SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/5066 18. Wahlperiode 01.02.2017 Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Kubicki (FDP) und Antwort der Landesregierung - Ministerpräsident Aussagen des Ministerpräsidenten zur HSH Nordbank Vorbemerkung des Fragestellers: Im Hamburger Abendblatt vom 16. Januar 2017 ("Olaf Scholz ist der bestmögliche Wahlkämpfer", Seite 14) wird Ministerpräsident Albig mit folgenden Worten zur HSH Nordbank zitiert: "Wenn es gut läuft, kriegen wir die Schäden für den Steuerzahler minimiert. Die Reeder haben uns gesagt: Bitte behaltet bei der Bank Ruhe und Augenmaß . Irgendwann werden die Frachtraten wieder nach oben gehen. Wenn es schlecht läuft, dann wird das nicht nur den Landeshaushalt, sondern auch den Bund und die EU betreffen - weil die Summe zu groß ist. Da reden wir dann über bis zu 16 Milliarden Euro für beide Bundesländer zusammen." Drucksache 18/5066 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 1. Wie kommt die Landesregierung zu der Einschätzung, dass das Risiko für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein bis zu 16 Milliarden Euro betragen könnte? Bitte begründen. Antwort: Die HSH Nordbank gehört zum weit überwiegenden Teil den Ländern Schleswig-Holstein und Hamburg. Sie ist 2008 im Zuge der Finanzmarkt- und der Schifffahrtskrise in Schwierigkeiten geraten und musste im Jahr 2009 von ihren Eigentümern gestützt werden. Da die Bank ganz überwiegend in öffentlichem Besitz ist, war hierfür ein Beihilfeverfahren der EU notwendig. Damals wurden 3 Mrd. Euro Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Zusätzlich wurde eine Zweitverlust-Garantie über 10 Mrd. Euro über eine eigens gegründete Anstalt, die hsh finanzfonds AöR, zur Verfügung gestellt. 2011 wurde die Garantie auf 7 Mrd. Euro reduziert. Bereits kurz darauf stellte sich heraus, dass diese Höhe nicht mehr ausreichte. Die Bank bat die Länder um Wiedererhöhung der Garantie. Dies löste ein neues Beihilfeverfahren der EU aus. 2015 verständigten sich die Akteure auf das nun umgesetzte Paket. Danach entlasten die Länder die Bank um notleidende Kredite. Bis zum 28.2.2018 muss die Bank privatisiert werden. Die aktuelle Situation stellt sich wie folgt dar: 1. Die hsh finanzfonds AöR hat gegenüber der HSH Nordbank AG eine Zweitverlustgarantie im Volumen von bis zu 10 Mrd. Euro gewährt. 2. Zum Jahresende 2015 weist die hsh finanzfonds AöR einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von rd. 0,8 Mrd. Euro aus. 3. Die hsh portfoliomanagement AöR hat ein notleidendes Schiffsportfolio im Forderungsvolumen (EAD) von rd. 5 Mrd. Euro (Stichtag 31.12.2015) zu einem Marktwert von rd. 2,4 Mrd. Euro von der HSH übernommen. Weitere Portfolien in Höhe von bis zu 1,2 Mrd. Euro EAD dürfen gemäß EU-Entscheidung übernommen werden. Der dann zu entrichtende beihilfe-neutrale Übertragungswert würde von der EU-Kommission festgelegt werden. 4. Zudem besteht eine Gewährträgerhaftung auf Wertpapieremissionen der HSH von rd. 2,4 Mrd. Euro. Des Weiteren hat die HSH Nordbank per 31.03.2016 Pensionsverpflichtungen in Höhe von rd. 1,1 Mrd. Euro, von denen rd. 85% ebenfalls unter die Gewährträgerhaftung fallen. Auf das Land Schleswig- Holstein entfallen davon im Innenverhältnis (mit den übrigen Gewährträgern) 19,55% und auf Hamburg 35,38 %. Auf beide Länder entfallen also rd. 1,8 Mrd. Euro an Gewährträgerhaftung. Es wird zu einer Belastung der Länderhaushalte kommen, wenn die beiden Anstalten (hsh finanzfonds AöR und hsh portfoliomanagement AöR) aufgelöst und die in Anspruch genommenen Kredite in die Länderhaushalte überführt werden. Hiervon entfallen 50% auf Schleswig-Holstein. Wie hoch die Kredite ggf. ausfallen werden, wird im Wesentlichen von den folgenden Faktoren abhängen: einer erfolgreichen Privatisierung der HSH in 2018 und den hierbei erlösten Kaufpreis, den zukünftig durch die HSH zu zahlenden Garantieprämien, der zukünftigen Entwicklung der Schifffahrtsmärkte, der zukünftigen Entwicklung des USD/EUR-Kurses, der Höhe der Garantieinanspruchnahme, Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/5066 3 der zukünftigen Zinsentwicklung und der damit verbundenen Entwicklung der Refinanzierungskosten der beiden Länderanstalten und dem Eintreten einer Inanspruchnahme der Gewährträgerhaftung (und der entsprechenden Höhe). Die Landesregierung hat immer klar gemacht, dass die HSH Nordbank das größte Haushaltsrisiko des Landes ist. In diesem Zusammenhang wird u.a. auf die Ausführungen im Finanzplan SH 2016-2020, die Informationen zum Kreditportfolio, das am 30.06.2016 von der HSH Nordbank auf die hsh portfoliomanagement AöR übertragen wurde (Umdruck 18/6390), sowie den Geschäftsbericht der hsh finanzfonds AöR für das Jahr 2015 verwiesen. Oberstes Ziel der Landesregierung ist die größtmögliche Schonung des Landesvermögens. 2. Auf welcher fachlichen Grundlage fußt die Annahme, die Frachtraten werden wieder nach oben gehen? Von welchem Zeithorizont wird hierbei ausgegangen? Antwort: Im aktuellen Landtagsbericht zur Entwicklung des Schiffskreditportfolios der hsh portfoliomanagement AöR vom 10. Januar 2017 (Drucksache 18/5003) wird ausführlich auf die prognostizierte Entwicklung der Charterraten für die einzelnen Schiffsklassen gemäß Charterraten-Prognosen des unabhängigen Anbieters Maritime Strategies International Ltd (MSI) bis 2035 eingegangen. 3. Hat die Landesregierung eigene Prognosen zur Entwicklung der Frachtraten erstellt oder erstellen lassen? Wenn ja, welche, zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Ergebnis kommen diese jeweils? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Die Landesregierung hat keine eigenen Prognosen der zukünftigen Entwicklung von Charterraten erstellt oder erstellen lassen. Die Wirtschaftsprüfer der Länder sowie die hsh portfoliomanagement AöR verwenden die Prognosen unabhängiger Institute. 4. Inwiefern geht die Landesregierung davon aus, dass unter bestimmten Umständen nicht nur der Landeshaushalt, sondern auch der Bund und die EU betroffen sein könnten? Gibt es hierzu seitens der Landesregierung Prognosen? Welche Szenarien sind hier nach Ansicht der Landesregierung denkbar? 5. Unter welchen Voraussetzungen bzw. ab welcher Summe ist nach Ansicht der Landesregierung auch der Bund betroffen? Auf welcher Rechtsgrundlage würde ein Eintreten des Bundes erfolgen? Gibt es hier entsprechende Zusagen des Bundes an das Land? Wenn ja, welchen Inhalts? 6. Unter welchen Voraussetzungen bzw. ab welcher Summe ist nach Ansicht der Landesregierung auch die EU betroffen? Auf welcher Rechtsgrundlage würde ein Eintreten der EU erfolgen? Gibt es hier entsprechende Zusagen der EU an das Land? Wenn ja, welchen Inhalts? Drucksache 18/5066 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Die Fragen 4 bis 6 werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet . Antwort: Die Landesregierung macht ausschließlich Prognosen für die Belastung des Landeshaushalts. Die Landesregierung stellt keine Schätzungen über die Belastung des EU- oder Bundeshaushalts an. Natürlich ist der Ausgang des Privatisierungsprozess nicht nur für Schleswig-Holstein relevant, sondern auch für Deutschland und die Europäischen Union. Schließlich handelt es sich bei der HSH Nordbank nach der Einstufung der Europäischen Zentralbank um ein bedeutendes Institut, das daher unter der Aufsicht der EZB steht. Die Europäische Kommission achtet sehr genau darauf, dass der Verkauf mittels eines offenen, diskriminierungsfreien, wettbewerblichen und transparenten Ausschreibungsverfahrens erfolgt. Sie muss den konkreten Verkauf schließlich genehmigen. Die Landesregierung wird auch weiterhin das Gespräch mit der Europäischen Kommission suchen und in Kontakt mit dem Bundesfinanzministerium, der Bundesbank und der deutschen Bankenaufsicht stehen, die bereits den gesamten Verständigungsprozess eng begleitet haben. Auch vor dem Hintergrund der Vorgaben der im Grundgesetz verankerten sog. Schuldenbremse und des Stabilitätsrates, eines gemeinsamen Gremiums des Bundes und der Länder, würde sich aus einer möglichen Belastung des Landeshaushalts in der oben genannten Höhe eine Betroffenheit des Bundes ergeben. Die Landesregierung hat überdies die Erwartung, dass die Solidargemeinschaften der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg im Bedarfsfall unterstützen. Wegen der fehlenden Konkretisierung der Belastung ist hierüber folglich noch nicht mit der Europäischen Kommission und dem Bund gesprochen worden.