SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/5256 18. Wahlperiode 2017-03-10 Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Kumbartzky (FDP) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Unterlassene Untersuchungen von Wildvögeln, insbesondere Wasservögeln entgegen § 56 Abs. 1 Nr. 1 lit. b der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung – GeflPestSchV) Vorbemerkung des Fragestellers: Nach dem Fund toter Reiherenten am Plöner See wurde am 08.11.2016 vom Friedrich -Löffler-Institut (FLI) die Infektion von Wildvögeln mit hochpathogener Aviäre Influenza (Geflügelpest) vom Subtyp H5 N8 bestätigt. Der Kreis Plön hat daraufhin am 09.11.2016 durch Allgemeinverfügung einen Sperrbezirk mit einem Radius von 3 km um den Fundort und ein Beobachtungsgebiet mit einem Radius von 10 km gem. § 55 Abs. 1 GeflPestSchV festgelegt. Entgegen § 56 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GeflPestSchV wurde jedoch die dort der zuständigen Behörde für die Dauer von 21 Tagen nach Festlegung des Sperrbezirks vorgegebene "Untersuchung von Wildvögeln, insbesondere von Wasservögeln und von kranken oder verendet aufgefundenen Wildvögeln auf das hochpathogene Aviäre Influenza-Virus" nicht durchgeführt. 1. Aufgrund einer Eingabe an den Kreistag hat die Landrätin des Landkreises Plön mit Schreiben vom 10.02.2017 dem Rassegeflügelzuchtverband mitgeteilt, dass die "Untersuchung von Wildvögeln, insbesondere von Wasservögeln" – entgegen dem Gesetzeswortlaut, der die "Untersuchung von Wildvögeln, insbesondere von Wasservögeln" zusätzlich und sogar vorrangig vor der ebenfalls vorgesehenen Untersuchung "von kranken oder verendet aufgefundenen Wildvögeln" vorschreibt – nicht geboten seien und demgemäß auch kein Versäumnis vorliege. Drucksache 18/5256 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Ist der Landesregierung dieser Sachverhalt bekannt und teilt sie die Auffassung der Landrätin? Bitte begründen. 2. Diese Bewertung sei laut dem Schreiben der Landrätin des Landkreises Plön "mit der zuständigen Fachaufsicht im Ministerium für Energie, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR)" abgestimmt gewesen. Trifft es zu, dass das Land das Unterlassen von Untersuchungen, die nach dem Gesetzestext von § 56 Abs. 1 lit. b GeflPestSchV ausdrücklich vorgesehen sind, für verzichtbar oder von vornherein nicht geboten erklärt hat? Wenn ja, wann, von wem und wem gegenüber wurde eine solche Erklärung abgegeben? 3. Aufgrund welcher Erkenntnisse sieht sich die Landesregierung gegebenenfalls in der Lage und befugt, Untersuchungen, die nach dem Verordnungstext ausdrücklich vorgesehen sind, für nicht notwendig oder gar nicht geboten zu erklären? Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des engen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Untersuchung verendeter Wasser- und anderer Wildvögel ist mit hoher Virusnachweisrate sowohl innerhalb der benannten Restriktionszonen um den Großen Plöner See als auch im übrigen Kreisgebiet Plön erfolgt, sodass fachlich fundiert über den Fortbestand der eingerichteten Restriktionszonen und die Einrichtung neuer Restriktionsgebiete entschieden werden konnte. In der vorgenannten Eingabe wurde der Kreis Plön jedoch aufgefordert, Untersuchungen lebender Wildvögel auf Antikörper aviärer Influenzaviren zur Ermittlung des Durchseuchungsgrades der Wild-/Wasservogelpopulation anzuweisen. Begründet wird dieses mit § 56 Abs. 1 Nr. 1b Geflügelpest-Verordnung (VO). Die Landrätin des Kreises Plön lehnt dies mit Verweis auf die geltende Rechtslage ab. Zur Beantwortung der Anfrage hatte sich die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht im Rahmen der Fachaufsicht durch das MELUR beraten lassen. Die Landesregierung teilt diese Rechtsauffassung. Zur Begründung: Die Untersuchung weiterer Wildvögel nach § 56 Absatz 1 Nr. 1b der Geflügelpest-VO im eingerichteten Restriktionsgebiet zielt darauf ab festzustellen, ob das Virus noch in dem Bereich vorhanden ist. Auf dieser Grundlage ist dann über die Aufrechterhaltung der festgelegten tierseuchen-rechtlichen Maßnahmen in den Restriktionszonen zu entscheiden. Die intensivierte amtliche Überwachung der Wildvogelpopulation soll insbesondere zum einen Wasservögel umfassen, wobei nicht gesagt ist, ob diese lebend oder tot sein sollen, und zum anderen weitere Wildvögel, welche explizit als tote oder kranke Vögel benannt wurden. Gemäß Erwägungsgrund 11 der Entscheidung 2006/563/EG werden Restriktionszonen eingerichtet, um die Einschleppung des Virus in gewerbliche und nicht gewerbliche Geflügelbestände zu verhindern. Hieraus leitet sich ab, dass nicht die Ermittlung Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/5256 3 des genauen Durchseuchungsgrads in der Wildvogelpopulation im Vordergrund steht, sondern die Kenntnis über das Vorhandensein des Virus vor dem Hintergrund des Schutzes der Geflügelbestände. In diesem Sinne wird die Überwachung gemäß Geflügelpest-VO in § 56 Abs. 1 Nr. 1 b durch die Angabe einer Untersuchung auf hochpathogene aviäre Influenzaviren konkretisiert. Eine Untersuchung lebender Tiere auf Antikörper ist nicht vorgeschrieben. 4. Falls tatsächlich eine Abweichung vom Untersuchungsgebot in § 56 Abs. 1 lit. b GeflPestSchV gebilligt oder befürwortet wurde: Wurde diese Abweichung mit Vertretern des Bundes und/oder auch Vertretern anderer Bundesländer abgestimmt? Wenn ja, wann und mit wem? Entfällt. 5. Gibt es weitere Abweichungen im Vollzug der Geflügelpest-Verordnung durch Veterinärbehörden unseres Landes, die der Landesregierung bekannt sind und von dort gebilligt und/oder befürwortet werden? Wenn ja, auf welche Regelungen beziehen sich diese Abweichungen? Nein. 6. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass die Geflügelpest-Verordnung reformbedürftig ist? Wenn ja, inwiefern? Die Landesregierung hält eine Prüfung der Geflügelpestverordnung vor dem Hintergrund des aktuellen Tierseuchengeschehens für erforderlich. Dabei sollte in Zusammenarbeit mit den Ländern nach Lösungen für die Verringerung der durch die Geflügelpestverordnung ausgelösten negativen Wirkungen auf Freilandhaltung und private Geflügelhaltungen gesucht werden. 7. Sieht die Landesregierung vor dem Hintergrund des etwaigen Verzichts auf ausdrücklich vorgeschriebene behördliche Untersuchungen nach der Geflügelpest- Verordnung auch einen Vollzugsspielraum, soweit es um die Anordnung von Stallpflicht oder Tötungsanordnungen beim Verdacht auf Infektionen mit Aviäre Influenza geht? Bitte begründen. Es liegen keine Abweichungen von den Regelungen in der Geflügelpest-VO vor.