SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/4950 18. Wahlperiode 2016-12-16 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug (FDP) und Antwort der Landesregierung - Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Entwicklung der Umweltkriminalität in Schleswig-Holstein 1. Wie viele Delikte aus dem Bereich Umweltkriminalität wurden in Schleswig- Holstein in den letzten fünf Jahren statistisch erfasst? Soweit möglich, bitte nach Delikten und Jahren aufschlüsseln. Antwort: Die Entwicklung in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ergibt sich aus der als Anlage 1 beigefügten Tabelle. Die Zahl der Verurteilten hat sich in den zurückliegenden fünf Geschäftsjahren wie folgt entwickelt: Gerichte Schleswig-Holstein Verurteilte insgesamt 2011 2012 2013 2014 2015 StGB 29. Abschnitt, §§ 324 bis 330d Straftaten gegen die Umwelt 63 62 50 47 47 Quelle: Bundeseinheitliche Strafverfolgungsstatistik Wegen der Aufschlüsselung nach Delikten wird auf die als Anlage 2 beigefügte Tabelle verwiesen. Drucksache 18/4950 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 2. Welche Gründe sieht die Landesregierung für die Entwicklung der letzten fünf Jahre und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Antwort: Die in der PKS erfassten Fälle der letzten fünf Jahre unterliegen den üblichen jährlichen Schwankungsbreiten. Besondere Auffälligkeiten sind nicht festzustellen . Hierfür ursächlich sind z. B. komplexere Ermittlungsverfahren mit einer Vielzahl von Einzeldelikten. Diese werden statistisch erst nach Abschluss der Ermittlungen erfasst und führen in dem Erfassungsjahr zur Steigerung der erfassten Fälle. Im Bereich der Lebens- und Futtermittel ist ein gestiegenes Bewusstsein für qualitativ hochwertige Produkte mit einer entsprechenden Sensibilität für sog. Lebens- und Futtermittelskandale in der Bevölkerung festzustellen. Inwieweit hieraus ein erhöhtes Anzeigenverhalten hergeleitet werden kann, kann nicht belegt werden. Justizstatistiken bilden allein die Geschäftsentwicklung bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten ab (Zahl der eingegangenen Verfahren). Zahlenmäßige Veränderungen sind deshalb nicht gleichbedeutend mit einer tatsächlichen Abnahme oder Zunahme entsprechender Straftaten. Im längerfristigen Verlauf unterliegen die Eingangszahlen stets gewissen Schwankungen. Über die Gründe für eine bestimmte Entwicklung lässt sich nur spekulieren. Fest steht, dass die Statistiken nur das sog. Hellfeld abbilden, so dass eine veränderte Anzeigebereitschaft oder Kontrollintensität als Faktor ebenso in Betracht zu ziehen ist wie eine tatsächliche Ab- oder Zunahme solcher Taten. 3. Wie hat sich dabei jeweils die Aufklärungsquote in den letzten fünf Jahren entwickelt? Antwort: Die Entwicklung in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ergibt sich aus der als Anlage 1 beigefügten Tabelle. 4. Wie wird die Dunkelziffer von der Landesregierung eingeschätzt? Antwort: Belastbare Erkenntnisse zum Verhältnis zwischen der Zahl der statistisch erfassten und der wirklich begangenen Straftaten nach dem 29 Abschnitt des StGB (§§ 324-330d) liegen der Landesregierung nicht vor, weil es sich dabei um Delikte handelt, die den Behörden nicht bekannt geworden sind. 5. Welche Aussagen können über die Entwicklung der Verfahrensdauer bei Umweltdelikten in den vergangenen fünf Jahren gemacht werden? Antwort: Die durchschnittliche Verfahrensdauer in Umweltschutzstrafsachen hat sich bei den Staatsanwaltschaften in Schleswig-Holstein in den zurückliegenden fünf Jahren wie folgt entwickelt: Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4950 3 Staatsanwaltschaften Schleswig-Holstein Durchschnittliche Verfahrensdauer* in Monaten 2011-2015 2011 2012 2013 2014 2015 Umweltschutzstrafsachen (StGB 29. Abschnitt, §§ 324 bis 330d) 2,6 2,2 3,3 3,2 1,8 * Vom Tag des Eingangs bei der Staatsanwaltschaft bis zur Erledigung durch die Staatsanwaltschaft . Quelle: Bundeseinheitliche Staatsanwaltschaftsstatistik Zur Verfahrensdauer bei den Gerichten liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor, da dort entsprechende Daten nicht für einzelne Deliktsgruppen erhoben werden. 6. Welche Schäden sind durch Umweltkriminalität in den vergangenen fünf Jahren in Schleswig-Holstein jeweils entstanden? Antwort: Die Schadenshöhe wird bei Umweltdelikten statistisch nicht erfasst. 7. Wie sieht die personelle Entwicklung in den letzten fünf Jahren in den Bereichen der Landespolizei aus, die für die Bekämpfung der Umweltkriminalität zuständig sind? Antwort: Der Personaleinsatz im Bereich der Umweltkriminalität wurde im Jahr 2012 durch die Landespolizei konzeptionell neu hinterlegt. Die Bearbeitung der Umwelt- und Verbraucherschutzdelikte wird nach dem Prinzip der abgestuften Spezialisierung wahrgenommen. Die Grundzuständigkeit für einfach gelagerte Fälle liegt beim allgemeinen Aufgabenvollzug vor Ort, die Zuständigkeit in besonderen Deliktsbereichen erfolgt auf Behördenebene in speziellen Ermittlungsdiensten , die als Multiplikatoren auch in die Fortbildung des allgemeinen Aufgabenvollzuges eingebunden sind. Die Wasserschutzpolizei ist bei Gewässerverunreinigungen auch in Binnengewässern zuständig. Das Landeskriminalamt bearbeitet zentral besonders gelagerte Fälle, z.B. mit wirtschaftskriminalistischen Bezügen. Die nachfolgende Übersicht zeigt die Entwicklung bei besonders geschultem Fachpersonal in den speziellen Ermittlungsdiensten und im Landeskriminalamt. Drucksache 18/4950 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 Landeskriminalamt 6 6 6 10 10 PD Itzehoe 9 9 9 9 6 PD Lübeck 5 5 9 4 4 PD Ratzeburg 6 6 6 6 6 PD Neumünster 5 5 5 5 5 PD Kiel 9 6 6 6 4 PD Segeberg 8 8 8 8 7 PD Flensburg 11 11 5 5 4 Planstellen ges. 59 56 54 53 46 Aus der oben beschriebenen Neukonzeptionierung, die im Ergebnis ein Konzept abgestufter Spezialisierung ist, ergibt sich die grundsätzliche Zuständigkeit aller Polizeivollzugskräfte für das Aufgabenfeld. Die Einbeziehung aller Polizeibeschäftigter in die Aufgabe ermöglicht es, geringfügig weniger ausschließlich für diese Aufgaben zuständiges Fachpersonal einzusetzen, ohne die Qualität und die Quantität der Aufgabenwahrnehmung zu verringern. 8. Wie viele Spezialeinsatzkräfte stehen in Schleswig-Holstein zur Bekämpfung der Umweltkriminalität zur Verfügung? Welche Polizeidienststellen in Schleswig -Holstein verfügen über speziell in Umweltkriminalität geschultes Fachpersonal ? Antwort: Zur Bekämpfung der Umweltkriminalität steht in Schleswig-Holstein geschultes Fachpersonal zur Verfügung. Zum personellen Ansatz siehe Antwort zu Frage 7. Im Landeskriminalamt ist ein Sachgebiet für die Bearbeitung von Umwelt-, Verbraucherschutz- und Kernenergiedelikten eingerichtet. Auf Ebene der Polizeidirektionen sind „Ermittlungsdienste Umwelt- und Verbraucherschutz “ eingerichtet. Diese Ermittlungsdienste sind organisatorisch den Polizei-Autobahn- und Bezirksrevieren (PABR) bzw. Polizeibezirksrevieren (PBR) angegliedert. Bei der Wasserschutzpolizei (WSP) werden keine spezialisierten Kräfte für die Bekämpfung der Umweltkriminalität vorgehalten. Schwerpunkt der Tätigkeit der WSP im Bereich Umweltschutz ist der Meeresumweltschutz. Hier erfolgen insbesondere Kontrollen der die Häfen in Schleswig-Holstein anlaufenden Schiffe hinsichtlich der Einhaltung zahlreicher internationaler Übereinkommen und Regelungen. Genannt seien hier beispielsweise das MARPOL- Übereinkommen und die EU-Schwefelrichtlinie. Für die Durchführung derartiger Kontrollen werden die Beamtinnen und Beamten insbesondere an der Wasserschutzpolizeischule in Hamburg aus- und fortgebildet. Des Weiteren wird das Personal der WSP dahingehend beschult, im Zuständigkeitsbereich festgestellte einfach gelagerte Umweltstraftaten zu bearbeiten. Das sind in erster Linie Gewässerverunreinigungen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4950 5 Diese Kontrolltätigkeit wird neben der Wahrnehmung der anderen Schifffahrtspolizeilichen Vollzugsaufgaben und den allgemeinen polizeilichen Aufgaben durchgeführt. Die Mitarbeiter sind somit nicht nur mit der Aufgabe Umweltschutz betraut. Eine zahlenmäßige Benennung ist damit nicht möglich. Drucksache 18/4950 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 Anlage 1 P o li z e il ic h e K ri m in a ls ta ti s ti k ; h ie r: E n tw ic k lu n g d e r U m w e ltk ri m in a lit ä t in S c h le s w ig -H o ls te in 8 9 8 0 0 0 S tr a ft a te n i n s g e s a m t a u f d e m U m w e lt- u n d V e rb ra u c h e rs c h u tz s e k to r 2 .3 7 7 6 3 ,5 2 .2 9 2 6 4 ,0 2 .1 0 9 5 8 ,7 2 .3 4 5 6 0 ,5 2 .0 6 7 5 7 ,5 6 6 2 0 0 0 W ild e re i § § 2 9 2 , 2 9 3 S tG B 1 6 5 7 7 ,0 1 6 9 8 6 ,4 1 4 2 5 7 ,0 1 7 8 7 0 ,2 1 4 9 6 5 ,1 6 7 5 0 0 0 S p re n g s to ff - u n d S tr a h lu n g s ve rb re c h e n § § 3 0 7 -3 1 2 S tG B 4 9 3 0 ,6 5 9 2 8 ,8 7 3 1 7 ,8 1 2 0 1 7 ,5 1 2 7 1 6 ,5 6 7 6 0 0 0 S tr a ft a te n g e g e n d ie U m w e lt § § 3 2 4 , 3 2 4 a , 3 2 5 -3 3 0 a S tG B 1 .4 8 2 5 6 ,4 1 .4 1 3 5 8 ,5 1 .3 2 0 5 4 ,7 1 .3 8 5 5 4 ,3 1 .1 8 6 5 3 ,0 6 7 7 0 0 0 G e m e in g e fä h rl ic h e V e rg if tu n g § 3 1 4 S tG B 0 1 1 0 0 ,0 0 1 1 0 0 ,0 1 0 ,0 6 7 9 0 0 0 W e it e re S tr a ft a te n m it U m w e ltr e le va n z g e m ä ß S tG B 1 0 ,0 0 0 0 1 0 ,0 7 1 6 0 0 0 S tr a ft a te n i m Z u s a m m e n h a n g m it L e b e n s - u n d A rz n e im it te ln ( z. B . L e b e n s m it te l- u n d F u tt e rm it te lg e s e tz b u c h , A rz n e im it te lG , W e in G ) 2 9 2 9 7 ,9 2 3 7 9 6 ,2 2 0 1 9 6 ,0 2 8 1 9 7 ,2 2 4 2 9 6 ,7 7 4 0 0 0 0 S tr a ft a te n g e g e n s tr a fr e c h tli c h e N e b e n g e s e tz e a u f d e m U m w e lt- u n d V e rb ra u c h e rs c h u tz s e k to r (n e b e n S c h lü s s e l 7 1 6 0 0 0 ) 3 8 8 6 3 ,1 4 1 3 6 0 ,5 3 7 3 6 1 ,4 3 8 0 6 5 ,0 3 6 1 5 7 ,3 S tr a ft a t S c h l. Z a h l d e r T a t 2 0 1 1 2 0 1 2 F ä ll e A u f- k lä ru n g in % 2 0 1 3 F ä ll e A u f- k lä ru n g in % 2 0 1 4 F ä ll e A u f- k lä ru n g in % A u f- k lä ru n g in % F ä ll e 2 0 1 5 F ä ll e A u f- k lä ru n g in % Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/4950 7 Anlage 2 Gerichte Schleswig-Holstein Verurteilte insgesamt 2011 2012 2013 2014 2015 StGB 29. Abschnitt, §§ 324 bis 330d - Straftaten gegen die Umwelt 63 62 50 47 47 davon: StGB § 324, ohne Abs. 3 Gewässerverunreinigung - vorsätzlich 6 3 1 2 8 StGB § 324 Abs. 3 Gewässerverunreinigung - fahrlässig 5 1 0 2 3 StGB § 324 a, ohne Abs. 3 Bodenverunreinigung - vorsätzlich 1 1 6 2 0 StGB § 324 a Abs. 3 Bodenverunreinigung - fahrlässig 0 1 2 1 1 StGB § 325 Abs. 1 Luftverunreinigung - vorsätzlich 0 0 0 0 1 StGB § 325 Abs. 2 Freisetzen von Schadstoffen in die Luft beim Betrieb einer Anlage - vorsätzlich 0 0 1 0 StGB § 325 Abs. 3 Freisetzen von Schadstoffen in die Luft ohne Anlagenbezug - vorsätzlich 0 0 0 0 0 StGB § 325 Abs. 4 Luftverunr. und Freisetzen von Schadstoffen in die Luft beim Betrieb einer Anlage - fahrlässig 0 0 0 0 0 StGB § 325 Abs. 5 Freisetzen von Schadstoffen in die Luft ohne Anlagenbezug - leichtfertig 0 0 0 0 0 StGB §325 a Abs. 1 Verursachen von Lärm - vorsätzlich 0 0 0 0 0 StGB § 325 a Abs. 2 Verursachen von Lärm, Erschütterungen und nichtionisierenden Strahlen - vorsätzlich 0 0 0 0 0 StGB § 325 a Abs. 1 und 3 Nr. 1 Verursachen von Lärm - fahrlässig 0 0 0 0 0 StGB § 325 a Abs. 2 und 3 Nr. 2 Verursachen von Lärm, Erschütterungen und nichtionisierenden Strahlen - fahrlässig 0 0 0 0 0 StGB § 326 Abs. 1 Unerlaubter Umgang mit Abfällen - vorsätzlich 47 51 36 34 32 StGB § 326 Abs. 2 Grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen - vorsätzlich 0 0 0 2 0 StGB § 326 Abs. 3 Nichtablieferung radioaktiver Abfälle - vorsätzlich 0 0 0 0 0 StGB § 326 Abs. 5 Nr. 1 Unerl. Umgang mit Abfällen und grenzüberschr. Verbringung von Abfällen - fahrlässig 4 3 4 2 1 StGB § 326 Abs. 5 Nr. 2 Nichtablieferung radioaktiver Abfälle - fahrlässig 0 0 0 0 0 Drucksache 18/4950 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 8 Gerichte Schleswig-Holstein Verurteilte insgesamt 2011 2012 2013 2014 2015 StGB § 327 Abs. 1 Unerlaubtes Betreiben von kerntechnischen Anlagen - vorsätzlich 0 0 0 0 0 StGB § 327 Abs. 2 Unerlaubtes Betreiben anderer Anlagen - vorsätzlich 0 1 1 1 0 StGB § 327 Abs. 1 und 3 Nr. 1 Unerlaubtes Betreiben von kerntechnischen Anlagen - fahrlässig 0 0 0 0 0 StGB § 327 Abs. 2 und 3 Nr. 2 Unerlaubtes Betreiben anderer Anlagen - fahrlässig 0 0 0 0 1 StGB § 328 Abs. 1 bis 3 Unerlaubter Umgang mit radioaktiven und anderen gefährlichen Stoffen und Gütern - vorsätzlich 0 0 0 0 0 StGB § 328 Abs. 5 Unerlaubter Umgang mit radioaktiven und anderen gefährlichen Stoffen und Gütern - fahrlässig 0 0 0 0 0 StGB § 329 Abs. 1 bis 3 Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete - vorsätzlich 0 0 0 0 0 StGB § 329 Abs. 4 Schädigung von Natura 2000- Gebieten - vorsätzlich 0 0 0 0 0 StGB § 329 Abs. 5 Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete - fahrlässig 0 0 0 0 0 StGB § 329 Abs. 6 Schädigung von Natura 2000- Gebieten - leichtfertig 0 0 0 0 0 StGB § 330 Besonders schwerer Fall einer Umweltstraftat 0 1 0 0 0 StGB § 330 a Abs. 1 und 2 Schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften - vorsätzlich 0 0 0 0 0 StGB § 330 a Abs. 4 Schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften - fahrlässig 0 0 0 0 0 StGB § 330 a Abs. 5 Schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften - leichtfertig/fahrlässig 0 0 0 0 0 Quelle: Bundeseinheitliche Strafverfolgungsstatistik