SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/5009 18. Wahlperiode 2017-01-18 Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Kumbarztky (FDP) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Vögel 1. Wie ist nach Kenntnis der Landesregierung der derzeitige Forschungsstand bezogen auf Schlagopferzahlen von Vogelarten durch Windkraftanlagen? Ein systematisches landeseigenes Monitoring von Schlagopfern an Windenergieanlagen (WEA) in Schleswig-Holstein hat in den letzten Jahren an ausgewählten WEA stattgefunden (siehe Drucksache 18/4006). Weitere umfangreichere Schlagopfer-Untersuchungen (Vögel) und methodische Weiterentwicklungen wurden im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsvorhabens „Ermittlung der Kollisionsraten von (Greif-)Vögeln und Schaffung planungsbezogener Grundlagen für die Prognose und Bewertung des Kollisionsrisikos durch Windenergieanlagen (PROGRESS)“ vorgenommen. Hier wurden auch Schlagopfer an WEA-Standorten in Schleswig-Holstein gesucht. Seit Juni 2016 liegt der Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben PRO- GRESS, bei dem es sich um das bundesweit größte Forschungsvorhaben zum Thema Auswirkungen von Windkraft auf Vögel handelt, vor (abrufbar unter : http://www.fachagentur-windenergie.de/aktuell/detail/progress-endberichtveroeffentlicht .html) Drucksache 18/5009 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Im Anhang des Abschlussberichtes sind die Tabellen der Gesamtschlagopferzahlen in den im Rahmen des Forschungsvorhabens untersuchten Windparks in Norddeutschland enthalten. Eine Differenzierung der Schlagopferzahlen nach Bundesländern ist nicht enthalten. Angaben zu Schlagopferfunden aus ganz Deutschland und Europa werden auch in der Schlagopferdatei der Staatlichen Vogelschutzwarte des Landes Brandenburg gesammelt, die unter http://www.lugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.312579.de einsehbar ist („Tabelle Vögel Deutschland“). Die Herkunft der Daten in der Tabelle der Vogelschutzwarte Brandenburg ist sehr heterogen und beinhaltet in hohem Maße Zufallsfunde. Nur in begrenztem Umfang sind auch Daten aus gezielten Untersuchungen oder Forschungsvorhaben enthalten. Aus diesem Grund können mit den Daten keine Hochrechnungen zur Höhe der jährlich an WEA verunfallenden Vögel und Fledermäuse durchgeführt werden. 2. Wie beurteilt die Landesregierung den Forschungsstand? Die Landesregierung begrüßt, dass Untersuchungsergebnisse aus Forschungsvorhaben , die Erkenntnisse hinsichtlich kollisionsgefährdeter Vogelarten liefern, vorliegen. Es besteht aus Sicht der Landesregierung aber weiterer Forschungsbedarf. 3. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass die Schlagopferzahlen für bestimmte Vogelarten bestandsrelevant sind? Wenn ja, für welche? 4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, ob Populationen von Vogelarten in Gebieten mit hoher windenergetischer Nutzung in Schleswig-Holstein rückgängig sind? Wenn ja, welche? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet: Der Landesregierung liegen für Schleswig-Holstein keine konkreten Erkenntnisse zu Bestands- bzw. Populationsgefährdungen einzelner Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen vor. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/5009 3 Das Forschungsvorhaben PROGRESS leitet anhand von Populationsmodellierungen ab, dass für den Mäusebussard eventuell Kollisionen an WEA eine Bedeutung für den Bestand haben können. Die Modellierungen beziehen sich allerdings pauschal auf Norddeutschland und sind mit methodischen Unsicherheiten bei den für die Modellierung verwendeten Annahmen verbunden. Für Schleswig-Holstein werden keine genauen Zahlen angegeben. Ob und inwiefern negative Populationsentwicklungen für den Mäusebussard für Schleswig-Holstein vorliegen, welche Ursachen sie haben und wie sie vermieden werden können, wird aktuell von der Landesregierung zusammen mit externen Fachleuten diskutiert und bewertet. Im Rahmen der Teilfortschreibung der Regionalplanung zum Sachthema Wind werden unterschiedliche Naturschutzkriterien , die auch zum Schutz des Bussardbestands beitragen (Wälder + Schutzstreifen, Naturschutzgebiete + Schutzstreifen, Seeadlerdichtezentrum ), angewendet. Umfassende Forschungsvorhaben haben gezeigt, dass Artrückgänge selten monokausal zu begründen sind. So zeigt eine Untersuchung zum Mäusebussard für den Landesteil Schleswig, dass Faktoren, die die Ursache eines geringeren Bruterfolges sind, unter anderem Veränderungen in der Landnutzung und damit zusammenhängende schlechtere Erreichbarkeit von Beutetieren, vermehrte Prädation der Jungtiere durch Uhu und Habicht sowie einen geringeren Schlupferfolg umfassen. Vgl. dazu Grünkorn (2015 und 2016) Ursachenforschung zum Rückgang des Mäusebussards im Landesteil Schleswig in: MELUR (2015): Jagd- und Artenschutzbericht , S. 94 ff bzw. in: MELUR (2016): Zur biologischen Vielfalt – Jagd und Artenschutz S. 91-94 5. Ministerpräsident Albig hat in der 120. Sitzung des Schleswig-Holsteinischen Landtages am 8. Juni 2016 (S. 9939) erklärt, bisher seien über 30 Seeadler durch Windkraftanlagen getötet worden. Auf welchen Zeitraum bezieht sich diese Aussage und wie viele Seeadler sind seit dem Jahr 2010 in Schleswig- Holstein insgesamt und durch Windkraftanlagen getötet worden? Die Aussage bezieht sich auf den Zeitraum 2003 bis 2016. Seit 2010 liegen Nachweise von 18 kollidierten Seeadlern in Schleswig-Holstein vor. Im Übrigen wird auf den Jagd- und Artenschutzbericht von 2012 verwiesen.