SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/5203 18. Wahlperiode 2017-03-01 Kleine Anfrage des Abgeordneten Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Kontrolle kommunaler Unternehmen 1. In die Aufsichtsgremien kommunaler Unternehmen dürfen teilweise nur die größten zwei oder drei Fraktionen Vertreter entsenden. a) Ist diese Praxis rechtmäßig? Antwort: Die Gemeindeordnung Schleswig-Holsteins regelt in § 104 Abs. 1 Satz 1 GO, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinde in Gesellschaften, an denen die Gemeinde unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, von der Gemeinde bestellt werden. Bezüglich der Zuständigkeit der Entscheidung legt § 28 Satz 1 Nr. 20 GO fest, dass die Bestellung von Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinde in Gesellschaften (§ 102), Genossenschaften oder anderen privatrechtlichen Vereinigungen (§ 105), an denen die Gemeinde beteiligt ist, eine vorbehaltene Aufgabe der Gemeindevertretung ist. Die Gemeindevertretung kann die Entscheidung in der Hauptsatzung auf den Hauptausschuss übertragen, wenn die Beteiligung der Gemeinde einen in der Hauptsatzung bestimmten Betrag oder Vomhundertsatz der Beteiligung nicht übersteigt. Es obliegt der Gemeindevertretung bzw. dem Hauptausschuss, welche Per- Drucksache 18/5203 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 sonen für Aufsichtsgremien kommunaler Unternehmen bestellt werden. Bei ihrer Entscheidung über die Bestellung von Vertreterinnen und Vertretern hat die Gemeindevertretung § 15 Abs. 1 des Gleichstellungsgesetzes zu beachten . b) Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf (bitte begründen)? Antwort: Nein. Mit dieser Regelung wird die kommunale Selbstverwaltung gestärkt. c) Wie steht die Landesregierung zu dem Vorschlag, allen Mitgliedern von Kommunalvertretungen kraft Gesetzes ein Anwesenheitsrecht in Sitzungen der Aufsichtsgremien zu gewähren oder zu sichern? Antwort: Das Bundesrecht begrenzt das Anwesenheitsrecht nicht stimmberechtigter Vertreter in Aufsichtsgremien zivilrechtlicher Gesellschaften. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Satzung einer GmbH, bei der ein Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungsgesetz zu bilden ist, nicht bestimmen kann, dass der Aufsichtsrat neben zwanzig stimmberechtigten Aufsichtsratsmitgliedern aus weiteren Mitgliedern mit beratender Funktion bestehen kann (BGH, Beschluss v. 30.01.2012 - II ZB 20/11). Daneben ist zu beachten, dass mit der Ausgliederung und der Wahl der Rechtsform auch eine Entscheidung über die Verselbständigung der Aufgabenwahrnehmung einhergeht. Dem Rechnung tragend hat die Landesregierung in der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Stärkung der Kommunalwirtschaft (Drucksache 18/3152), welches am 29. Juli 2016 in Kraft trat, deutlich gemacht, dass die Gemeindevertretung bzw. der Hauptausschuss Eingriffe in das operative Geschäft vermeiden und sich auf eine Globalsteuerung beschränken sollte. Grundlage dafür ist ein vertrauensvolles Miteinander der Entscheidungsträger in der Gemeinde und in den Unternehmen. Ein vertrauensvolles Miteinander in den Aufsichtsgremien kommunaler Unternehmen sowie die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit, Effizienz und Effektivität der Aufsicht und Beratung der Geschäftsführung bedingt eine zahlmäßigen Begrenzung der Teilnehmer. Hierbei wird eine Größe von sieben bis neun Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/5203 3 Mitgliedern als zielführend angesehen; siehe Mustergesellschaftsvertrag für Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit kommunaler Beteiligung (http://www.schleswighol - stein.de/DE/Fachinhalte/K/kommunales/kommunalesWirtschaftsrecht/Downloa ds/musterGesellschaftsvertrag.pdf?__blob=publicationFile&v=1) 2. Den Mitgliedern von Kommunalvertretungen wird teilweise kein Zugang zu Sitzungsprotokollen und sonstigen Unterlagen der Aufsichtsgremien öffentlicher Unternehmen gewährt. a) Ist diese Praxis rechtmäßig? Antwort: Die Frage der Zulässigkeit des Zuganges zu Sitzungsprotokollen und sonstigen Unterlagen der Aufsichtsgremien öffentlicher Unternehmen hängt maßgeblich vom Einzelfall ab. Hintergrund ist hier regelmäßig das maßgebliche Bundesrecht für zivilrechtliche Gesellschaften. So verpflichtet § 116 Aktiengesetz die Mitglieder des Aufsichtsrates zur Verschwiegenheit. Gleichwohl wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Kommunalwirtschaft das Auskunftsrecht der Gemeinde bezüglich der gemeindlichen Unternehmen nochmals gestärkt. So war Adressat der (reaktiven) Auskunftspflicht („auf Verlangen Auskunft zu erteilen“) und der (aktiven) Berichtspflicht („möglichst frühzeitig unterrichten“) vorher lediglich die Gemeindevertretung. Diese Beschränkung barg die Gefahr, dass andere gemeindliche Gremien vom Informationsfluss abgeschnitten werden, insbesondere der mit der Steuerung der Beteiligungen befasste Hauptausschuss (§ 45 b Abs. 4 GO). Daher sieht die Gemeindeordnung nun vor, dass die Auskunfts- und Berichtspflicht gegenüber der Gemeinde schlechthin besteht. Gemeinde meint hier deren sämtliche Organe (Gemeindevertretung und Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister) sowie die von diesen abgeleiteten Teilorgane (Ausschüsse und Beiräte). b) Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf (bitte begründen)? Antwort: Nein. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Kommunalwirtschaft und den darauf aufbauenden untergesetzlichen Regelungen hat bzw. wird die Landesregie- Drucksache 18/5203 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 rung bis Ende der Legislaturperiode die notwendigen und im Rahmen des Bundesrechtes möglichen Normen erlassen.