SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/5048 18. Wahlperiode 2017-01-26 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug (FDP) und Antwort der Landesregierung - Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Internetfahndung in Schleswig-Holstein 1. Wie viele Fahndungsaufrufe wurden seit dem Jahr 2014 von der Landespolizei oder dem Landeskriminalamt im Internet und/oder auf Facebook veröffentlicht ? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Antwort: Die Anzahl der im Internet und/oder auf Facebook veröffentlichten Fahndungsaufrufe wird statistisch nicht erfasst und müsste für jeden Einzelfall nachträglich ermittelt werden. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Chancen der Internetfahndung bzw. „Facebookfahndung“ gegenüber herkömmlichen Fahndungsmethoden? Antwort: Eine Öffentlichkeitsfahndung ist die gezielte Suche nach Personen oder Sachen unter Inanspruchnahme der Bevölkerung. Auch und gerade durch die Nutzung des Internets und sozialer Medien können Zielgruppen – insbesondere junge Menschen – angesprochen werden, die über herkömmliche Medien nicht zu erreichen sind. Die Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Medien erweitert damit die polizeilichen Möglichkeiten der Öffentlichkeitsfahndung, erhöht deren Erfolgsaussichten und bietet einen der Informationsgesellschaft zeitgemäßen Fahndungsansatz. Drucksache 18/5048 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 3. Gibt es bezogen auf die Internetfahndung bzw. „Facebookfahndung“ Richtlinien , Erlasse oder Verordnungen des Bundes und/oder des Landes? Wenn ja, welche? Antwort: Die Öffentlichkeitsfahndung in sozialen Medien ist keine polizeiliche beziehungsweise justizielle Standardmaßnahme, sondern muss sich auf ausgewählte und geeignete Fälle beschränken. Mit dem Ziel der Strafverfolgung erfolgt sie auf Grundlage der §§ 131ff. der Strafprozessordnung. Die rechtliche Grundlage für Fahndungen nach vermissten Personen zur Gefahrenabwehr ist der § 193 des Landesverwaltungsgesetzes. a. Bundesweite Regelungen gesetzliche Normierungen in der StPO (§§ 131 ff. StPO) Anlage B der RiStBV, die die Öffentlichkeitsfahndung auch im Internet behandelt PDV 384.1 –Fahndung (Ausgabe 2004-Stand 09/2016) b. Landesinterne Regelungen Zur Nutzung des Internets und der sozialen Medien für den Bereich der Landespolizei Schleswig-Holstein haben das LPA und das LKA mehrere aufeinander aufbauende Erlasse herausgegeben: Erlass LPA 12.90.04 – LPA 14 (Einsatz sozialer Medien in der Landespolizei Schleswig-Holstein) mit der Anlage 3 Durchführungsregelungen für die Personen- und Sachfahndungen Erlass IV LKA 12 35.00 - Einstellung von Personen- und Sachfahndungen auf der Internetseite der Landespolizei Schleswig-Holstein 4. Ist in bestimmten Fällen eine Genehmigung oder Zustimmung zur Internetfahndung bzw. „Facebookfahndung“ durch die Landesregierung erforderlich? Wenn ja, in welchen und wie oft wurde eine Genehmigung bisher erteilt oder verweigert? Antwort: Nein. 5. Laut einem Bericht des Hamburger Abendblatts ("Blockierte Justizsenator Terrorfahndung ?" vom 24. Dezember 2016) und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ("Späte Fahndung nach Anis Amri" vom 30. Dezember 2016) blockiert Hamburg gemeinsam mit Bremen eine Fahndungsverordnung des Bundes. Wie ist die Position der Landesregierung zur besagten Fahndungsverordnung ? Bitte begründen. Antwort: Es müsste näher dargelegt werden, welche „Fahndungsverordnung des Bundes “ gemeint ist. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/5048 3 Die PDV 384.1 wurde 2016 im Hinblick auf die Nutzung von sozialen Medien zu Fahndungszwecken überarbeitet (Stand: 9/2016). Einzelne Ländervoten sind hier nicht bekannt. Schleswig-Holstein begrüßt die Anpassungen zur Nutzung und hat im Beteiligungsverfahren den Änderungen zugestimmt. 6. Wie beurteilt die Landesregierung die im Vergleich zur klassischen Fahndung schwerer zu bewertenden Eingriffe in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gesuchten durch die Internetfahndung bzw. „Facebookfahndung“? Antwort: Diesem Umstand wird bei Fahndungen nach Straftätern/unbekannten Tätern durch den Richtervorbehalt aus den §§ 131 ff StPO und durch die Anweisungen in den beschriebenen Erlassen Rechnung getragen. Der Erlass LKA IV 121 35.00 (Einstellung von Personen- und Sachfahndungen auf der Internetseite der Landespolizei Schleswig-Holstein) führt hierzu zudem aus: „Wegen der großen Verbreitung derartiger Fahndungsaufrufe und der Möglichkeit der unkontrollierten Verbreitbarkeit bedarf es in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr und den schutzwürdigen Interessen des Beschuldigten und anderer Betroffener andererseits. Fahndungsausschreibungen zu Personen und Sachen orientieren sich unter Anlegung eines strengen Maßstabes an der Bedeutung und Ausführung der Straftat sowie an Art und Umfang des erlangten/erstrebten Gutes. Eine Internetfahndung sollte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn andere den Betroffenen weniger beeinträchtigende Fahndungsmaßnahmen bereits erfolglos angewandt wurden oder werden bzw. voraussichtlich nicht oder nicht rechtzeitig zum Erfolg führen werden. In Fällen, in denen aufgrund der Fahndung in besonderem Maß die Gefahr diskriminierender Äußerungen oder tätlicher Übergriffe besteht, ist die Erforderlichkeit einer Öffentlichkeitsfahndung im Internet besonders sorgfältig zu prüfen.“ 7. Welche datenschutzrechtlichen Probleme liegen hier nach Ansicht der Landesregierung vor? Antwort: Zur Nutzung von sozialen Medien wurde im Jahre 2013 innerhalb der Polizei eine landesweite Projektgruppe gebildet. Diese hat unter Einbindung des behördlichen Datenschutzes die Grundzüge der Nutzung sozialer Medien für die Landespolizei einschließlich der Nutzung zu Fahndungszwecken entwickelt und umgesetzt. Insofern liegen aktuell keine datenschutzrechtlichen Probleme vor.