SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4867 18. Wahlperiode 2016-11-22 Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Kumbartzky (FDP) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Rechtmäßigkeit von Beitragsbescheiden schleswig-holsteinischer Wasser- und Bodenverbände Vorbemerkung der Landesregierung: Die Landesregierung geht mit dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht davon aus, dass die Bescheide rechtmäßig sind, da die zugrundeliegende Satzung wirksam ist. Das OVG, das hierzu unter dem Aktenzeichen (Az.: 4 MB 45/14; Az.: 4 MB 53/14) eine abweichende Auffassung vertritt, hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich zugelassen. Dessen Entscheidung ist abzuwarten. Im Übrigen können gegenüber einzelnen Wasser- und Bodenverbänden (WBV) ergangene nicht rechtskräftige Urteile nicht dazu führen, dass die Beitragserhebung flächendeckend eingestellt wird. Dann wäre die Arbeit der WBV gefährdet, was zu unverantwortbaren Folgen u.a. für den Hochwasserschutz und die Gewässervorflut und damit für hohe Sachwerte und ggf. Leib und Leben der betroffenen Bevölkerung führen würde. 1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, ob Bescheide seit den Entscheidungen des OVG (Az.: 4 MB 45/14; Az.: 4 MB 53/14) ergangen sind, die vor dem Hintergrund der Rechtsprechung „rechtlich ernstlich zweifelhaft“ sind und bei denen eine Verpflichtung zur Beitragszahlung suspendiert ist? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Ja, nach den Erkenntnissen der Landesregierung haben die meisten der Wasser- und Bodenverbände in Schleswig-Holstein für das Jahr 2016 Bei- Drucksache 18/4867 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 tragsbescheide erlassen. 2. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, in wie vielen Fällen seit den Entscheidungen des OVG gegen Bescheide Widerspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt wurde? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Die Landesregierung hatte auf der Sitzung des Umwelt- und Agrarausschusses vom 6. Juli 2016 unter TOP 11 berichtet, dass nach Bekanntwerden der o.g. Urteile in dem fraglichen Zeitraum 85.000 Bescheide ergangen seien. Demgegenüber seien etwa 200 Widersprüche eingelegt worden. Darüber hinausgehend hat die Landesregierung keine weiteren Erkenntnisse. 3. Wurden die Adressaten der Bescheide jeweils darüber informiert, dass diese Bescheide „rechtlich ernstlich zweifelhaft“ sind und die Beiträge bis auf Weiteres nicht bezahlt werden müssten, falls Widerspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt wird? Wenn nein, warum nicht? Die Landesregierung hat keine Erkenntnisse, ob entsprechende Informationen erfolgt sind. Da die Bescheide nach Auffassung der Landesregierung rechtmäßig sind, ist eine derartige Information entbehrlich. 4. Wie beurteilt die Landesregierung mögliche strafrechtliche Folgen durch den Erlass von Bescheiden in Kenntnis des Umstandes, dass diese Bescheide „rechtlich ernstlich zweifelhaft“ sind und die Beiträge bis auf Weiteres nicht bezahlt werden müssten, falls Widerspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt wird? Es gibt keinerlei Anknüpfungspunkte für mögliche strafrechtliche Folgen. 5. Hält das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume als oberste Wasserbehörde vor dem Hintergrund der unsicheren Rechtslage die Neugründung der schleswig-holsteinischen Wasser- und Bodenverbände für sinnvoll und zweckmäßig? Bitte begründen. Nein. Das OVG hat in den o.g. Urteilen (s. Frage 1) die Existenz der Wasserund Bodenverbände nicht in Frage gestellt. 6. Plant die Landesregierung vor dem Hintergrund der Entscheidungen des OVG eine Änderung des Landeswasserverbandsgesetzes oder anderer Vorschriften ? Wenn ja, in welcher Weise und wie ist der konkrete Zeitplan der Umsetzung ? Wenn nein, warum nicht? Ja. Es ist aus Gründen der Rechtsklarheit beabsichtigt, die materiellen Anforderungen der Rechtsprechung des OVG im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2016 in ergänzenden Bestimmungen zum Landeswasserverbandsgesetz zu verankern und zugleich eine heilende Übergangsvorschrift für die betroffenen Satzungen aufzunehmen.