SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4724 18. Wahlperiode 2016-12-19 Kleine Anfrage des Abgeordneten Christopher Vogt (FDP) und Antwort der Landesregierung - Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Auswirkungen der Energieeinsparverordnung auf die Bauerstellungskosten 1. Wie haben sich nach Kenntnis der Landesregierung die Bauerstellungskosten im Land Schleswig-Holstein im Bereich des Wohnungsbaus in den letzten fünf Jahren entwickelt? Soweit möglich, bitte in Euro/m² angeben. Antwort: Das MIB stützt sich mit seinen Erkenntnissen auf den Bericht der Baukostensenkungskommission des Bundes (Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen) und den dort unterlegten Gutachten – so v.a. dem Gutachten „Kostentreiber für den Wohnungsbau“ – erstellt von der ARGE1, denen zu entnehmen ist, dass - die Bauerstellungskosten zz. in einer sehr großen Kostenspanne zwischen ca. 1.215 und 4.641 €/m² WF liegen, verursacht durch Größe, projektspezifische Besonderheiten, Ausführungsqualität und Auflagen; - die Baupreisentwicklung im Wohnungsbau zwischen 2000 und 2014 bei einem Anstieg von ca. 27 % auf dem Niveau der Lebenshaltungskosten lag, während die Bauwerkskosten im Wohnungsbau von einem Anstieg von fast 40 % gekennzeichnet waren. Dies mit weiter steigender Tendenz, vorrangig 1 ARGE: Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. – vom MIB beauftragtes Förderberatungsinstitut Drucksache 18/4724 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 verursacht durch den gestiegenen Aufwand in der technischen Ausstattung; - sich bei einem untersuchten Referenzgebäude (Neubau Mehrfamilienhaus) eine Kostensteigerung von 983 € pro qm WF im Jahr 2000 auf 1334 € qm WF im Jahr 2014 nachweisen lässt. Das entspräche einer Kostensteigerung in Höhe von 351 € pro qm WFL in den letzten vierzehn Jahren. Diese Entwicklung gilt auch für Schleswig-Holstein und im Bereich der Landeswohnraumförderung . 2. Wie haben sich nach Kenntnis der Landesregierung die erhöhten energetischen Anforderungen in den letzten fünf Jahren auf die Entwicklung der Bauerstellungskosten im Land Schleswig-Holstein im Bereich des Wohnungsbaus ausgewirkt? Soweit möglich, bitte in Euro/m² angeben. Antwort: Grundsätzlich ist anzumerken, dass belastbare Aussagen einen längerfristigen Bezugszeitraum benötigen. Vor diesem Hintergrund wird der Bericht der Baukostensenkungskommission des Bundes (Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen) herangezogen. Dem Bericht und den dort unterlegten Gutachten – so v.a. dem Gutachten „Kostentreiber für den Wohnungsbau“ – erstellt von der ARGE ist zu entnehmen , dass - die seit 2000 mehrfach vollzogenen Novellierungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) bis 2014 einen Kostenanstieg von rund 7 % Punkten bei Bauwerkskosten zur Folge hatten; - mit Inkrafttreten der EnEV Anforderungsstufe ab dem 01.01.2016 man im Abgleich der herangezogenen Untersuchungen von höheren Kosten in Höhe von 6,5 % im Mittel ausgehen kann (s.a. Bericht der Baukostensenkungskommission INWIS November 2015, Seite 77). - somit davon auszugehen ist, dass in Einbezug der Anforderungen der EnEV 2016 für Neubau die Bauwerkskosten von einem Anstieg seit 2000 von 45 % gekennzeichnet sind. Lt. ARGE gelten für das untersuchte Typengebäude folgende Kennwerte/ Medianwerte für Bauwerkskosten: EnEV 2014 bis 31.12.2015: 1.334 €/m² WF, EnEV 2014 ab 01.01.2016: 1.432 €/m² WF. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4724 3 3. Wie hoch schätzt die Landesregierung den Kostensteigerungseffekt höherer energetischer Anforderungen in den letzten fünf Jahren im Land Schleswig- Holstein auf die Entwicklung der durchschnittlichen Kaltmietpreise ein? Soweit möglich, bitte in Euro/m² angeben. Antwort: Zu dem Kostensteigerungseffekt höherer energetischer Anforderungen in den letzten fünf Jahren auf die Bestands- und Angebotsmieten im Land SH sind keine seriösen und allgemeingültigen Aussagen möglich. Die Ursachen für Kostensteigerungen bei Mieten werden nicht mitgeteilt, deshalb sind einzelne Faktoren wie z.B. energetischen Anforderungen, Marktentwicklungen oder andere Ursachen nicht zu identifizieren. 4. Welche weiteren Verschärfungen der energetischen Anforderungen für den Neu- und Umbau von Wohnungen sind nach Ansicht der Landesregierung notwendig und wirtschaftlich gerechtfertigt? Antwort: Um das von EU, Bund und dem Land Schleswig-Holstein gesetzte Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 zu erreichen, sind einerseits die energetischen Anforderungen an den Wohnungsneubau und andererseits Sanierungsstrategien schrittweise unter Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots weiterzuentwickeln und insbesondere die Abkehr von fossilen Brennstoffen umzusetzen. Für die jetzt anstehende Weiterentwicklung des Energiesparrechts wird seitens der Landesregierung das „kostenoptimale Niveau“ mit den ab 01.01.2016 geltenden energetischen Anforderungen der EnEV an Neubauten unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen für viele Wohnungsbaumaßnahmen als im Wesentlichen erreicht angesehen (s.a. Bericht der Baukostensenkungskommission Seite 79). Neben den Energieeffizienzmaßnahmen an der Gebäudehülle des einzelnen Gebäudes ist zukünftig die effiziente und CO2-arme Wärmeversorgung verstärkt zu berücksichtigen. Untersuchungen zur Abhängigkeit der Gesamtbaukosten vom energetischen Standard belegen kein eindeutiges Ergebnis. Die analysierten Auswirkungen möglicher weiterer Anhebungen der energetischen Gebäudestandards auf die Entwicklung der Baukosten im mehrgeschossigen Wohnungsbau werden in vorliegenden Untersuchungen unterschiedlich beurteilt. Aus den Daten der ARGE ist abzuleiten, dass sich weitere Anforderungsverschärfungen im bezahlbaren Mietwohnungsbau in Schleswig-Holstein nicht mehr grundsätzlich betriebswirtschaftlich abbilden lassen. Zu den Auswirkungen möglicher weiterer Standardanhebungen fehlen derzeit abschließende Untersuchungsergebnisse, ob sich diese im Rahmen umlegbarer Kosten darstellen lassen.