Schick) weiterentwickelt. Dieses Programm fördert die Kompetenzen in den Bereichen Empathiefähigkeit, Impulskontrolle und Umgang mit Ärger und Wut. Die Präventionskonzepte Echte Schätze, Papilio sowie Faustlos unterstützen die Kinder dabei, spielerisch und kleinschrittig eine breite Palette sozialer und emotionaler Kompetenzen zu erlernen und so ihr Verhaltensrepertoire zu erweitern. Im Vordergrund stehen die Entwicklung von Selbstwertgefühl und die Aneignung sozialer Kompetenzen, von Resilienz sowie die Entwicklung eines positiven Selbstkonzepts. Die Kinder lernen, in bestimmten Situationen Grenzen zu setzen und Nein zu sagen. Sie werden darin unterstützt, dieses Recht auch gegenüber Erwachsenen wahrzunehmen und ihr Nein-Gefühl zu vertreten, wenn sie etwas nicht möchten. Daneben wird den pädagogischen Fachkräften vermittelt, wie Risikofaktoren reduziert bzw. verhindert werden und Schutzfaktoren sowie eine altersgemäße Entwicklung zu fördern sind. Weiterhin erlangt das pädagogische Personal von Kindertageseinrichtungen Handlungskompetenzen im Bereich der Elternarbeit. 2. Falls 1. negativ beantwortet wurde: Plant die Landesregierung, das Thema sexuelle Selbstbestimmung zum Bestandteil des Bildungsauftrages in Kindertagesstätten zu machen? Wenn ja, für wann und in welchem Umfang ist die Umsetzung geplant? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, in welchem Umfang es altersgerechtes , pädagogisches Lehrmaterial dazu gibt und ob das Betreuungspersonal entsprechend aus- bzw. fortgebildet werden? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.