SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/521 18. Wahlperiode 2013-02-22 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Privilegierung von Geldspielautomaten in Spielbanken im Vergleich zu Geldspielautomaten in Spielhallen Vorbemerkung: Die staatlichen Spielbanken in Schleswig-Holstein erzielen gegenwärtig etwa zwei Drittel ihrer Einnahmen aus Automatenspielen, wie sie auch in privat betriebenen Spielhallen angeboten werden. 1. Ist es aus Sicht der Landesregierung zu rechtfertigen, dass nahezu sämtliche Beschränkungen, die zum Schutz vor Spielsucht für Geldspielautomaten in privaten Spielhallen gelten (z.B. Zulassungspflicht der Geräte, Begrenzung von Spieldauer und Einsatz, Beschränkung der Zahl von Automaten), für Spielautomaten in Spielbanken nicht gelten? Wenn ja, wie ist diese Privilegierung zu rechtfertigen? Antwort: Ja. Beschränkungen zum Schutz vor Spielsucht in privat geführten Spielhallen gelten naturgemäß auch nur dort. Zuständig für das gewerbliche Spielrecht ist ausschließlich der Bundesgesetzgeber, insoweit hat die Landesregierung hier nur sehr beschränkte Einflussmöglichkeiten. Entsprechende Vorschriften finden sich daher in der Gewerbeordnung und in der Spielverordnung (SpielV). Soweit der Landesgesetzgeber Zuständigkeiten im Bereich des Spielhallenrechts hat, hat er entsprechende Regelungen –auch zur Suchtprävention- im Spielhallengesetz getroffen. In der ursprünglichen Ausgestaltung in der SpielV handelte es sich bei gewerblichen Spiel um Unterhaltungsspiel, bei dem der Geldeinsatz nur dazu Drucksache 18/521 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 dienen sollte, ein Gerät zu bedienen, das ein Geschicklichkeits- bzw. Unterhaltungsspiel ermöglicht wie z. B. beim Flipperautomaten. Allerdings trat im Laufe der Zeit bei den Geldspielautomaten der Unterhaltungsaspekt zunehmend zugunsten des Geldgewinns zurück; es kamen Geldgewinnspielgeräte auf den Markt, bei denen nicht mehr die Geschicklichkeit, sondern der Gewinn von Geld und der Zufall im Spielablauf im Vordergrund standen. In der Folgezeit haben sich die Automatenspiele in Spielbanken und in Spielhallen weiter angenähert. Gerade durch die Novellierung der Spielverordnung 2006 wurde die Ereignisfrequenz, der Grad der Interaktivität, die Illusion der Beeinflussbarkeit , die Einsatz- und Gewinnstruktur, weiter erhöht (Stellungnahme der Landesstelle für Suchtfragen Schleswig-Holstein e.V. – LSSH – unter Bezugnahme auf das Bundesgesundheitsministeriums 2011, Umdruck 17/2172, S. 10). Dennoch sind Spielbanken nicht privilegiert. Glücksspiel wird politischgesellschaftlich als demeritorisches Gut angesehen, auch wenn für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger die Teilnahme eine ganz normale Freizeitgestaltung mit einem individuellen Nutzen stiftenden Unterhaltungswert darstellt. Ohne staatliche Intervention kann es jedoch zu einer Überversorgung der Bevölkerung mit Glücksspielen kommen. Daher ist es dem Staat seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts zur Kanalisierung der Nachfrage und zur besseren Kontrolle vor Manipulationen und zum Spielerschutz vorbehalten, Spielbanken selbst zu betreiben. Die Spielbanken im Land werden über die Beteiligungsverwaltung des Landes betrieben und kontrolliert. Das Innenministerium hat darüber hinaus in den Genehmigungen der Spielbanken zahlreiche Auflagen wie die Zertifizierung der Spielautomaten nach internationalen Standards, regelmäßige suchttechnische Schulungen des Personals , Begrenzung der Öffnungszeiten, strikte Zugangskontrollen und verpflichtende Abgleiche mit dem länderübergreifenden Sperrsystem, Begrenzung der Anzahl von Automaten, Videoüberwachung, Kontrolle von Auszahlungen an Spieler durch Beschäftigte der Finanzämter, regelmäßige Vor-OrtKontrollen und Bekämpfung von Geldwäsche nach den Vorgaben des Geldwäschegesetzes erlassen. Nach den Erfahrungen der Aufsichtsbehörden sowie der Suchtforschung (vgl. Stellungnahme der LSSH, a.a.O., Seite 11) bewirken die Geldspielautomaten des gewerblichen Spiels bei mehr als 85%, also mehr als drei Viertel der Klienten und Klientinnen in Suchthilfeeinrichtungen , eine behandlungsbedürftige Abhängigkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten. Dies ist das Ergebnis des seit 2007 durch das Bundesgesundheitsministerium geförderten Bundesmodellprojekts "Frühe Intervention bei Pathologischem Glücksspiel". Diese Einschätzungen scheinen durch die im Jahre 2010 durchgeführte Evaluierung der SpielV durch das vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragte Institut für Therapieforschung (IFT) bestätigt zu werden. Hier wurden fast 600 Spieler in Spielhallen und Gaststätten nach ihrem Spielverhalten befragt. Von diesen spielten 83% in Spielhallen und mehr als 71% in Gaststätten regelmäßig, d. h. mehr als einmal pro Woche und dies durchschnittlich seit etwa zehn Jahren. Als sehr wichtige Motive werden mit jeweils etwa 40% der Nennung das Ziel, verlorenes Geld zurückzugewinnen und der Reiz, das Geldspielgerät zu überlisten genannt, was mit den oben genannten suchtfördernden Kriterien korreliert. Die Befragten gaben zudem an, in Spielhallen durchschnittlich rund 500 Euro an einem einzigen Spieltag verloren zu haben (etwa ein Viertel verliert bis 50 Euro, etwa 11% Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/521 3 verlieren mehr als 1000 Euro). Knapp 60% gaben an, dass sie sich aufgrund des Spielens finanziell einschränken müssen. Diese Studie geht bei Langzeitspielern , die bereits mehrere Jahre spielen und bei der Befragung in Spielhallen und Gaststätten angetroffen wurden, sogar von 42 % (Spielhallen) bzw. 30 % (Gaststätten) pathologischen Spielern aus. Der Bericht macht zudem deutlich , dass in Gaststätten hinsichtlich des Jugendschutzes Defizite bestehen. 2. Beabsichtigt die Landesregierung, dafür zu sorgen, dass Geldspielautomaten in Spielbanken denselben Beschränkungen unterworfen werden wie sie für Spielautomaten in privaten Spielhallen gelten? Antwort: Nein. Siehe Antwort auf Frage 1.