SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/ 4774 18. Wahlperiode 31.10.2016 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Heiner Garg (FDP) und Antwort der Landesregierung – Ministerin für Justiz, Kultur und Europa Fördermaßnahmen zum interreligiösen Dialog 1. Welchen Anteil an der Gesamtbevölkerung machen Menschen mit Religionszugehörigkeit , insbesondere der drei Weltreligionen Christentum, Islam und Judentum, jeweils in Schleswig-Holstein aus? Antwort: Von einer Bevölkerungsanzahl von 2.858.714 Personen zum 31.12.2015 in Schleswig -Holstein ausgehend, betrug der Anteil der Mitglieder der Nordkirche 47,75%, der Mitglieder des Erzbistums Hamburg 6,28% und der Mitglieder im Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein sowie im Landesverband der Jüdische Gemeinschaft Schleswig-Holstein insgesamt 0,07 %. Über die Anzahl der Musliminnen und Muslimen in Schleswig-Holstein gibt es keine zuverlässigen amtlichen Zahlen, da die Religionszugehörigkeit außerhalb der öffentlich -rechtlichen Religionsgesellschaften nicht erhoben wird. Drucksache 18/4774 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 2. Welchen Bedarf sieht die Landesregierung hinsichtlich der Förderung des interreligiösen Dialogs in Schleswig-Holstein? Welche Ziele verfolgt die Landesregierung zur Förderung des interreligiösen Dialogs? Antwort: Interreligiöser Dialog ist gleichberechtigter, respektvoller aber auch kritischer Meinungsaustausch zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften. Schleswig- Holstein ist in den vergangenen Jahren multireligiöser geworden. Diese Realität bedeutet für viele Menschen auch Verunsicherung. Insbesondere im Rahmen des interreligiösen Dialogs lassen sich Vorurteile und Misstrauen abbauen und Konflikte konstruktiv bearbeiten. Im Dialog setzen sich die Menschen gewaltfrei mit den Menschen anderer Glaubensüberzeugungen auseinander. So hilft er mit dem Fremden umzugehen und Verständnis zu entwickeln. Der Dialog hilft darüber hinaus, Brücken zum anderen zu bauen. Dies ist notwendig, um friedlich und sozialverträglich miteinander zu leben. Die Nordkirche und das Erzbistum Hamburg unterhalten Einrichtungen, die den christlich-jüdischen und christlich-islamischen Dialog pflegen und fördern. Es geht dabei um Bildung und Aufklärung, um gemeinsame Anliegen und den Abbau von Vorurteilen. Eine zentrale Rolle spielt die Schule. Aus dem Schulgesetz ergeben sich folgende Ziele (§ 4 (6)): „Die Schule soll die Offenheit des jungen Menschen gegenüber kultureller und religiöser Vielfalt, den Willen zur Völkerverständigung und die Friedensfähigkeit fördern …“ Vor diesem Hintergrund ist die Ausbildung von Dialog- und Pluralitätsfähigkeit als Grundlage für ein Zusammenleben in Achtung und Respekt ein grundlegendes pädagogisches Ziel. 3. Welche Fördermaßnahmen hat die Landesregierung seit 2012 zur Förderung der interreligiösen Verständigung getroffen bzw. welche Projekte sind von der Landesregierung seit 2012 mit dem ausdrücklichen Ziel der interreligiösen Verständigung gefördert worden? Antwort: Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa fördert jährlich die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Schleswig-Holstein e.V. Diese setzt sich für den jüdisch-christlichen Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Christen und Juden sowie für die Aufarbeitung des Holocaust ein. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4774 3 In 2016 fand die Junge Islam Konferenz (JIK) erstmals auch in Schleswig-Holstein statt. Drei weitere Konferenzen werden in den kommenden Jahren folgen. Es handelt sich hier um ein Dialogforum junger Menschen mit und ohne muslimischen Migrationshintergrund . Das seit 2011 auf Bundesebene existierende Dialogforum der außerschulischen politischen Bildungsarbeit wurde für die kommenden vier Jahre in Schleswig-Holstein eingerichtet. Die Junge Islam Konferenz – Schleswig-Holstein ist ein Projekt der forum k&b gmbh und der Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit dem Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein, gefördert durch die Stiftung Mercator und das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa . 4. Welche Fördergelder des Bundes und der Europäischen Union gibt es nach Kenntnis der Landesregierung zur Förderung des interreligiösen Dialogs in Schleswig -Holstein? Wurden Fördergelder von der Landesregierung zur Förderung des interreligiösen Dialogs in Schleswig-Holstein beantragt? Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Die Bundesregierung unterstützt Initiativen zum besseren Verständnis zwischen den Religionen in Deutschland. Dazu fördert das Bundesministerium des Innern Projekte zum interreligiösen Dialog, insbesondere mit Muslimen. Hierbei handelt es sich vor allem um von muslimischen, christlichen und/oder dialogischen Trägern durchgeführte Maßnahmen, die sich an Multiplikatoren (haupt- und ehrenamtliche Mitglieder der verschiedenen religiösen Gemeinschaften) aus den Bereichen Religion, Gesellschaft und Politik richten. Ziel ist es, über ein besseres Verständnis der Religionen untereinander , den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa wird selbst nicht als Projektträger tätig. Es liegen keine Informationen darüber vor, ob sich Bildungseinrichtungen beziehungsweise freie Träger im Land um eine Projektförderung aus dem oben genannten Programm beworben haben . Dem Ministerium für Justiz, Kultur und Europa sind keine Förderprogramme der Europäischen Union zur spezifischen Förderung des interreligiösen Dialogs in Schleswig -Holstein bekannt. Drucksache 18/4774 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 5. Welche Maßnahmen im und außerhalb des Rahmens des Programms „PROvention “ zur Förderung des interreligiösen Dialogs und zur Prävention interreligiöser Gewalt bzw. Radikalisierung in Flüchtlingseinrichtungen hat die Landesregierung getroffen ? Welche Kooperationspartner sind an diesen Maßnahmen beteiligt? Im Rahmen des Landesprogramms gegen religiös begründeten Extremismus in Schleswig-Holstein kommt es zu regelmäßigen Treffen zwischen Vertretern von Moscheen und des Landesprogramms. In den zahlreichen Fortbildungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Flüchtlingseinrichtungen in Schleswig-Holstein legt das Programm „PROvention“ darüber hinaus Wert darauf, nicht nur für die Formen des religiös begründeten Extremismus zu sensibilisieren. Auch über den Islam und seine friedlichen Erscheinungsformen erfolgt entsprechende Aufklärung, um möglichen kulturellen Missverständnissen vorzubeugen und die interkulturellen Kompetenzen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer weiter zu stärken. In Einzelfällen berät PROvention auch Einrichtungen und Einzelpersonen bei der Einschätzung, ob Radikalisierungen unter Flüchtlingen vorliegen und wie ggf. damit umzugehen ist und welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“ wurden darüber hinaus in diesem Jahr mehrere Veranstaltungen des Kieler Anti-Gewalt und Sozial-Training (KAST) gefördert, die mit minderjährigen Flüchtlingen Workshops mit demokratiepädagogischen Ansätzen durchführten und dabei neben anderen Themen auch Religiosität thematisierten.