SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/5131 18. Wahlperiode 2017-02-17 Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer (Piratenfraktion) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Unfälle und Betriebsstörungen bei Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein In den letzten Wochen gab es mehrere Presseberichte über Unfälle bei Windkraftanlagen . Unter anderem waren defekte Bolzen der Rohrverschraubung Ursache für einen Unfall. 1. Sind der Landesregierung Unfälle und Betriebsstörungen in Schleswig-Holstein bekannt und wenn ja welche? 2. Welche Arten von Unfällen sind der Landesregierung bekannt: a) wie viele Brände? b) wie viele Fälle von Eiswurf? c) wie viele Fälle von Bolzenbruch bei der Rohrverschraubung? d) in wie viele Fälle wurden, durch Defekte, Rotorblätter verloren? e) wie viele Fälle durch andere Ursachen? Die Fragen 1 und 2 werden im Zusammenhang beantwortet. Auch wenn eine systematische Erfassung von Unfällen und Störungen nicht erfolgt, gibt es in neueren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheiden Nebenbestimmungen zu Berichtspflichten der Anlagenbetreiber bezüglich besonderer Er- eignisse. Demnach sind der Genehmigungsbehörde in den Kreisen Rendsburg- Eckernförde, Plön und Ostholstein in den letzten 20 Jahren 6 Unfälle bekannt geworden . In allen Fällen sind die Anlagen abgebrannt. Im Kreis Steinburg gab es 2001 einen Unfall durch Turmbruch. 3. Was sind, aus Sicht der Landesregierung, die Ursachen und welche Maßnahmen werden ergriffen um das Risiko von Unfällen in Zukunft zu vermeiden? Die Einhaltung eines sicheren Betriebs von Anlagen ist eine der vornehmsten Betreiberpflichten . Der Betreiber bzw. die von ihm beauftragten Überwachungs-, Wartungsund Instandhaltungsunternehmen müssen die notwendigen organisatorischen und technischen Maßnahmen treffen, um einen solchen Betrieb zu gewährleisten. Wichtige Grundlagen hierfür sind die technischen Regeln und rechtlichen Vorgaben sowie Genehmigungsauflagen. Aus Sicht der Landesregierung stellen sich die einzelnen möglichen Unfallquellen wie folgt dar: Brandschutz: Die Brandschutzbehörden der Kreise werden in den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren beteiligt. So wird sichergestellt, dass die WKA, soweit es den technischen und vorbeugenden Brandschutz betrifft, den Stand der Technik erfüllen . Bei den in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 genannten, abgebrannten Anlagen handelte es sich um ältere WKA, welche noch mit Stallregelung ausgerüstet waren . Deren Bremsen überhitzten, was jeweils zum Brand führte. Stall geregelte Anlagen werden heute üblicherweise nicht mehr eingesetzt. Eiswurf: Bei den heute gängigen Multimegawattanlagen sind Abschaltmaßnahmen und Eisdetektoren installiert und gutachterlich abgenommen. Bolzenbruch: Dieses Problem besteht nach den Erkenntnissen der Landesregierung nur bei einem Anlagentyp eines Herstellers und war nicht vorhersehbar. Im Übrigen ergeben sich aus der Typenprüfung der jeweiligen WKA regelmäßige Prüf- und Wartungspflichten der Betreiberseite. Sollten hier Mängel festgestellt werden, sind seitens der Betreiber die erforderlichen Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die Genehmigungsbehörde prüft im Rahmen ihrer Überwachung in diesen Fällen, ob und inwieweit die Betreiber ihrer Betreiberpflicht ausreichend Rechnung tragen. Rotorblätter: Rotordefekte bzw. herumfliegende Rotorfragmente sind selten. Dieser Fall ist einmal aufgetreten, da es in Folge eines Sturms zu einer Berührung des Blattes mit dem Turm gekommen ist. Die Rotorblätter werden regelmäßig gemäß Auflagen der Typenprüfung untersucht. Andere Ursachen: Hierüber liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Durch den Abstand von mindestens 400m zur Wohnbebauung, den einzuhaltenden technischen Regeln sowie Genehmigungsauflagen wird eine Gefährdung der Bevölkerung durch Unfälle und Betriebsstörungen von WKA minimiert. Ein Restrisiko beim Betrieb technischer Anlagen kann nie vollständig ausgeschlossen werden. 4. Existierte eine Versicherungspflicht für Betreiber von Windkraftanlagen? Wenn nein, wer trägt die Kosten wenn Unbeteiligte/Dritte durch solche Unfälle zu Schaden kommen? Eine Versicherungspflicht besteht nicht. Informationen, inwieweit Betreiberinnen auf den Abschluss einer Haftpflichtversicherung verzichtet haben, liegen der Landesregierung nicht vor. Im Übrigen müssten im konkreten Fall Schadensersatzansprüche geprüft werden. 5. Sind Leitfäden für Unfälle und die Brandbekämpfung an Windkraftanlagen für die Feuerwehren in Schleswig-Holstein verfügbar? Die Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord hat Hinweise für die Feuerwehren bei Einsätzen in Windenergieanlagen herausgegeben (Zeitschrift FEUERWEHR 11/2007) http://www.hfuknord.de/hfuk-wAssets/docs/FW1107-HFUK.pdf 6. Gibt es Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für die Feuerwehr zum Thema Windkraftanlagen? Eine spezielle Feuerwehrausbildung wird für Windenergieanlagen nicht benötigt, da bei einem Einsatz nur sehr begrenzte Einsatzmöglichkeiten, in der Regel Absperren und gegebenenfalls Löschen heruntergefallener Teile, bestehen. Es finden Unterweisungen durch Windenergieanlagenhersteller bei den Ortsfeuerwehren statt. 7. Wo und wie werden veraltete, beschädigte oder durch Unfälle zerstörte Windkraftanlagen entsorgt? Existieren Richtlinien, nach denen Altanlagen verschrottet und die Abfälle deponiert oder – falls möglich – wiederverwendet werden müs- sen? Richtlinien zur Entsorgung von WKA gibt es nicht. Generell sind bei einer beabsichtigten Entsorgung aber die Grundsätze der Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung gem. § 6 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes in Form der fünfstufigen Abfallhierarchie (Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, energetische Verwertung und Beseitigung) zu beachten. WKA werden derzeit überwiegend für eine Zweitverwertung vorgehalten. Die in Deutschland abgebauten Anlagen werden im Ausland weiterverwendet. Sie sind gut gewartet und defekte Teile werden zuvor repariert. Andere WKA werden gelagert um aus diesen Ersatzteile nutzen zu können. WKA bestehen aus den Komponenten Beton, Metalle, Betriebsflüssigkeiten (z.B. Öl) und die aus faserverstärkten Kunststoffen bestehenden Rotorblätter. Für die Fraktionen Beton, Metalle und die Betriebsflüssigkeiten sind praktizierte Entsorgungswege vorhanden. Für veraltete und beschädigte Rotorblätter besteht die Möglichkeit einer Verwertung im Zementwerk zur Klinkerherstellung. Eine Deponierung von Rotorblättern ist aufgrund des hohen Kohlenstoffanteils nach der Deponieverordnung nicht zulässig. Auf Bundes- und Länderebene und in Zusammenarbeit mit einschlägigen Verbänden, Herstellern und Entsorgern von WKA werden derzeit weitere Entsorgungsmöglichkeiten geprüft.