SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4575 18. Wahlperiode 2016-09-06 Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Kumbartzky (FDP) und Antwort der Landesregierung - Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Gutachten im Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen Vorbemerkung der Landesregierung: Die nachfolgenden Antworten beziehen sich ausschließlich auf Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen (WKA) nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Dies betrifft die übergroße Zahl der in Schleswig-Holstein errichteten Anlagen. 1. Wie viele und welche Gutachten zum Schutz von Menschen und Umwelt müssen vor Genehmigung und Errichtung einer Windkraftanlage beigebracht werden? Im Genehmigungsverfahren ist unter anderem zu prüfen, ob eine WKA schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG verursacht. Dazu hat der Antragsteller mit dem Antrag prüffähige Unterlagen vorzulegen. In Bezug auf die Umwelteinwirkungen sind dies in der Regel Prognosegutachten zum Schall, Schattenwurf, Turbulenzen sowie faunistische Gutachten. In Einzelfällen sind beispielsweise auch Visualisierungen zur Beurteilung des Landschaftsbildes oder zur Bewertung von Eingriffen in ein Denkmal erforderlich. Drucksache 18/4575 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 2. Welche gesetzlichen und fachlichen Anforderungen sind an die Gutachten und die Gutachter jeweils zu stellen? Sofern bei Schallgutachten Vorbelastungen durch Messungen ermittelt werden müssen , werden diese in der Regel durch eine unabhängige, nach § 29b BImSchG staatlich bekanntgegebene, Messstelle durchgeführt. Eine Schallimmissionsprognose setzt immer eine Ortsbesichtigung voraus. Um Eigenarten von Umgebung, Gebäuden und anderen Lärmquellen korrekt abschätzen zu können, sind Erfahrungen und Kenntnisse notwendig, die Sachverständige von bekanntgegebenen Messstellen nachgewiesen haben. Gutachten haben im Umweltbereich wie auch in anderen Bereichen stets eine Vielzahl rechtlicher, technischer und wissenschaftlicher Regeln und Regelungen zu erfüllen , die mit der Aufgabenstellung (d.h. der Grundlagen- und Datenermittlung sowie der Aus- und Bewertung, Dokumentation, Qualitätssicherung) verbunden sind. Gutachter /Sachverständige können neben der staatlichen Anerkennung (z.B. nach BIm- SchG) auch öffentlich bestellt und vereidigt sein oder sich zum Nachweis ihrer Kompetenz einem Zertifizierungsverfahren unterworfen haben. Auch freie und allgemein anerkannte Sachverständige könnten bei Eignung zum Bespiel für Untersuchungen herangezogen werden, für die keine bekanntgegebenen oder vereidigten Sachverständigen zur Verfügung stehen. Die Messstellen, Gutachter und Sachverständigen, die in Genehmigungsverfahren in Schleswig-Holstein zum Einsatz kommen, sind den zuständigen Behörden hinsichtlich ihrer Kompetenz und Unabhängigkeit im Allgemeinen hinlänglich bekannt. Sollten Gutachten den fachlichen und rechtlichen Anforderungen aus Sicht der Behörde nicht genügen, sind diese nachzubessern oder werden sogar zurückgewiesen. 3. Von wem sind die Gutachten jeweils beizubringen und wer muss für die Kosten aufkommen? Die Gutachten sind Teil der Antragsunterlagen und deshalb durch den jeweiligen Antragsteller auf seine Kosten zu erstellen und beizubringen. 4. Von wem werden die Gutachten jeweils beauftragt und wie werden die Gutachter jeweils ausgewählt? 5. Für den Fall, dass die Landesregierung Gutachten beauftragt, welche Gutachter wurden jeweils dafür ausgewählt? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4575 3 Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des engen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Jeder Antragsteller kann eine Antragsberatung durch die Genehmigungsbehörde im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren in Anspruch nehmen. In dieser wird geklärt, welche Unterlagen und Gutachten für das beantragte Vorhaben notwendig sind. Eine Vorgabe bestimmter Gutachter durch die Genehmigungsbehörde ist in der Regel nicht statthaft, da diskriminierend. Somit geschieht die Auswahl durch die Antragsteller . Die Behörde prüft im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die Plausibilität der vorgelegten Gutachten. 6. Ist es zulässig, dass der Antragsteller alle erforderlichen Gutachten auf eigene Kosten erstellen lässt? Wenn ja, liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, in wie vielen Fällen seit dem Jahr 2013 so verfahren wurde? Ja. Dieses ist in der 9. Verordnung zur Durchführung des BImSchG (Verordnung über das Genehmigungsverfahren) – insbesondere §4a – abschließend so geregelt und gilt für alle Genehmigungsverfahren. Seit 2013 wurden ca. 1.400 immissionsschutzrechtliche Verfahren (Neu- und Änderungsgenehmigungen, Vorbescheide) für WKA durchgeführt. Da die Anzahl der beizubringenden Gutachten vom jeweiligen Einzelfall abhängig ist und nicht erfasst wird, ist deren Gesamtzahl nicht bekannt. 7. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, in wie vielen Fällen seit dem Jahr 2013 ein vom Antragsteller in Auftrag gegebenes Gutachten dazu geführt hat, dass die beantragte Windkraftanlage nicht oder nicht in der beantragten Form genehmigt werden konnte? Wenn ja, welche? Hierüber liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor, da dieses nicht erfasst wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bei negativ ausfallenden Gutachten kein Antrag gestellt wird, da dann die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BIm- SchG nicht gegeben sind und der Antrag durch die Genehmigungsbehörde gebührenpflichtig abzulehnen wäre. Insofern haben Antragsteller kein Interesse, mit derartigen Gutachten überhaupt in solch ein Verfahren zu gehen.